Zähl Pixel
Cuxhaven

TMobbing und Machtmissbrauch: Schwere Vorwürfe gegen Tierheim-Vorstand

Der Eingang zum Tierheim Cuxhaven.

Gegen den Vorstand des Vereins richten sich erhebliche Vorwürfe. Foto: Kramp

Dieses Mal geht es nicht ums Tierwohl, sondern um Menschenführung. Die Vorwürfe von mehreren Mitarbeitern wiegen schwer.

Von Wiebke Kramp Samstag, 07.09.2024, 17:25 Uhr

Cuxhaven. Die im Raum stehenden Vorwürfe sind erheblich. Die beiden Vorsitzenden des Vereins „Eine Pfote ein Versprechen“ als Tierheim-Betreiber in Cuxhaven sollen, sobald sie kritisiert oder Handlungen infrage gestellt werden, ein Klima der Angst verbreiten. Die Rede ist von Machtmissbrauch, Manipulation und Mobbing. Es sei kein Wunder, dass es in den zurückliegenden anderthalb Jahren bereits vier Tierheimleiter gab. Dazu kommen allerhand weitere Verfehlungen, die sich die Vereinsführung geleistet haben soll.

Langer Fragenkatalog an das Tierheim Cuxhaven

Und diese werfen jede Menge Fragen auf: Wurden Fundtauben kurzerhand zu Kaninchen deklariert, um sie dadurch besser abrechnen zu können? Wurde bei der Polizei Anzeige erstattet gegen eine ehemalige Ehrenamtlerin wegen Drogenabgabe, was eine Razzia zur Folge hatte? Lagerten Grillwürste in derselben Tiefkühltruhe wie Tierkadaver und -futter? Warum erhält eine Kassenwartin keinen Einblick in die Finanzen und keinen Überblick darüber, wie es um Spenden und Erbschaften bestellt ist?

Warum werden Kritiker umgehend aus dem Verein geworfen, auf Social Media geblockt und dürfen das Grundstück nicht mehr betreten? Nimmt der Verein zu viele Futterspenden an, obgleich dafür keine Verwendung besteht, sodass sie als Müll entsorgt oder an Freunde des Vereins verschenkt werden? Die Liste der mutmaßlichen Verfehlungen ist noch deutlich länger.

Vorstand des Cuxhavener Tierheim-Vereins um Aufklärung gebeten

Zur Aufklärung dieser Anschuldigungen könnte der Tierheim-Vorstand beitragen - will er aber nicht. Mehrfachen E-Mails mit dem Wunsch nach einem Gesprächstermin wurde eine Absage erteilt. Die schlussendliche Begründung lautete: „Da Sie uns keine Quellen nennen und hier auch einige Vorwürfe genannt werden, gegen die wir rechtlich vorgehen, können wir wegen laufender Verfahren keine Stellungnahme abgeben.“

Anmerkung der Redaktion zur Erläuterung: Journalisten schützen ihre Quellen und sichern auf Wunsch Vertraulichkeit zu. Dies auch im Fall der elf Personen, die sich zum Pressegespräch versammelt hatten. Allein hätte keiner von ihnen die Kraft gehabt, sich zu wehren und die Missstände aufzuzeigen. Erst nachdem sie gemerkt hätten, dass sie mit ihren Wahrnehmungen nicht allein sind, trauten sie sich zu dem gemeinsamen Termin.

Auslöser war ein Facebook-Post eines Ex-Azubis

All diese Personen sind der „Cuxhavener Zeitung“ bekannt, und sie stehen zu ihren Aussagen, aber ihren Namen möchten sie lieber nicht in den Medien lesen. Unter ihnen sind Ehrenamtler ebenso wie vorherige leitende Mitarbeiter oder Vorstandsmitglieder. Und sie versichern: „Die Kritik richtet sich nicht gegen die Mitarbeiter oder die Leitung, sondern ausschließlich gegen den Vorstand.“

Auslöser war ein Facebook-Post eines jungen Mannes, der als ehemaliger Azubi Kritik an der Arbeit des Tierheims und den Verantwortlichen geübt hatte. Schnell kam es auf verschiedenen Portalen zu einer vielfachen Kommentierung durch Social-Media-Nutzer. Und nachdem einer die Sache in die Hand genommen hatte, traf sich der Kreis der Kritiker in der realen Welt.

Die Leute, die einst eng mit dem Tierheim Cuxhaven verbunden gewesen waren, trugen ihre Beobachtungen zusammen. Und so zeigte sich aus etlichen Puzzlesteinen aus Einzelerfahrungen ein Muster, wie die Vereinsführung anscheinend gegen in Ungnade geratene Mitglieder und Mitarbeiter verfährt und versucht, Menschen gegeneinander auszuspielen und zu manipulieren.

