TNach schwerem Autounfall: Langjähriger Stader baut sich neues Leben auf

Rollo, der engagierte Rollstuhlfahrer, hat sich eine eigene Konstruktion gebaut, um mit dem Rasenmäher die kleine Grünanlage hinter dem Ritzebütteler Marktplatz zu pflegen. Foto: May
Unter seinem echten Namen kennt ihn kaum jemand. Unter „Rollo“ weiß im Viertel aber fast jeder, von wem die Rede ist. Seit einem Schicksalsschlag sitzt der 45-Jährige im Rollstuhl - bleibt aber erfinderisch.
Cuxhaven. Wenn in der kleinen Grünanlage hinter dem Ritzebütteler Marktplatz in Cuxhaven am Abend der Rasenmäher zu hören ist, dann kann dahinter nur einer stecken: Andree Klöpfer. Denn der 45-Jährige, den dort alle nur unter dem Namen Rollo kennen, kümmert sich hingebungsvoll um das kleine Fleckchen Grün samt Teich. Er wohnt nur wenige Meter von der Grünanlage entfernt, geht hier regelmäßig mit seiner Hündin spazieren. Wobei spazieren gehen vielleicht das falsche Wort ist. Denn Rollo sitzt seit einem Autounfall im Rollstuhl.
Den Weg frei mähen, Bäume beschneiden, Fische in den Teich (der offiziell ein Niederschlag-Ausgleichsbecken ist) setzen, die Bank reparieren oder Müll aus dem Teich fischen. All das sind Arbeiten, die Rollo freiwillig und gerne macht.
„Es kümmert sich ja sonst keiner darum. Immer wieder haben Leute gesagt, hier müsste mal was gemacht werden“, erinnert sich Rollo an die Zeit, bevor er die Sache selbst in die Hand genommen hat. Denn Rollo redet nicht nur darüber, was gemacht werden muss, er tut es einfach. So war es schon immer - und das wurde ihm einmal auch zum Verhängnis.

Seine Gartengeräte nimmt Rollo auf seinem speziell angepassten Anhänger mit. Foto: May
Nach einem Autounfall war Rollo querschnittsgelähmt
Geboren wurde Rollo in Cuxhaven, zog in jungen Jahren mit seinen Eltern nach Stade. Dort besuchte er die Schule, absolvierte eine Ausbildung in der Kfz-Branche, baute anschließend eine eigene Werkstatt auf und arbeitete als Monteur im Heizkraftwerk. Sein Leben bestand als Mitte 20-Jähriger aus Arbeit. Er fand immer weniger Schlaf, war überarbeitet und ständig übermüdet. Dass das auf Dauer nicht gutgehen konnte, musste er 2006 auf schlimme Weise erfahren.
„Ich habe zehn Tage lang nur drei bis vier Stunden geschlafen, wollte noch schnell was zu essen holen und bin völlig übermüdet ins Auto gestiegen.“ Ein großer Fehler. Auf einer Landstraße fallen ihm während der Fahrt die Augen zu. Er prallt gegen einen Baum und wird erst 17 Tage später im Krankenhaus wach. „Da habe ich erfahren, dass ich querschnittsgelähmt bin“, so der 45-Jährige.
Seine Quads hat er selbst auf Handgas umgebaut
Ein heftiger Einschnitt in das Leben des noch jungen Cuxhaveners. Seinen Traum vom Hausbau, wegen dem er zuvor so viel arbeitete, platzte. Nun standen vier Monate Intensivstation und Reha an. Anschließend zog er zu seinem Vater. Seine Wohnung musste er aufgeben, weil sie nicht barrierefrei war. Trotzdem ließ er sich von seinem „neuen“ Leben nicht einschränken.
„Ich habe da schon alles allein gemacht, ohne Pflegedienst.“ Auch seine Leidenschaft für motorisierte Dinge gab er nicht auf. „Meine Quads habe ich selbst auf Handgas umgebaut.“
Angespannter Wohnungsmarkt: Von Stade nach Cuxhaven
Weil der barrierefreie Wohnungsmarkt im Kreis Stade nicht gerade üppig war, zog Rollo 2016 wieder zurück nach Cuxhaven. „Ich kannte niemanden mehr hier.“ Doch wegen seiner hilfsbereiten Art und seines handwerklichen Geschicks kommt er schnell mit den Nachbarn der umliegenden Parteienhäuser in Kontakt. Er repariert Fahrräder, wechselt Fensterheber am Auto oder montiert Haken im Schuppen. Und seit zwei Jahren kümmert er sich eben auch um die Grünanlage gegenüber seiner Wohnung. Damit Rollo um den Teich herum das Gras mähen kann, hat er sich eine eigene Konstruktion gebaut und mit einer Stange den Rasenmäher mit seinem Rollstuhl verbunden. Weitere Geräte zur Pflege der Anlage nimmt er auf einem kleinen Anhänger mit. „Ich will nicht zu viel machen. Es soll hier begehbare Natur bleiben.“

Rollo bei der Arbeit: Mit seinem am Rollstuhl befestigten Rasenmäher umrundet er die Grünanlage. Foto: May
In diesem Jahr hat er Schilf, Teichblüher und Minze gepflanzt. Im kommenden Jahr möchte er eine Wildblumenwiese ansäen und Solarlampen anbringen. All das finanziert er aus eigener Tasche. „Ich will kein Geld dafür und mache das freiwillig. Ich lebe nach den Sieger- und Verlierer-Weisheiten. Der Sieger vergleicht seine Leistungen mit seinen Zielen. Der Verlierer vergleicht seine Leistungen mit denen anderer Leute.“ Sein Ziel ist es, die kleine Grünanlage so zu gestalten, dass sich alle dort wohlfühlen und die Natur auch Natur bleibt.