TNeue Chororgel in Buxtehude: Zwei Katastrophen machen sie zum großen Vermächtnis

Die gewichtigen Windladen sind das Herzstück des Instruments. Mit dem Einbau des Innenlebens ist das Chororgel-Projekt in Buxtehudes St.-Petri-Kirche nun auf der Zielgeraden. Foto: Sybille Groß
Lange war ihr Platz in der Buxtehuder Kirche verwaist. Jetzt ist die Chororgel zurück in St. Petri und die letzten Einbauarbeiten laufen. Dass das Projekt tatsächlich ein gutes Ende findet, war zwischenzeitlich nicht zu erwarten.
Buxtehude. Unter der Woche ertönt in Buxtehudes St.-Petri-Kirche gerade öfter mal ein Hämmern und Sägen. Allerlei Holzteile lagern auf dem Boden und das Seitenschiff gleicht einer Werkstatt. Im vergangenen Jahr hatte hier bereits das Gehäuse der neuen Chororgel seinen Platz am Rand zum Altarraum bezogen und die Prospektpfeifen wurden montiert. Nun bekommt das Instrument sein Innenleben eingebaut. Die Chororgel steht damit kurz vor ihrer lang ersehnten Fertigstellung und der Termin für die feierliche Einweihung am 14. April steht.
Bereits seit 2017 hält das Chororgel-Projekt die Beteiligten in Atem. Kreiskantorin Sybille Groß und der Vorsitzende vom Förderkreis Musica Viva, Dr. Karsten Ley, wagen manchmal gar nicht zu glauben, dass sich das Vorhaben jetzt tatsächlich auf der Zielgeraden befindet und die Chororgel musikalisch künftig viel mehr möglich machen wird. „Nach den unerwarteten Rückschlägen ist es wirklich ein Wunder“, sagt Ley.
Projekt ist komplett aus Spenden finanziert
Dabei fing alles so gut an: Für die Chororgel-Restaurierung und -Erweiterung wurde Rowan West gewonnen, der sich einst schon um die große Furtwängler Orgel von St. Petri kümmerte. Und die Idee fand großen Anklang bei Freunden der Kirchenmusik. Die Spendenbereitschaft war so hoch, dass eine noch umfangreichere Erweiterung geplant werden konnte. Über Pfeifenpatenschaften, Spendenaktionen, großzügige Schenkungen - unter anderem eines ganzen Registers - und die Übernahme von 50 Prozent der Kosten für die zusätzliche Erweiterung allein durch einen einzelnen Gönner wurde die ursprünglich veranschlagte Summe von 240.000 Euro ausschließlich privat finanziert.

Neben finanziellem Engagement braucht es auch tatkräftige Unterstützung: Hartmut Hoops vom Verein Musica Viva ist Handwerker im Ruhestand und kann den Orgelbau-Profis bei mancher Arbeit helfen. Foto: Weselmann
Im Juli 2021 reist die abgebaute Chororgel zu Rowan West ins Ahrtal. Eine Woche später ereignete sich die Katastrophe: Das Hochwasser zerstörte die Werkstatt mitsamt der alten Chororgel und hinterließ die Frage und Diskussion, ob und wie es überhaupt weitergeht. Ein Zusammenschluss mehrerer Orgelbaufirmen machte dann die Neuplanung für einen Wiederaufbau unter Regie von Rowan West möglich.
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Der Bruder rettet das Orgelbauwerk
Trotz zehrender chronischer Erkrankung steckt der aus Australien stammende Orgelbauer weiter all seine Energie, Kompetenz und Liebe zum Detail in dieses Projekt. Sybille Groß ist sicher: „Nach der Katastrophe war ihm für diese Orgel nur das allerbeste gut genug und er wusste, dass sie sein Vermächtnis wird.“ Im Juli 2023 starb Rowan West im Alter von 70 Jahren.
Zu diesem Zeitpunkt war der Orgelbau weit fortgeschritten, aber die Rechtslage der Firma ungeklärt. Die Beteiligten standen vor der nächsten Ungewissheit. Rowan Wests Bruder Greg sprang schließlich ein und hielt das Unternehmen nur für dieses Projekt am Laufen. „Er will das Orgelbauwerk als letztes Vermächtnis unbedingt retten und wird damit am Ende wohl der größte Spender sein. Denn wenn wir das heute so in Auftrag geben würden, kämen wir mit einer halben Million nicht aus“, erklärt Groß.

Die Orgelbauer Winfried Puschmann und Christoph Keinert führen den Chororgel-Neubau ganz im Sinne des verstorbenen Rowan West zu Ende. Foto: Weselmann
Die Orgelbauer Winfried Puschmann und Christoph Keinert führen das Projekt ganz im Sinne von West zu Ende. Die letzten Arbeiten vor Ort sind noch mal ein Kraftakt. Mit locker über 100 Kilogramm Gewicht lassen sich Orgelbalg oder Windladen nur mit Hilfe ins Gehäuse bewegen. Aber die Orgelbauer können dabei auf Hartmut Hoops von Musica Viva zählen. Der Buxtehuder Handwerker im Ruhestand bringt sich gerne ein und ist immer zur Stelle. „Ich habe noch nie so viel Aufwand für eine gestalterische Ausarbeitung betrieben“, erzählt Orgelbauer Keinert.
Seinen Kollegen begeistern insbesondere die Schleierbretter. Die greifen mit ihren an Wasser erinnernden Wellen und Wirbeln die Entstehungsgeschichte auf: „Das moderne und trotzdem zeitlose Schnitzwerk von Bildhauerin Christiane Sandler ist wirklich gelungen.“ Noch vor allen anderen ist er gespannt auf den Klang. Winfried Puschmann hat die Kunst der Intonation von Rowan West gelernt und wird der Orgel also ihre einzigartige Stimme und damit Seele geben. Beim Festakt am 14. April können dann alle den Klang der neuen Chororgel feiern.
Nähere Infos gibt es unter www.musicavivabuxtehude.de, darunter auch ein vom Stader Kreiskantor und Orgelsachverständigen Martin Böcker verfasster Nachruf auf Rowan West.