TNovum im Stadeum: Metal trifft „Die Drei ???“

Mit Schattenspielereien und projizierten Illustrationen tauchen die Zuschauer auch visuell in das Hörspiel ein. Foto: Buchmann
Das Stadeum zeigt mit L.B. Steel und der heilige Taucher ein Hybridprojekt, das Heavy Metal- und Hörspielfans ansprechen soll. Aber funktioniert das im Sitzen?
Stade. Es gab zwei Fragen, die sich alle Besucher am Freitagabend im Stadeum gestellt haben. Erstens: Wann dürfen wir eigentlich klatschen? Und zweitens: Ist ein Metalkonzert im Sitzen überhaupt erlaubt? Bei „L.B. STEEL und der heilige Taucher“ handelte es sich nämlich um eine Mischung aus Heavy Metal-Konzert und Live-Hörspiel - und das folgte seinen eigenen Regeln.
Die Helden des Abenteuers hören auf die ungewöhnlichen Namen L.B. Steel, Draggo und Schalletti, in ihrem Hörspiel-Universum auch als die Brigade Steelforce bekannt. Ein Ermittlertrio der etwas anderen Art, das sein Hauptquartier auf dem alten Schrottplatz von Shatter Graves zwischen Altmetall und einem klapprigen VW Jetta aufgeschlagen hat - und die Welt des Heavy Metal retten muss.
Die Metal Detectives leben für Vinylplatten und knifflige Rätsel
Die riesige Vinyl-Sammlung von Accept über Dio und Savatage bis Venom dient neben dem ausgiebigen Studium der metallischen Künste noch einem weiteren Zweck: Dem Lösen von kniffligen Rätseln. Und im ersten Live-Abenteuer der Brigade Steelforce geht es um die Rettung des größten (Un)Heiligtums der Musikszene: Das Schwert des Heavy Metal.

Eine Live-Band sorgt für die nötige Portion Heavy Metal. Foto: Buchmann
Mit pulpig-trashigem Charme führt Erzähler Reiner Schöne das Publikum in die Welt der selbsternannten Metal Detectives ein. Die Ähnlichkeit zu bekannten Hörspielreihen wie „Die drei ???“ oder „TKKG“ leugnen Musiker Nils Berger und Drehbuchautor Henning Heup nicht - im Gegenteil.
„Unser Projekt soll eine Hommage an die Hörspiele sein, mit denen wir aufgewachsen sind“, sagt Henning Heup dem TAGEBLATT. Anspielungen auf die kindheitlichen Vorbilder der Schöpfer finden sich zahlreich, vom Schrottplatz-Refugium bis zur Visitenkarte der Schwermetall-Detektei.
Die immer lacht
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Die „Schnapsidee“, wie Henning Heup den Entstehungsprozess für das Projekt augenzwinkernd beschreibt, folgt einer klaren Linie: Über die Boxen läuft das namhafte besetzte Hörspiel ab, während eine Live-Band die metallischen Untertöne zu einer abgemischten Videoinstallation mit Comic-Szenenbildern, Schatten- und Lichtspielereien beisteuert.
Die Geschichte läuft behäbig an. Nachdem die Lichter im Hanse-Saal erloschen sind, starren die Zuschauer von ihren Sitzen aus zunächst auf eine schwarze Leinwand auf der Suche nach einem visuellen Anhaltspunkt. Doch es bleibt dunkel. Reiner Schönes sonore Erzählstimme baut langsam eine Vorstellung von Shatter Graves und seinen skurrilen Bewohnern auf, während sich der Schrottplatz mit dem Hauptquartier der Detektive stückweise als Zeichnung auf der Leinwand abzeichnet.
Stadeum-Kuratoren beweisen den richtigen Riecher
Doch als die Band die ersten Riffs anschlägt und zwischen Lichterkegeln sowie Nebelgeysiren aus dem Schatten tritt, feiert der Heavy Metal lautstark Einzug im Stadeum. Eine selbstironische Anspielung jagt die nächste, sodass vom Gelegenheitshörer bis zum Dio-Diehard-Fan jeder seinen Schmunzelmoment findet.
Das Heavy Metal-Hörspiel stach bereits im Saisonkatalog zwischen klassisch-konservativen Theater- und Musicalnummern und Mainstream-Comedy heraus. Dass die Programmkuratoren mit dem frischen Projekt den richtigen Riecher bewiesen haben, bestätigt das begeisterte Publikum mit reichlich Zwischenapplaus - im Sitzen.

Am Merch-Stand können sich Fans mit T-Shirts, Patches und Schallplatten eindecken. Foto: Buchmann
Dass solch ein Hybridprojekt ein durchmischtes Publikum anzieht, spiegelt sich im Foyer wider. Marco und Nicki sind aus Buxtehude angereist, weil die Mischung sie reizte. „Die Show ist schon geil, auch vom Sound her“, sagt Marco, der sich im Testament-Shirt als Metalhead outet.
Die Hörspielreihe um L.B. Steel kannten sie nur probeweise von Youtube. „Das ist mal was Neues“, sind sich die beiden einig. Und für die beiden gehören Hörspiele schon seit Kindestagen dazu - und laufen selbst heute noch zum Einschlafen, wie Marco schmunzelnd verrät.
Metalheads und Hörspielfans kommen auf ihre Kosten
Es sei „ganz cool“, dass im Stadeum auch mal etwas für Metalheads angeboten werde, sagt Thorsten, der gemeinsam mit Lasse und Holger aus Himmelpforten nach Stade gefahren ist. Die Mischung aus Metal und Hörspiel funktioniere und erinnere ihn an Reihen wie John Sinclair oder TKKG. „Auch wenn Konzerte im Sitzen gar nicht gehen“, ergänzt Holger und lacht.

Thorsten, Lasse und Holger sind aus Himmelpforten angereist. Die LB Steel-Hörspielreihe kannten sie vorher nicht. Foto: Buchmann
Nicht in Bandshirt und Kutte ins Stadeum gekommen sind Peter und Doris aus Jork. Doch der Schein trügt. „Mein Mann mag Metal, ich mag Hörspiele“, sagt Doris und lacht. Die beiden hatten keine Vorstellung, was sie erwartet, sind jedoch positiv überrascht. „Die Illustrationen sind schön“, sagt Peter. Und ergänzt: „Es ist witzig, wie manche englischen Begriffe wie ‚Holy Diver’ ins Deutsche übernommen wurden.“