TNS-Zeit: Zeitzeugen berichten von verbotenen Beziehungen

Katharina Sämann, eine der Betroffenen, wird zur Ausstellungseröffnung von ihrem Schicksal als Kind aus einer unerwünschten Beziehung berichten. Foto: Johanna Becker
Unerwünscht und trotzdem da: Mehr als 20 Kinder, die in der NS-Zeit das gleiche Schicksal teilten, beteiligen sich an einer Wanderausstellung. Was geplant ist.
Bremervörde. Während der Zeit des Nationalsozialismus waren freundschaftliche und intime Kontakte zwischen Deutschen und Kriegsgefangenen oder Zwangsarbeitern unerwünscht. Zum Teil waren sie streng verboten. Doch sie sind trotzdem da: Kinder, die aus solchen Beziehungen hervorgegangen sind. Ihre Geschichten wurden lange tabuisiert. Sie sind wissenschaftlich wenig erforscht und in der Erinnerungskultur kaum präsent. Die Sonderausstellung „trotzdem da!“ ist ihren Lebensgeschichten gewidmet.
In der Gedenkstätte Lager Sandbostel bei Bremervörde wurde die Wanderausstellung sorgfältig verpackt und auf eine dreijährige Reise geschickt. Die erste Station ist im Krankenhaus-Museum der Kulturambulanz in Bremen. Bei der Eröffnung am Sonntag, 23. März, um 15 Uhr wird Katharina Sämann, die Tochter von Anna Sämann und Wassilij Petrowitsch Koslow, über ihr Schicksal als Kind einer damals verbotenen Beziehung sprechen.
Erinnerungen mit Fotos und Dokumenten
Mehr als 20 Kinder aus Deutschland, Österreich und den Niederlanden, die das gleiche Schicksal teilen, konnten für das Projekt ausfindig gemacht und beteiligt werden. Für viele der Betroffenen waren die Treffen in der Gedenkstätte Lager Sandbostel die erste Begegnung mit Menschen, die alle eine ähnliche Biografie haben. Mit ihren Erinnerungen, Dokumenten und Fotos haben sie die entscheidende Grundlage zur Verwirklichung der Sonderausstellung gelegt.

Friedrich Buhlrich wurde 1946 als Sohn einer Deutschen und eines ehemaligen polnischen Zwangsarbeiters geboren. Foto: Johanna Becker
Im Rahmen der Ausstellung, die bis 2027 deutschlandweit zu sehen sein wird, gibt es an der ersten Station im Krankenhaus-Museum in Bremen bis zum 25. Mai ein Begleitprogramm mit mehreren Zeitzeugengesprächen: Am Sonntag, 30. März, und am Sonntag, 24. April, jeweils um 15 Uhr, wird Friedrich Buhlrich von seinem Schicksal erzählen. Er wurde 1946 als Sohn einer Deutschen und eines ehemaligen polnischen Zwangsarbeiters geboren. Seine Großeltern blieben auch nach dem Krieg überzeugte Nazis und ein Enkelkind mit einem polnischen Vater war für sie eine Schande. Seit einigen Jahren hat Buhlrich Kontakt zu seinen Halbbrüdern und besuchte mit ihnen auch das Grab seiner leiblichen Mutter in Bruchhausen-Vilsen.

Die Wanderaussstellung ist bis 25. Mai in Bremen zu sehen und gibt persönliche Einblicke in die NS-Vergangenheit. Foto: Johanna Becker
Am Donnerstag, 15. Mai, 18 Uhr, wird Gerd A. Meyer, Sohn einer Deutschen und eines sowjetischen Kriegsgefangenen im Gespräch mit einer Projektbeteiligten berichten und einen Film vorstellen, der im Rahmen von projektbezogenen Workshops entstanden ist.
Internationaler Museumstag
Zum Internationalen Museumstag am Sonntag, 18. Mai, ist der Eintritt im Krankenhaus-Museum kostenfrei. Ab 15 Uhr ist Friedrich Buhlrich zu Gast und beantwortet Fragen zu seiner Familiengeschichte.
Bei der langen Nacht der Bremer Museen am Sonnabend, 24. Mai, 18 bis 0.00 Uhr, öffnen verschiedene Museen und Ausstellungshäuser in Bremen ihre Türen bis Mitternacht. Das Eintrittsbändchen gilt an diesem Abend für alle teilnehmenden Museen. Das vollständige Programm wird auf www.kulturambulanz.de veröffentlicht. Der Eintritt kostet 14 Euro, bis 18 Jahre ist der Eintritt frei.
Ausstellungs-Veranstalter ist die Kulturambulanz in Bremen, Telefon: 0421/408-1757, info@kulturambulanz.de. Öffnungszeiten des Krankenhaus-Museums: Mittwoch bis Sonntag, 11 bis 18 Uhr, Eintritt: 4 Euro, ermäßigt 2 Euro.