Zähl Pixel
„Essen für alle“

TNeue Lebensmittelretter aus Nordkehdingen

Reimer und Monika Tank, Meike Hülsenberg, Kerstin Rißmann und Eriola Meta (von links) sorgen mit ihrer Initiative dafür, dass Lebensmittel nicht entsorgt werden.

Reimer und Monika Tank, Meike Hülsenberg, Kerstin Rißmann und Eriola Meta (von links) sorgen mit ihrer Initiative dafür, dass Lebensmittel nicht entsorgt werden. Foto: Susanne Helfferich

Meike Hülsenberg und Kerstin Rißmann retten Lebensmittel und verteilen sie in Nordkehdingen. Was dahintersteckt und was die TAGEBLATT-Glücksschweine damit zu tun haben.

author
Von Susanne Helfferich
Dienstag, 31.12.2024, 15:00 Uhr

Nordkehdingen. Laut einer Studie des WWF werden in Deutschland jährlich 18 Millionen Tonnen Lebensmittel weggeschmissen - 10 Millionen Tonnen seien dabei aber noch verwertbar. Meike Hülsenberg und Kerstin Rißmann sind schon länger Foodsharer - also Menschen, die aussortierte, aber noch genießbare Lebensmittel teilen. So haben sie sich kennengelernt.

Als zu Beginn der Corona-Pandemie die Tafeln ihre Arbeit zum Schutz ihrer ehrenamtlichen Mitarbeiter niederlegten, sei „plötzlich eine Masse an Waren“ in den Lebensmittelgeschäften nicht mehr abgeholt worden, erzählt Rißmann. Die beiden Frauen fragten einen Marktleiter in Nordkehdingen, was denn mit der Ware geschehe. „Die schmeißen wir weg“, so die Antwort.

Das war der Beginn ihrer Initiative. Meike Hülsenberg und Kerstin Rißmann sammelten aussortierte, aber noch verwertbare Lebensmittel ein und fuhren sie zu den Menschen. „Wir verteilten sie aus dem Kofferraum an Bedürftige“, so Rißmann. Wobei die beiden den Begriff „Bedürftige“ nicht gut finden.

„Jeder kann zu uns kommen und sich Ware abholen, niemand muss eine Bedürftigkeit nachweisen“, sagt Hülsenberg. Denn es gebe viele, gerade ältere Menschen, die einen solchen Nachweis gar nicht haben, weil sie aus Scham staatliche Hilfe nicht in Anspruch nehmen und mit ganz wenig Geld auskommen müssen.

Initiative will der Tafel keine Konkurrenz machen

Auch nach der Pandemie und der Rückkehr der Tafel-Angebote machte das Duo weiter. Wobei sie ausdrücklich keine Konkurrenz zu der diakonischen Einrichtung sein wollen: „Die Tafeln haben immer Vorrang“, sagt Hülsenberg, „aber an den Tagen, an denen diese keine Lebensmittel einsammeln, fahren wir los.“

So holen sie immer sonnabends Ware bei Edeka in Stade-Hahle ab, wenn die Tafeln nicht auf Tour sind. „Auch jetzt während der Weihnachtsferien haben wir richtig viel zu tun, weil die Tafeln erst wieder ab 6. Januar unterwegs sind.“ Hinzu kommt, dass es in Nordkehdingen keine Tafel-Ausgabe gibt. Die nächste ist in Drochtersen. Das sei ein großes Problem: Denn wie sollen Menschen, die womöglich in Balje oder Oederquart wohnen und kein Geld für ein Auto oder den Bus haben, zur Tafel nach Drochtersen kommen?

Sechs Lebensmittelmärkte und zwei Bäckereien unterstützen die Nordkehdinger Initiative. „Aktuell sind es 13 Aktive, die Lebensmittel retten, sortieren, ausgeben oder zu den Leuten bringen“, berichtet Rißmann. Rund 60 Menschen nutzen das Angebot. Dabei gebe es ein Ranking: Als Erstes dürfen sich die Rentner und Rentnerinnen bedienen, dann Alleinerziehende und erst zum Schluss Lebensmittelretter, Menschen, die aus Überzeugung verhindern wollen, dass Essen weggeworfen wird. Vernetzt sind Helfer und Nutzer über eine Whatsapp-Gruppe. So werde über Ausgabeorte und -zeiten informiert, die sich mitunter nach dem Angebot richten müssen. Und das ist nicht immer etwas Essbares: Am Tag vor Heiligabend waren plötzlich 22 Weihnachtsbäume zu vergeben.

TAGEBLATT-Glücksbringer zugunsten des Vereins

Inzwischen geht die Arbeit über die Lebensmittelrettung und -vergabe hinaus. Die Initiative hilft auch bei Haushaltsauflösungen oder dabei, Anträge zu stellen, bietet Gelegenheit für einen netten Klönschnack oder es werden Rezepte ausgetauscht. Denn gerade die Älteren wüssten noch, wie Lebensmittel am besten zubereitet oder auf Vorrat eingekocht werden.

Die Lebensmittelretter und -teiler sind seit Sommer dabei, ihr ehrenamtliches Engagement auf stabile Füße zu stellen. Meike Hülsendorf hatte zufällig einen Bericht über „Essen für alle“ (EfA) im hessischen Groß Gerau entdeckt. Von diesem Verein lässt sich die Nordkehdinger Initiative bei ihrer eigenen Vereinsgründung beraten.

Samtgemeindeverwaltung und Politik in Nordkehdingen unterstützen das Vorhaben. Sie verkaufen am Silvestermorgen die TAGEBLATT-Glücksschweine. Der Erlös geht an die Lebensmittelretter. Wer „Essen für alle“ direkt unterstützen möchte, kann dies über die IBAN: DE37508525530117348151, Stichwort Nordkehdingen. Kontakt per E-Mail: efa-nordkehdingen@web.de.

Weitere Artikel