TStatt XXL-Aldi: SuperStore soll beim Deichbrand die Besucher versorgen
Deutschlands größte Aldi-Filiale sorgte 2023 beim Deichbrand-Festival für schnellen Biernachschub. Dann kam das Aus. Foto: Keck
Die XXL-Aldi-Filiale hatte im vergangenen Jahr auf dem Deichbrand die Massen angezogen. Dieses Jahr müssen die Festival-Betreiber auf den Discounter verzichten.
Ein eigenes Supermarktkonzept zu entwickeln, bedeutet eine Menge Arbeit. Wäre es nicht einfacher und profitabler gewesen, nach dem Aldi-Aus mit einem neuen Partner weiterzumachen?
Marc Engelke: Eine Partnerschaft ist natürlich auch für die Zukunft immer wieder eine Option. Aber Aldi hat 2017 zum Start ihrer Kooperation mit Deichbrand auch nur Wasser ausgegeben, bevor der Discounter 2018 den ersten Deichbrand-Festivalmarkt betrieben hat. Sie hatten also über ein Jahr Vorlauf für ihr Projekt.
Nach der Absage von Aldi im September/Oktober 2023 war die Zeit gar nicht da für andere Supermärkte, sich so aufzustellen, dass sie 2024 hätten loslegen können. Weil wir aber glauben, dass ein Festival-Supermarkt nachhaltig Sinn ergibt und für die Gäste enorm wichtig ist, schaffen wir uns das Know-how jetzt selbst drauf. Dass wir die Fußstapfen, die Aldi hinterlässt, nicht füllen können, ist klar, die Frage ist, wie klein unsere Füße sind.
Nach dem Aus von Aldi wurde spekuliert, dass die Festivallogistik des Discounters zu aufwendig war. Öffentlich hat sich Aldi zu den Ausstiegsgründen nicht geäußert. Kennen Sie die Gründe für den Aldi-Rückzug?
Der mehrjährige Vertrag mit Aldi ist im vergangenen Jahr ausgelaufen und von Aldi nicht verlängert worden. Über die konkreten Gründe können auch wir nur spekulieren.

Für Deichbrand-Geschäftsführer Marc Engelke ist die Premiere des SuperStore beim Festival in Wanhöden (18. bis 21. Juli) eine Herzensangelegenheit. Foto: Gallas
Worauf haben Sie bei der Planung des eigenen Marktes Wert gelegt?
Auf Effizienz. Wir werden unter anderem ein begehbares Kühlhaus haben, eine Backstraße, Flaschenrückgabe und zwölf Kassen. Wir haben die Festival-Top-Artikel im Sortiment und werden, was unserer Ansicht nach bei den Gästen von Aldi am besten angekommen ist, auch in diesem Jahr anbieten.Im SuperStore soll es gut 150 Produkte geben, bei Aldi waren es zuletzt mehr als doppelt so viele. Worauf müssen die Fans verzichten?
Wir wollen von den Artikeln, die wir auf einem Festival für notwendig erachten, mindestens ein Produkt vorrätig haben. Im Einzelhandel gibt es dazu verschiedene Preiskategorien. Wir haben uns in einzelnen Bereichen auf die Markenprodukte festgelegt, in anderen auf günstige Alternativen.
Wir bieten nicht überall beides an, um uns logistisch nicht zu übernehmen. Aber es wird nahezu alles geben, was man vom Aldi oder auch Lidl in den Festivalmärkten für den täglichen Bedarf kennt.Wo kaufen Sie das Sortiment ein?
Wir werden unsere Waren von verschiedenen Lieferanten beziehen, den Großteil von einem Zentrallager einer großen Supermarktkette.
Nun ist Deichbrand bislang kein Experte im Einzelhandelssektor. Haben Sie sich dafür personell verstärkt?
Wir haben das Team aufgestockt, teilweise in beratender Funktion, aber auch durch einen neuen Mitarbeiter, der aus der Branche kommt, viel Festivalerfahrung mitbringt und uns mit seinem Netzwerk unterstützt. Unser ständiger Festivaldienstleister HKES hat Aldi bei mehreren Festivals betreut und bringt daher auch Expertenwissen mit.Im neuen Festival-Markt soll ein halber Liter Bier 1,75 Euro, Grillkäse 2,99 Euro und Kartoffelsalat 3,99 Euro kosten. Beim Preisvergleich mit Aldi schneiden diese Preise schlechter ab. Wie werden die Preise kalkuliert?
Wir haben natürlich Einkaufspreise, an denen wir uns orientieren. Die liegen allerdings erheblich über den Preisen von Aldi aus dem vergangenen Jahr, so ist uns bereits hier die Chance genommen, ähnlichen Endpreise wie 2023 kalkulieren zu können. Dazu kommen logistische Herausforderungen.
