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TNächste Havarie an Suedlink-Bohrstelle – Angler in Sorge

Der Eintritt von Bentonit führt zu einer Färbung und Trübung des Wassers im Graben bei Hatzte. Das Tonmineral gilt nicht als wassergefährdend.

Der Eintritt von Bentonit führt zu einer Färbung und Trübung des Wassers im Graben bei Hatzte. Das Tonmineral gilt nicht als wassergefährdend. Foto: Gerken

Ein Jäger schlug Alarm, nachdem er die Einleitung einer gräulichen Flüssigkeit in einen Graben entdeckt hatte. Angler kritisieren Tennet.

Von Thorsten Kratzmann Montag, 16.09.2024, 11:07 Uhr

Hatzte. Noch liegt kein Meter des Unterschenkel dicken Kabels in der Erde, durch das in wenigen Jahren Windstrom aus dem Norden nach Bayern und Baden-Württemberg fließen soll, und doch hat Tennet als Bauherr der Stromautobahn Ärger am Hals.

Mitte August war es bei Bohrungen für den Kabeltunnel unter der Oste bei Osterheeslingen zum Austritt von bis zu 300 Kilogramm des Spül- und Schmiermittels Bentonit in die Oste gekommen. Anglern war aufgefallen, dass das Wasser des Flusses abwärts Richtung Brauel eine gräuliche Farbe angenommen hatte. Sie alarmierten die Wasserbehörde. Ein Mitarbeiter des Kreises rückte aus, zog Wasserproben und stellte eine Sedimentablagerung im Flussbett fest.

Tests der Wasserproben ergaben keine Hinweise darauf, dass wassergefährdende Stoffe in die Oste gelangt sind. Gleichwohl verhängte der Kreis einen Baustopp an der Suedlink-Bohrstelle. Die Polizei leitete ein Verfahren wegen Gewässerverunreinigung ein.

Baustopp an der Oste: Tennet plant neue Bohrung

Bentonit ergibt mit Wasser gemischt einen Tonschlamm. Der wird bei Horizontalbohrungen unter Druck in das Bohrloch gepumpt und dient dazu, den Bohrkopf zu schmieren und Bohrmaterial auszuspülen. Zum Austritt von Bentonit kann es laut Tennet kommen, wenn der Bohrkopf auf Hindernisse oder lockere Bodenstrukturen trifft. Dann bahnt sich das Gemisch einen eigenen Weg. Kommt es zum Austritt der Flüssigkeit, so spricht man von Ausblasen.

Das Bohrloch unter der Oste wurde mit einem Rohr abgedichtet, sodass kein Bentonit mehr austreten konnte. Seither ruhen die Arbeiten dort. Der Baustopp an der Oste war bis Ende der Woche nicht aufgehoben. Tennet erarbeitet neue Bohrverläufe. Erklärt sich der Landkreis damit einverstanden, hebt er den Baustopp auf.

Angler fürchten um Fische in der Oste

Obgleich Bentonit als ein nicht wassergefährdender Stoff eingestuft ist und die Untersuchung der Oste-Wasserproben laut Auskunft der Kreisverwaltung keinen Anlass zur Sorge gibt, fürchten Angler um Jungfische und Fischbrut in der Oste. Ursache der Befürchtungen sind die Bentonit-Ablagerungen auf Fischkörpern und Laichgrund.

Der Vorfall an der Oste ist nicht ausgestanden, da kommt es dieser Tage zu einer weiteren Havarie. In der Nacht zu Mittwoch schlägt ein Jäger Alarm, nachdem er die Einleitung einer gräulichen Flüssigkeit in einen Graben südlich der Kreisstraße Hatzte-Hamersen entdeckt hatte. Auch dort hat Tennet einen Tunnel bohren lassen.

Ralf Gerken, wissenschaftlicher Mitarbeiter des Landes-Anglerverbandes, und Mitglieder des Sittenser Anglervereins gingen der Meldung noch in der Nacht nach und fanden gegen 23.15 Uhr die Stelle, an der nach wie vor Bentonit in den Graben sickerte.

Der Sedimenteintrag trübte das Wasser vollständig. Die Angler verfolgten dessen Spur den Graben entlang, der südlich der Autobahn in den Siebeck mündet. Das Wasser fließt aus dem Siebeck in den Alpershauser Mühlenbach, der in die Oste mündet.

Gerken weist darauf hin, dass der Mühlenbach „den letzten autochthonen Meerforellenbestand des Ostegebiets beherbergt und als Laichbach eine herausragende Bedeutung für den Erhalt dieser stark gefährdeten Art hat.“ Feinsedimenteinträge könnten anhaltende Schädigungen des Ökosystems verursachen, fürchtet er.

Angler zweifeln an Tennets Verantwortung für den Gewässerschutz

Im Angesicht der zweiten Bentonit-Havarie bezweifelt Gerken, dass Tennet seiner Verantwortung für den Gewässerschutz und die ökologische Baubegleitung nach den "genehmigungsrechtlichen Anforderungen“ gerecht wird.

Sowohl Tennet als auch der Landkreis bestätigten den Bentonit-Austritt im Zuge des Untertunnelns der Kreisstraße. Das Gemisch sei auf eine landwirtschaftliche Fläche gelangt. Der Ausbläser sei entdeckt und das Bohrloch sei abgedichtet worden. Im Laufe des Abends sei dann vermutlich ein Rest des Gemischs vom Regen in den Graben geschwemmt worden, heißt es in einer Stellungnahme des Kreises.

So reagiert Tennet

Die Untersuchung von Wasserproben sei unauffällig. Die Wasserbehörde geht von einer „rein physikalischen Gewässerverunreinigung“ aus. Gleichwohl ist ein gewässerökologisches Gutachten in Arbeit, um eine Schädigung von Tier- und Pflanzenwelt auszuschließen.

Davon geht Tennet-Pressesprecher Dirk Schulte aus, denn Bentonit werde schließlich auch „bei der Trinkwassergewinnung und in Trinkwasserschutzgebieten eingesetzt“. Schulte verweist darauf, dass Ausbläser bei Horizontalbohrungen „nichts Ungewöhnliches“ sind und sich nicht vermeiden ließen. Und doch sei es Anspruch, sorgfältig zu arbeiten, „um mögliche Austritte sofort zu erkennen und die Menge trotz ihrer ökologischen Unbedenklichkeit zu minimieren“.

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