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Fußball-Heim-EM

TMit Pumps und Torwand: EM-Botschafter benannt

Waghalsig: Außenministerin Annalena Baerbock (frühere Leistungstrampolinturnerin) an der Torwand in Berlin.

Waghalsig: Außenministerin Annalena Baerbock (frühere Leistungstrampolinturnerin) an der Torwand in Berlin. Foto: Bernd von Jutrczenka/dpa

Das Trommeln wird lauter, noch einmal - trotz aller gegenwärtiger Sorgen - ein Sommermächen in Deutschland? Welche Botschaften entsendet werden sollen.

Von Holger Möhle Freitag, 02.02.2024, 09:00 Uhr

Berlin. Außenministerin Annalena Baerbock, einst Leistungssportlerin im Trampolin und Fußballerin, hat die Botschafterinnen und Botschafter für die Fußball-Europameisterschaft im Sommer in Deutschland ernannt. Von einem erhofften Titelgewinn könnte auch die kriselnde Ampelregierung in der öffentlichen Wahrnehmung profitieren.

Die Pumps bleiben an. „Meine Sportschuhe“, sagt sie selbstironisch. Dann drauf aufs Tor. Die Außenministerin hat an diesem Nachmittag quasi den Strafraum betreten - im eigenen Ministerium. Gefährliches Terrain, wenn man in der Defensive ist. Raum für Chancen in der Offensive. Vor ihr eine Torwand im Foyer des Auswärtigen Amtes. Sie startet eine Auftaktveranstaltung zur Fußball-Europameisterschaft in diesem Sommer im eigenen Land.

Prominente Fußballpersönlichkeiten als EM-Botschafter

Fußball und Diplomatie können sehr nah zusammenhängen, gerade in Zeiten zweier großer Kriege in der Ukraine und in Nahost. Baerbock wird nun die Botschafterinnen und Botschafter der EM offiziell ernennen und ins Land schicken: Steffi Jones, Gerald Asamoah, Arne Friedrich, Thomas Hitzlsperger, Jimmy Hartwig. Daraus soll Großes werden: Hoffnung, Frieden, vielleicht ein Titel.

Vielleicht schafft es die deutsche Mannschaft ins Finale. Hitzlsperger sagt, was ein optimistischer Fußball-Botschafter sagen sollte: „Wir wollen das Turnier gewinnen.“ Die Grünen-Politikerin dürfte nichts dagegen haben. Denn ein Titel im Fußball könnte die Stimmung im von Corona, Krieg und Krisen geplagten Volk heben. Im EM-Rausch fühlt es weniger Krise, lassen die vom ewigen Ampel-Zoff genervten Bürgerinnen und Bürger womöglich die Rote Karte für die Regierung stecken.

DFB-Chef zur EM-Stimmung: Nicht in den Keller reden

Gelb-Rot haben die Menschen, gemessen an Umfragewerten für SPD, Grüne und FDP, aktuell gezogen. Was da hilft? Gute Stimmung und ein Titel. Dieses Mal will Baerbock nicht erleben, dass Deutschland bereits in der Vorrunde ausscheidet – so wie bei der Frauen-Fußball-WM im vergangenen Jahr in Australien und Neuseeland. Das soll bei der Männer-EM im eigenen Land besser werden. Vielleicht wächst ein Sommermärchen daraus.

Turnierdirektor Philipp Lahm hätte nichts dagegen, ebenso wenig DFB-Präsident Bernd Neuendorf und Vizepräsidentin Célia Sasic, die mit Baerbock an diesem Nachmittag im Auswärtigen Amt den ersten Ball in Richtung Fußball-EM spielen.