Im Tierheim Cuxhaven sind Tiere verschiedener Arten untergebracht. Sie werden von den Tierpflegern versorgt.

Im Tierheim Cuxhaven sind Tiere verschiedener Arten untergebracht. Sie werden von den Tierpflegern versorgt. Foto: Kuczorra/Archiv

Ein probates Mittel scheint dabei zu sein, das anvertraute oder versprochene Tier wieder zu entziehen oder es wird mit dem Abbruch des Arbeits- oder Ausbildungsverhältnisses gedroht. Dieses letztere Druckmittel soll auch bei einem jungen Mann angewandt worden sein - mit der Folge, dass eine Cuxhavenerin Mitte Juli 2020 morgens von der Polizei überrascht wurde, die bei ihr eine Drogenrazzia vornahm. Sie wurde beschuldigt, sich wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln strafbar gemacht zu haben. Konkret soll sie Kokain verkauft und dem jungen Mann zum Eigenkonsum weitergegeben haben.

Wie aus dem der Redaktion vorliegenden Beschluss zur Haus- und Autodurchsuchung der Staatsanwaltschaft Stade hervorgeht, beruhte der Tatverdacht insbesondere auf den Angaben einer Zeugin, die davon Kenntnis durch Hörensagen erlangt haben will. Jedoch sei alles aus der Luft gegriffen, sagte die Betroffene, und sie zeigte ihrerseits das Vorstandsmitglied wegen falscher Verdächtigung an. Dies kam jedoch nicht zur Klärung, weil der betreffende junge Mann keine Aussage vor der Polizei tätigen wollte.

Cuxhavenerin hält Anzeige für einen Racheakt

Auf jeden Fall hält es die Cuxhavenerin für einen Racheakt und glaubt, dass der Tierheimmitarbeiter aus Angst geschwiegen habe. Sie selbst war lange ehrenamtlich „als Mädchen für alles“ im Tierheim aktiv, bis es zu Reibereien mit den beiden Vorsitzenden kam. Sie fühlte sich von ihnen gemobbt. Als der Zustand sich nicht änderte, beendete sie ihre ehrenamtliche Mitarbeit, gab den Schlüssel ab und hörte mit Einsatzfahrten auf. Eine Woche später erhielt sie die Kündigung der Mitgliedschaft und ein Betretungsverbot für das Grundstück.

Auch eine frühere Kassenwartin warf das Handtuch, nachdem sie vor allem mit den Vorsitzenden aneinandergeraten war. Sie sei verbal angegriffen und beleidigt worden, nachdem sie Ungereimtheiten hatte klären wollen und sich dafür eingesetzt habe, dass mindestens vier Vorstandsmitglieder - und nicht nur zwei - Kontoeinsicht erhalten. Als Folge sei sie aus dem Vorstand gedrängt, aus dem Verein geworfen worden und habe ebenfalls ein Betretungsverbot erhalten.

Tierheim Cuxhaven erhält Zuschüsse von der Stadt und Kommunen

Das Tierheim Cuxhaven erhält öffentliche Zuwendungen - auch von der Stadt Cuxhaven. Auf Nachfrage unseres Medienhauses teilt Pressesprecher Marcel Kolbenstetter mit: „Die Stadt Cuxhaven ist zur Unterbringung und Versorgung von Fundtieren gesetzlich verpflichtet.“ Sogenannte Fundtiere unterliegen dem Sachenrecht und für Fundtiere gelten die Bestimmungen über Fundsachen. Die Stadt habe die Aufgabe als Fundbehörde in Bezug auf Fundtiere mittels einer vertraglichen Regelung an den das Tierheim Cuxhaven betreibenden Verein ‚Eine Pfote, ein Versprechen e. V.‘ übertragen.

„Die Entgegennahme, Unterbringung und Versorgung von Fundtieren erfolgt daher ausschließlich über das Tierheim. Für die erbrachten Leistungen erhält der Verein nach monatlicher Abrechnung eine feststehende Vergütung zur Deckung der Fixkosten sowie eine Pauschale je Fundtier und Fahrt“, teilt der Pressesprecher mit.

Der Vertrag sei gemeinsam mit den Samtgemeinden Land Hadeln und Hemmoor sowie der Gemeinde Wurster Nordseeküste geschlossen worden, sodass sich die Fixkosten auf die jeweiligen Vertragsgemeinden verteilt. Marcel Kolbenstetter weiter: „Im Haushalt der Stadt Cuxhaven sind zurzeit 170.000 Euro veranschlagt. Die Kostenkalkulation wird jährlich überprüft.“

Weitere Artikel