Zähl Pixel
Reittiere

TNachfolger mit Herz gesucht: Gnadenhof „Pferdeoase“ steht vor dem Aus

Wenn Bernhard Kutz bei den Ställen auftaucht, begrüßen seine „Schätzchen“ ihn mit einem sanften Schnauben. Foto: Krabbenhoeft

Wenn Bernhard Kutz bei den Ställen auftaucht, begrüßen seine „Schätzchen“ ihn mit einem sanften Schnauben. Foto: Krabbenhoeft Foto: Krabbenhoeft

Eine Herde alter Pferde und seltene Esel finden auf Bernhard Kutz‘ Gnadenhof ein Zuhause. Der ehemalige Jockey steht vor der Herausforderung, einen Nachfolger zu finden, der die Tiere weiterhin versorgt.

Von Sabrina Krabbenhoeft Sonntag, 20.04.2025, 08:00 Uhr

Ovelgönne. Der Gnadenhof „Pferdeoase“ liegt im Nirgendwo zwischen Weiden in der Gemeinde Ovelgönne. Aber erst vor wenigen Tagen war ein Team von RTL vor Ort. Sie kamen, um mit dem Betreiber des Hofes zu sprechen. Bernhard Kutz ist 84 Jahre alt und kümmert sich derzeit um 26 Großpferde, drei Shetland Ponys und 15 Esel.

Er sucht dringend einen Nachfolger, der die Stiftung und damit die Pflege der Tiere übernimmt. „Die meisten Leute, die sich melden, fragen: `Und wer ist sonst noch da? `“, sagt Bernhard Kutz. Die Antwort: Niemand. Ab und an hilft ihm ein 70-jähriger Landwirt aus Spaß an der Freude. Der drahtige Herr mit den schlohweißen Haaren schiebt seine Karre mit Hafer weiter über den Hof. Ein paar Pferdeköpfe gucken über die Stalltüren, ihm hinterher.

Zum Wohnhaus gehören mehrere Ställe und 62 Hektar Land.

Zum Wohnhaus gehören mehrere Ställe und 62 Hektar Land. Foto: Krabbenhoeft

Von der Rennbahn zum Gnadenhof

Die Geschichte von Bernhard Kutz und den Pferden beginnt 1956. Der gebürtige Berliner macht eine Ausbildung zum Jockey. Er zeigt ein ungewöhnliches Talent und gewinnt schon im ersten Jahr große Rennen. „Das Pferd flog nur so über die Bahn. Ich habe versucht, möglichst wenig auf seinem Rücken zu stören“, erinnert er sich.

Mit 29 Jahren und 214 Siegen in der Tasche, gibt er den Sport auf. Er zieht nach München und lernt dort seine inzwischen verstorbene Frau Ingrid Lindenberger kennen. Beide lieben Pferde. Auf ihrem Hof in Bayern nehmen sie zuerst einige der Tiere auf, die bei der Verladung für Schlachttransporte übrig bleiben.

„Meine Frau sagte, wir müssen da was machen. Sie hatte einen volkswirtschaftlichen Hintergrund, ich die Erfahrung durch meinen Beruf. Das passte“, sagt Bernhard Kutz. 1985 kauft das Paar einen Resthof in Ovelgönne. Auf 16 Hektar leben in der Hochzeit 76 Pferde, 24 Ponys und drei Esel. Später kommen 62 Hektar Weideland für die eigene Heuernte hinzu. Seit 2023 ist die Pferdeoase eine Stiftung. Rund 550 Pferden und Esel konnten hier über die Jahre alt werden.

Von den Rieseneseln der Rasse Poitou gibt es weltweit nur noch knapp 500 Tiere.

Von den Rieseneseln der Rasse Poitou gibt es weltweit nur noch knapp 500 Tiere. Foto: Krabbenhoeft

Auf dem Hof lebt eine vom Aussterben bedrohte Eselrasse

„Wir haben Tiere aufgenommen, die alt oder dienstuntauglich sind. Von denen kann man nicht viel erwarten. Darum geht es hier auch nicht. Wer den Hof übernimmt, soll die Tiere versorgen und ihnen ein schönes Leben ermöglichen“, betont er.