UEFA: Fußball-EM in Deutschland kommerziell erfolgreichstes Turnier

Die EM wird nach Aussage von UEFA-Wettbewerbsdirektor Martin Kallen das kommerziell erfolgreichste EM-Turnier. „Unser Ziel ist, über 2,4 Milliarden Umsatz zu erzielen. Das erreichen wir“, sagte der Schweizer am Donnerstag. Die EM startet am 14. Juni. Der Fernsehmarkt sei bis auf zwei, drei kleinere asiatische Länder ausverkauft. „Wir sind in allen größeren Ländern“, sagte Kallen. „Im Sponsoring sind wir auch ausverkauft.“

Mit Deutschland als Organisator ist er sehr zufrieden. „Das wird eine tolle Europameisterschaft“, sagte der Schweizer und fragte. „Wenn wir das in Deutschland nicht gut organisieren, wo dann in Europa?“

Noch 134 Tage bis zum Anpfiff

Baerbock kommt zu einem zentralen Konflikt dieser Zeit: Nahost, Glaubenskrieg, Hamas-Terror, Israels Gegenwehr. Wie sollen Menschen in solchen Zeiten Fußball feiern? Die Ministerin fasst es so zusammen: „Weil Fußball zusammenbringt, egal, woran wir glauben oder nicht glauben.“

Lahm: „Wir wollen europäische Werte feiern. Solidarität und wieder Optimismus, damit nicht jeder nur negativ denkt. Unsere Werte müssen wir immer wieder neu verteidigen.“

Die Fußball-Europameisterschaft versteht Baerbock auch als Statement für ein geeintes Europa. Die EM sei „gemeinsames Friedensprojekt, gerade jetzt, da Europa nicht nur von außen, sondern auch von innen angegriffen wird“. Baerbock: „Wir feiern Euro-Fußball und auch unser Europa.“

Botschafterin Jones sagt: „Fußball integriert Menschen. Werte sind mein Kompass.“ Ex-Profi Hartwig beteuert: „Ich bin lange im Fußballgeschäft, danke, dass ich Botschafter für diese EM sein darf.“ Er wendet sich dann noch an die diplomatischen Botschafter der EM-Teilnehmerstaaten im Publikum: „Vielleicht können Sie nachher sagen: Boah, Deutschland ist ein geiles Land.“ Die Fußball-Botschafterinnen und Botschafter jedenfalls hoffen wie die deutsche Chefdiplomatin auf ein neues Sommermärchen. Dem Land würde es gut tun.

EM-Quartiere stehen fest: Von Norderstedt bis Garmisch

Die Quartiere der bislang qualifizierten 21 Mannschaften bei der EM stehen fest. Die UEFA veröffentlichte am Donnerstag die Standorte. Diese reichen von Norderstedt bei Hamburg bis Garmisch-Partenkirchen.

„Deutschland hat einen großen Vorteil. Es ist das größte Land und hat den größten Verband bezüglich Fußballern und Vereinen. Da gibt es mehr Trainingsplätze, mehr Traningscenter“, erläuterte Kallen.

„Wir haben mit den Städten, mit den Kommunen, mit den Clubs sehr gut zusammengearbeitet“, äußerte der Schweizer. An die Verbände seien gute Vorschläge gemacht worden. Seit zwei Jahren seien die Mannschaften unterwegs gewesen für ihr Quartier.

Die deutsche Nationalmannschaft bezieht ihr EM-Quartier bei Partner Adidas am 31. Mai in Herzogenaurach. (lit/dpa)

Die EM-Quartiere der 24 EM-Teilnehmer:

  • Deutschland: Herzogenaurach
  • Schottland: Garmisch-Partenkirchen
  • Ungarn: Weiler im Allgäu
  • Schweiz: Stuttgart
  • Spanien: Donaueschingen
  • Kroatien: Neuruppin
  • Italien: Iserlohn
  • Albanien: Kamen
  • Slowenien: Wuppertal
  • Dänemark: Freudenstadt
  • Serbien: Augsburg
  • England: Blankenhain
  • Niederlande: Wolfsburg
  • Österreich: Berlin
  • Frankreich: Paderborn
  • Belgien: Ludwigsburg
  • Slowakei: Mainz
  • Rumänien: Würzburg
  • Türkei: Barsinghausen
  • Portugal: Harsewinkel
  • Tschechien: Norderstedt

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