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Geschäftsaufgabe

TNach 24 Jahren: Beliebte Buchhandlung in Buxtehude schließt für immer

Der Räumungsverkauf sorgt für Lücken in den Regalen: Inhaberin Bettina Zwirlein hat aber zum Beispiel noch mehrere Kinderbuchtitel in ihrer Buchhandlung Allerleibuch.

Der Räumungsverkauf sorgt für Lücken in den Regalen: Inhaberin Bettina Zwirlein hat aber zum Beispiel noch mehrere Kinderbuchtitel in ihrer Buchhandlung Allerleibuch. Foto: Thomas Sulzyc

In Buxtehude schließt eine Institution für immer ihre Türen: Dabei hatte sich Bettina Zwirlein lange um eine Nachfolge für ihre Buchhandlung bemüht - erfolglos. Dafür gab es mehrere Gründe.

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Von Thomas Sulzyc
Donnerstag, 22.02.2024, 19:20 Uhr

Buxtehude. Räumungsverkauf steht unübersehbar in großen Buchstaben auf dem Plakat im Schaufenster. Ein angestammtes Fachgeschäft in Buxtehude schließt. Nach annähernd 24 Jahren geht die Inhaberin von Allerleibuch am Torfweg, Bettina Zwirlein (63), in den Ruhestand. Ihre lange Suche nach einem Nachfolger blieb am Ende erfolglos.

Branchenintern sucht Zwirlein bereits seit Sommer 2022 nach einer Nachfolgerin beziehungsweise einem Nachfolger. In dieser Zeit hätten 35 Bewerberinnen und Bewerber ein grundsätzliches Interesse gezeigt, die Buchhandlung übernehmen zu wollen, sagt Bettina Zwirlein. Mit 15 ernsthaften Kandidatinnen und Kandidaten habe sie Gespräche geführt. „Kein einziger gelernter Buchhändler war dabei“, sagt Zwirlein. Sie selbst hat den Beruf gelernt. Quereinsteiger im inhabergeführten Buchhandel seien aber nicht selten. Deshalb hätte es trotzdem zu einer Nachfolgeregelung kommen können.

Einigen Nachfolge-Kandidaten schien die Rendite zu gering

Mit einigen Interessenten seien die Gespräche weit fortgeschritten gewesen. Die jeweiligen Steuerberater hätten ihnen bestätigt, dass die kleine, 42 Quadratmeter große Buchhandlung wirtschaftlich sei. „Reichtümer häuft man damit nicht an. Aber ein Single-Haushalt kann davon leben“, sagt die Buchhändlerin.

Zu einer Geschäftsübernahme kam es am Ende dennoch nicht. Teilweise, weil einigen Kandidaten die erwartete Rendite zu gering erschienen sei. Gescheitert seien ihrer Meinung nach Verhandlungen vor allem wegen Vorstellungen zu der persönlichen Work-Life-Balance. Der Begriff bezeichnet ein ausgewogenes Verhältnis von Job und Freizeit. Offenbar hatten Bewerber ein höheres Freizeitbedürfnis: „Ich kann das Wort Work-Life-Balance nicht mehr hören“, sagt jedenfalls Bettina Zwirlein. Kein Zweifel: Sie hätte ihrer Lebenswerk gerne weitergeführt gesehen.

Nach annähernd 24 Jahren schließt die Buchhandlung Allerleibuch am Torfweg.

Nach annähernd 24 Jahren schließt die Buchhandlung Allerleibuch am Torfweg. Foto: Thomas Sulzyc

Seit 55 Jahren Standort für Buchhandel

Eine Buchhandel-Institution in Buxtehudes Süden verschwindet damit. Im Juli 2000 hatte Bettina Zwirlein die damalige Buchhandlung am Torfweg mit 42 Quadratmeter Verkaufsfläche übernommen und ihrem eigenen Laden den Namen Allerleibuch gegeben. Inspiriert ist er von dem Märchen „Allerleirauh“ der Brüder Grimm. Der Buchhandlungsstandort am Torfweg ist noch älter: Seit 55 Jahren werde dort laut Bettina Zwirlein mit Lesestoff gehandelt.

Ungewöhnlich stark vertreten bleibt der stationäre Buchhandel dennoch in Buxtehude: Vier Buchhandlungen gibt es in der Altstadt: Schwarz auf Weiß, Altstadt-Buchhandlung, Literatur im Zimmer sowie Stackmann Buch und Papier. Mit Allerleibuch verschwindet die einzige Buchhandlung im südlichen Stadtgebiet - und damit verschwinden auch Sortimente wie Briefumschläge und Grußkarten.

Zahl der Buchhandlungen seit Jaren rückläufig

Nach Angaben der Online-Plattform Statista gibt es noch rund 3000 Buchhandlungen in Deutschland (Stand 2021). Ihre Zahl ist seit Jahren rückläufig. Laut dem Börsenverein des Deutschen Buchhandels ist der stationäre Buchhandel aber nach wie vor größter Vertriebsweg für Bücher. Das Geschäft vor Ort hatte 2022 einen Anteil von 41,9 Prozent am gesamten Branchenumsatz (2021: 39,1 Prozent).

Der Räumungsverkauf bei Allerleibuch hat begonnen und sorgt für Lücken in den Regalen. Die Leere füllt Bettina Zwirlein mit Büchern aus ihrem privaten Antiquariat auf - manche Entdeckung dürfte dabei sein. 20 Prozent Rabatt gibt sie auf sogenannte Lagerware, also Bücher, die sie nicht neu bestellt. Bücher, die bis zur Schließung nicht verkauft sind, nimmt der Lieferant zurück, so dass Zwirlein nicht auf der Ware sitzen bleibt. Als Erstes beim Räumungsverkauf gingen zwei gepolsterte Lounge-Sessel weg, die Kundinnen und Kunden vom Schmökern kennen. Auch das Inventar muss weg: Geschenkpapierrollen, Regale.

Abschied mit Schnittchen und Kuchen

„Die Wohlfühlatmosphäre, die geherrscht hat, ist verflogen“, sagt Bettina Zwirlein traurig. „Sollten die Regale auf die Deponie müssen, fahre ich nicht mit.“ Sie werde die Gespräche mit den Kunden vermissen. Manche bringen jetzt bereits Blumen zum Abschied. Letzter Öffnungstag ist Sonnabend, 16. März. Bis 12.30 Uhr verabschiedet sich die Inhaberin mit belegten Broten, Blechkuchen und Sekt.

Im Ruhestand will Bettina Zwirlein zusammen mit ihrem Ehemann Dirk als Tanzpaar an Breitensport-Turnieren teilnehmen. Die Gemeinsamkeit sei während der Selbstständigkeit zu kurz gekommen. Im kommenden Jahr planen sie eine gemeinsame Reise entlang der Fjordküste in Norwegen.

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