TTiny Häuser beim Wischhafener Traditionshafen – Geht das gut?

Seit fast 30 Jahren ist Volker von Bargen Hafenmeister in Wischhafen. Foto: Susanne Helfferich
Noch wird im Hafen an alten Schiffen gewerkelt. Doch die Wischhafener wollen den Tourismus in Nordkehdingen stärken - und haben große Pläne für das Hafen-Areal.
Wischhafen. Kalt ist es an diesem Tag in Wischhafen. Dünne Eisschollen schwimmen im Hafenbecken. Ein Dutzend Schiffe liegen hier über den Winter vertäut. „Hier ist immer was los“, sagt Volker von Bargen. Seit fast 30 Jahren ist der inzwischen 80-Jährige hier Hafenmeister; lange in Doppelfunktion als Vorsitzender des „Kehdinger Küstenschiffahrts-Museums“.
Der Hafen soll noch attraktiver werden. Nicht nur für Schipper, auch für Touristen.
Kurz vor Weihnachten beschloss der Wischhafener Rat, einen Bebauungsplan für das Areal am Hafen aufzustellen. Tiny Häuser und eine Erweiterung des Wohnmobilstellplatzes in direkter Nähe zum Hafen sind vorgesehen; ebenso ein Sanitärgebäude für die Nutzer der Hafenanlagen und des Wohnmobilstellplatzes. Damit will die Gemeinde an die Dorfentwicklung anknüpfen und die touristische Attraktivität Nordkehdingens steigern. Der Hafen selbst bleibt von den Plänen unberührt.
Neues Deichschart soll zum Womo-Platz führen
Dietmar Grothmann ist Vorsitzender der 185 Jahre alten Hafeninteressentenschaft und Ratsmitglied der CDU. Er wohnt direkt am Hafen, im früheren Hafenhaus, und weiß, dass dort das ganze Jahr über gewerkelt wird. Bisher habe das weder die Anwohner noch die Wohnmobilisten gestört. Der Platz sei immer belegt und im Sommer „rappelvoll“. Deshalb bleibt er angesichts der Pläne gelassen. Im Gegenteil: Er sieht die Vorzüge der Planung, die die Zufahrt zu Tiny Häusern und Wohnmobilstellplatz über ein neues Deichschart auf Höhe der ehemaligen Zimmerei Hinsch vorsieht.

Ronjas Mast ist inzwischen schon abgezogen und lackiert. Foto: Susanne Helfferich
Der Traditionshafen und seine Schiffe locken Touristen. Der Pfahlewer Ronja liegt hier seit Herbst und ist gut eingepackt. Er ist oft mit Gruppen im Wattenmeer unterwegs. Auch der vor einem Jahr gegründete Stader Verein „Vun de Elv, junge Menschen und alte Schiffe“ durfte den Ewer für eine Ferienfahrt nutzen. Er ist zum Mast ziehen in Wischhafen, bereits frisch lackiert und in eine Plane verpackt aufgebockt an der Hafenkante. Viel unterwegs war auch der Frachtensegler Anna-Lisa. Der 1906 von einem Wischhafener Kohlehändler in Auftrag gegebene Besanewer ist für mehrtägige Schiffstouren ausgestattet und gehört dem Verein Bildungsschiff Niederelbe.
Im Hafen ruht manch geplatzter Traum
Beinahe verschrottet wurde 2011 die Heimkehr II. Der stählerne Besanewer,1908 in Itzehoe gebaut, lag unter dem Namen Sirene bis 1960 in Freiburg. Dann wechselte er nach Cuxhaven, wo es unter dem heutigen Namen bis 1977 in der Elbemündung als Muschelfischer diente. Viele Jahre lag er auf dem Slip der Eimerswerft in Wischhafen und sollte 2011 abgewrackt werden. Eine Gruppe von Wischhafenern „rettete“ das Schiff, machte es innerhalb einer Woche schwimm- und slipfähig und ließ es wieder zu Wasser. Doch da liegt es nun. Von Bargens Kommentar: „Im Hafen gibt es so manch geplatzten Traum.“ Glücklich ist er über die Situation nicht.

Mehr als 30 Jahre lag die Heimkehr II auf dem Slip. Dann wurde sie gerettet und nach Wischhafen gebracht. Foto: Susanne Helfferich
In Erfüllung ging dagegen ein anderer Traum und zieht immer wieder die Blicke auf sich: Die 1956 erbaute Iris-Jörg hat hier als Museumsschiff ihren Platz gefunden. 2003 hatte es die Gemeinde das Kümo gekauft und mit Fördergeldern und der Hilfe zahlreicher freiwilliger Schiffsliebhaber aus dem Museumsumfeld aufwendig restauriert und ausgestattet. Auch das machte Lärm - und wurde akzeptiert.
Wo Schiffe liegen, wird gearbeitet - ohne Schickimicki
„Von den Plänen zur touristischen Aufwertung ist unser Traditionshafen kaum betroffen“, stellt von Bargen klar. Es könne auch weiterhin an den Schiffen gewerkelt werden. Wer hier Urlaub mache, den störten die Arbeiten nicht. Die meisten Touristen seien interessiert und kämen schnell mit den Schippern ins Gespräch. „Das ist kein Schickimicki-Hafen“, so von Bargen, „wer Blumenrabatten und Wandelgänge sucht, ist hier falsch.“ Problematischer wäre eine dauerhafte Wohnbebauung. Die vertrage sich nicht mit Hafennähe. Das hätten Erfahrungen in Freiburg und in Stade gezeigt. „Die Windsbraut von Stade ist deswegen vor ein paar Jahren zur Sanierung nach Wischhafen gebracht worden, weil in der Stader Hafencity Lärm unerwünscht war“, erzählt der Hafenmeister.

Die Dide ist noch ein aktives Küstenmotorschiff, mit dem unter anderem Getreide aus Pellworm nach Hamburg geschippert wird. Foto: Susanne Helfferich
In Wischhafen gibt es noch echte Küstenschifffahrt. Mit einem sonoren „Tuut“ macht die Björn M auf sich aufmerksam und passiert die Hafenzufahrt. Das Schiff gehört zur Karl Meyer Flotte. Zweimal die Woche fährt es vom Anleger in der Wischhafener Süderelbe nach Helgoland, versorgt die Insel mit leeren Containern und Baustoffen und holt Abfälle ab, um sie an Land zu entsorgen. Die Dide gilt als das älteste noch in Fahrt befindliche Küstenmotorschiff Deutschlands. „Sie holt regelmäßig Getreide aus Pellworm und bringt es nach Hamburg“, erzählt von Bargen. Und auch das Schlickboot Lena ist regelmäßig zum Eggen unterwegs, damit der Hafen nicht ganz verschlickt. Auch das geht nicht geräuschlos vonstatten.
Ohne Lärm werden die alten Schiffe nicht erhalten
„Hier darf man noch, ohne Anwohnerschelte befürchten zu müssen, arbeiten; auch wenn es Lärm macht“, sagt Elmar Specht, der den Verein „Vun de Elv, junge Menschen und alte Schiffe“ mitgegründet hat und sich in Stade und Wischhafen um den Nachwuchs kümmert, „wenn das nicht mehr möglich ist, können wir die alten Schiffe nicht erhalten.“

Der Blick vom Deich auf den Traditionshafen in Wischhafen. Foto: Susanne Helfferich

Seit an Seit: Thordis und Auguste liegen derzeit in Wischhafen. Foto: Susanne Helfferich