Bernhard Kutz öffnet eine der schweren Stalltüren. Eine Herde Esel trappelt auf die Koppel. Darunter vier Modelle, denen das Fell wie Dreadlocks herabhängt. Diese Esel gehören zur französischen Rasse „Poitou“, einer vom Aussterben bedrohten Art – weltweit gibt es nur noch knapp 500 Tiere. Sie bekommen ein paar Leckerlis, dann geht es zu den Pferden.

Mokka ist ein ehemaliges Zugpferd. Dadurch sind die Sehnen an den Fesselgelenken ausgeleiert. Foto: Krabbenhoeft

Mokka ist ein ehemaliges Zugpferd. Dadurch sind die Sehnen an den Fesselgelenken ausgeleiert. Foto: Krabbenhoeft Foto: Krabbenhoeft

Der Wallach „Mokka“ tritt aus seiner Box. Auffällig ist bei dem Braunen, dass seine hinteren Fesselgelenke fast den Boden berühren. Die Arbeit als Holzrückepferd im Hunsrück hat seine Sehnen ausgeleiert. Nachdem er jahrelang Stämme aus dem Wald gezogen hatte, sollte er zum Schlachter. So ist es oft, weiß Bernhard Kutz: „Wer zahlt die Boxenmiete für ein Tier, das nicht mehr nützlich ist? Pferde werden durchschnittlich 25 bis 30 Jahre alt. Ich verstehe nicht, warum sich viele Leute nicht vor dem Kauf klarmachen, wie lange das Tier sie begleiten wird. Und was mit ihm passieren soll, wenn es nicht mehr arbeiten oder geritten werden kann.“

Verantwortung bis zuletzt

Erst heute gab es wieder zwei Anfragen, ob er ein Pferd aufnehmen könne. Die Situation auf dem Gnadenhof lässt das nicht zu. Die Zukunft ist ungewiss. Dabei müsste sich der neue Betreiber gar keine Sorge um die finanzielle Seite machen. Die Stiftung ist gut aufgestellt und übernimmt die Lohnkosten. Ein saniertes Haus steht auf dem Nachbargrundstück zur Verfügung. Dort kann eine Familie einziehen. Die gesuchte Person muss vor allem landwirtschaftliche Kenntnisse haben und die Maschinen bedienen können. Die Versorgung der Tiere stellt die kleinere Aufgabe dar.

Esel Gerard genießt den Auslauf und nutzt den Moment sich zu wälzen.

Esel Gerard genießt den Auslauf und nutzt den Moment sich zu wälzen. Foto: Krabbenhoeft

Ein typischer Tag beginnt zwischen 7 und 8 Uhr. Die Pferde bekommen ihr Futter, danach werden sie auf den Platz oder in die Bewegungshalle gelassen. „Man muss sich bewusst machen, das ist ein Altersheim. Da muss man vor allem mitkriegen, was untereinander los ist! Manche Pferde haben nach einem halben Jahr ihren Box-Nachbarn dicke. Dann müssen sie sie umstellen, damit wieder Ruhe einkehrt“, sagt Bernhard Kutz.

Etwa alle vier bis sechs Wochen werden die Ställe mit der Maschine ausgemistet. Abends wird nochmal gefüttert und geguckt, ob es allen gut geht. Im Mai beginnt die Weidesaison. Da dreht sich die Arbeit unter anderen um das Freischneiden der Gräben, das Heu einzubringen und diverse Reparaturen.

Bis zum Ende ihres Lebens sollen die Tiere auf dem Hof tun und lassen zu können, was sie wollen. Wer sich vorstellen kann, diese Aufgabe mit Herz zu übernehmen, erreicht Bernhard Kutz für alle weiteren Fragen unter: 04480 - 9195 262 oder 0174 - 668 9261 (auch nach 21 Uhr), www.gnadenhof-pferdeoase.de/.

Mehrmals am Tag geht Bernhard Kutz bei den Tieren vorbei und schaut nach dem Rechten. Foto: Krabbenhoeft

Mehrmals am Tag geht Bernhard Kutz bei den Tieren vorbei und schaut nach dem Rechten. Foto: Krabbenhoeft Foto: Krabbenhoeft

Einmal in die Runde füttern, bitte. Foto: Krabbenhoeft

Einmal in die Runde füttern, bitte. Foto: Krabbenhoeft Foto: Krabbenhoeft

Weitere Themen

Weitere Artikel