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TNasser Herbst: Brester Landwirt erntet Kartoffeln ein halbes Jahr zu spät

Trotz Keimen: Johann Höft ist guter Dinge, dass ein großer Teil der Kartoffeln noch weiterverarbeitet werden kann.

Trotz Keimen: Johann Höft ist guter Dinge, dass ein großer Teil der Kartoffeln noch weiterverarbeitet werden kann. Foto: Ahrens

Im letzten Herbst war es zu nass: Landwirt Johann Höft konnte nicht alle Kartoffeln einfahren. Das holt er jetzt nach - aber sind die Kartoffeln jetzt noch genießbar? Und was gilt im eigenen Haushalt: Wie lange sind die Knollen gut für den Verzehr?

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Von Sophia Ahrens
Freitag, 22.03.2024, 20:59 Uhr

Brest. Der Kartoffelroder tuckert langsam über den Acker. Auf den Feldern von Landwirt Johann Höft scheint das zunächst nicht ungewöhnlich - schließlich baut der Brester 100 Hektar Kartoffeln an. Doch ein Blick in den Kalender macht stutzig: Es ist März. Eigentlich werden die frühesten Kartoffeln des Jahres im Juli geerntet. „Ich habe es noch nie erlebt, dass wir im Frühjahr auf dem Roder standen“, sagt Höft.

Schuld am außerplanmäßigen Arbeitseinsatz war das nasse Wetter. Im Herbst konnte Johann Höft nicht alle seine Kartoffeln aus der Erde holen. Die Felder waren aufgeweicht und mit dem schweren Gerät unbefahrbar. 4,5 Hektar Kartoffeln mussten im Boden überwintern - und erblicken jetzt erstmals das Tageslicht. Aber sind die Kartoffeln, die ein halbes Jahr zu lange im Boden verweilten, jetzt noch genießbar? Für Johann Höft war diese Ernte eine „Wundertüte“.

Gekeimte Kartoffeln werden trotzdem noch zu Stärke

Der Landwirt wühlt mit einer Hacke ein paar Kartoffeln hervor. Die Knollen, die besonders dicht an der Oberfläche lagen, zerfallen beinahe wie Mehl in der Hand. Sie sind faulig. Hier hat der Frost aus dem Januar besonders zugeschlagen, erklärt Höft. Die meisten anderen Kartoffeln fallen allerdings auch auf: Sie tragen bereits einen oder mehrere Keime an ihrer Schale.

Die Kartoffeln, die dicht unter der Oberfläche waren, sind durch den Frost verfault.

Die Kartoffeln, die dicht unter der Oberfläche waren, sind durch den Frost verfault. Foto: Ahrens

Johann Höft bereiten die Auswüchse keine Sorgen. Die Kartoffeln, die er jetzt noch rodet, sind allesamt Stärkekartoffeln. Das bedeutet, sie werden nicht für den Direktverzehr verpackt, sondern waren für die Produktion von Stärkemehl geplant. „Aber ein Keim kostet Energie“, so Höft. Die verbrauchte Energie schlägt auf den Stärkegehalt.

Johann Höft ist froh, dass er die Kartoffeln überhaupt noch verwerten kann.

Er rechnet damit, dass ein Drittel der Ernte dieses Ackers unbrauchbar ist. Er hofft, zwei Drittel noch verkaufen zu können. Im Verkauf offenbart sich ein weiteres Problem: Eigentlich hätte er die Kartoffeln an ein Stärkewerk in Wietzendorf in der Lüneburger Heide geliefert. Aber die Fabrik hat jetzt geschlossen - seit etwa vier Wochen. Denn die Saison des Werks geht von August von Januar, eben während der gewöhnlichen Kartoffelernte. Johann Höft muss sich nun einen anderen Abnehmer suchen, möglicherweise für Kartoffelflocken.

Ernte von späten Kartoffeln besonders aufwendig

Hinter dem Landwirt fährt der rote Kartoffelroder besonders langsam über das Feld. Er kriecht förmlich. Statt drei Leuten, wie in der Hauptsaison, stehen auf dem Roder von Familie Höft heute fünf Leute. Durch den hohen Anteil von schlechten Kartoffeln ist die Sortierarbeit besonders aufwendig, es braucht mehr Hände und weniger Geschwindigkeit. Die restlichen Kartoffeln einfach in der Erde zu lassen, war für Familie Höft aber keine Option.

Auf dem Feld soll in diesem Jahr Mais wachsen. „Der würde sonst gar nicht durchkommen, so viele Kartoffeln wie hier auf einem Quadratmeter sitzen“, erklärt Höft mit Blick auf die zahlreichen Knollen, die er schon mit einem Schlag seiner Hacke hervorgetan hat. Der Kartoffelroder des Betriebs war deshalb noch nicht zeitaufwendig gewaschen, wie es sonst im Winter üblich ist. Geduldig wartete er in der Scheune auf seinen ungewöhnlichen letzten Einsatz.

Grüne Farbe und keimende Knollen: Wie lange sind Kartoffeln noch essbar?

Auch in der eigenen Küche kann es hin und wieder mal passieren, dass eingekaufte Kartoffeln vergessen werden. Wie lange ist das Gemüse noch genießbar?

Grüne Kartoffeln sollten nicht gegessen werden. Denn ihre Keime und die grünen Stellen enthalten ein natürliches Nervengift. Davor warnt die Landwirtschaftskammer Niedersachsen in Oldenburg. Stark grün gefärbte Kartoffeln sollte man wegwerfen.

Einzelne kleine grüne Stellen können großzügig entfernt und die Knollen dann gekocht werden. Das Nervengift Solanin steigt sogar noch an, wenn das Wurzelgemüse hell gelagert wird. Hobbyköche sollten die Knollen daher immer dunkel und möglichst kühl lagern.

Die Stärkekartoffeln von Johann Höft sind auch gekeimt noch verwertbar. Speisekartoffeln in der Küche sollten allerdings nur bei kurzen Keimen noch gegessen werden.

Die Stärkekartoffeln von Johann Höft sind auch gekeimt noch verwertbar. Speisekartoffeln in der Küche sollten allerdings nur bei kurzen Keimen noch gegessen werden. Foto: Ahrens

Wenn sie bei Temperaturen von mehr als zwölf Grad gelagert werden, treiben Kartoffelknollen oft vorzeitig aus. Wie die grünen Stellen, die durch Lichteinwirkung entstehen, enthalten auch die Keime Solanin und andere Bitterstoffe, die bereits in geringer Menge giftig sind, warnt die Zeitschrift „Mein schöner Garten“ in ihrer Online-Ausgabe.

Knollen mit Keimen, die länger als drei Zentimeter sind, sollten daher nicht mehr für Speisen verwendet werden. Weitere Anregungen gibt es etwa für schrumpelige Kartoffeln: Aus ihnen lässt sich noch wunderbar Püree machen.

Im Boden lassen war keine Option: Auf jedem Quadratmeter befinden sich viele Kartoffeln.

Im Boden lassen war keine Option: Auf jedem Quadratmeter befinden sich viele Kartoffeln. Foto: Ahrens

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