Die Diskokühlzelle bei Aldi hat in der Vergangenheit für ein tolles Einkaufserlebnis gesorgt. Das ist natürlich sehr kostspielig. Wir wollen es aber beibehalten, weil es so gut angekommen ist. Das führt natürlich zu erheblichen Kosten und entsprechend ordnen wir die Kosten einzelnen Produkten – wie dem Bier – zu.
Bei Aldi hat sich die Kühlzelle im 30-Minuten-Takt in eine Partyzone mit Musik und Diskonebel verwandelt. Gibt es solche Elemente im SuperStore auch?
Es wird sicher die eine oder andere Aktion oder Musik im Markt geben, auch mit unseren Partnerinnen und Partnern. Aber wir werden nicht den Discomodus von Aldi in der Kühlzelle kopieren.
Wie viel Personal wird für den Festival-Supermarkt arbeiten?
Wir rechnen mit 250 Personen, aber dazu gehören neben den Verkäuferinnen und Verkäufern auch Logistiker oder Kühl- und Backtechniker.
Steht das Team?
Über fachkundige Unterstützung würden wir uns tatsächlich noch freuen (deichbrand.de). Wir haben aber schon einen guten Grundstock, der den Betrieb sicherstellt.
Wird sich der SuperStore am Ende auch rechnen?
Es ist nicht das Ziel, in diesem Jahr mit dem Projekt Geld zu verdienen. Unser oberstes Ziel ist es, Tickets zu verkaufen und ein gut gefülltes Deichbrand zu veranstalten. Wenn eine Campingplatzversorgung dazu beitragen kann, sind wir bereit, mit einer schwarzen Null durch dieses Projekt zu gehen.
Der Markt ist gleichzusetzen mit einem Headliner oder einer großen Band, die zum Gesamtkonzept und Festivalerlebnis beiträgt, aber nicht alleine kostendeckend oder profitabel ist.
Mit dem Wegfall von Aldi fehlt Deichbrand auch ein wichtiger Sponsor. Wie kompensieren Sie das, wenn Sie gleichzeitig in eine eigene Festivalsupermarktstruktur investieren und zusätzliche Mitarbeiter bezahlen müssen?
Sponsoring ist nach dem Ticketverkauf das zweitgrößte Einnahmefeld auf dem Festivalmarkt. Erst danach kommen Publikumsgastronomie und Merchandising. Sponsoren sind auch wichtig, um Ticketpreise im Zaum zu halten.
Wenn Partnerschaften nicht verlängert werden, ist es immer schwierig, diese Felder ohne Ticketerhöhung zu kompensieren. Einen Teil dieses Partnerschaftsverlustes können wir durch neue Partnerschaften kompensieren.
Wollen Sie das SuperStore-Konzept künftig auch auf anderen Festivals vermarkten?
Aktuell lässt sich noch nicht sagen, wo die Reise hingeht. Wir werden unser Konzept nach dem Festival sehr genau bewerten. Aber ich will das auch nicht ausschließen, denn meiner Ansicht nach handelt es sich um ein sehr nachhaltiges Thema für die Versorgung.
Warum war es keine Option, auf einen Festival-Supermarkt zu verzichten?
Ich denke, dass man als Festivalveranstalter mittlerweile ein solches Angebot schaffen muss, weil die Grundversorgung über die fünf Tage mittlerweile zu wichtig ist. Aber auch der Aspekt Verkehr spielt eine Rolle.
Wir wollen nicht, dass sich die Festivalbesucher in Massen auf den Weg machen, um in den Supermärkten der Region einzukaufen und damit über die Anreise und Abreise hinaus für erhebliche Verkehrsbehinderungen sorgen. Dazu kommt der Abfallaspekt.
Im Vergleich zum jährlichen Pro-Kopf-Haushaltsmüllaufkommen sind wir seit Jahren auf dem Deichbrand mit einem niedrigeren Pro-Kopf-Müllaufkommen unterwegs. Das liegt vermutlich daran, dass sich die Besucher vor Ort nach Bedarf versorgen und so weniger übrigbleibt und im Müll landet.
Was, wenn sich der SuperStore nicht rechnet? Zahlt der Besucher dann durch einen höheren Eintritt drauf?
Ich kann nicht ausschließen, dass das Angebot querfinanziert werden muss und wir letztlich die Ticketpreise deshalb erhöhen. Oder wir finden wieder einen Partner, der das Konzept mit uns zusammen umsetzt.
Dass die Ticketpreise bereits für 2024 gestiegen sind, liegt aber nicht am neuen Supermarkt-Projekt, oder?
Nein. Die aktuelle Erhöhung geht unter anderem auf Investitionen im Bühnenbereich zurück, die aber auch das Festivalerlebnis erheblich steigern werden. Aber auch auf gestiegene Personalkosten, grundsätzlichen Produktionskosten in allen Bereichen und natürlich massiv gestiegene Gagen der Künstlerinnen und Künstler.
Hinweis der Redaktion: Das Interview erscheint in Kooperation mit der Nordsee-Zeitung.