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Landwirtschaft

TNeue Spielregeln: Wo und wie die Gülle auf die Felder kommen darf

Seit diesem Jahr ist auch auf Grünlandflächen die bodennahe Ausbringung der Gülle verpflichtend.

Seit diesem Jahr ist auch auf Grünlandflächen die bodennahe Ausbringung der Gülle verpflichtend. Foto: Fehlbus

Die Minusgrade weichen: Daher werden in den nächsten Tagen im Landkreis gehäuft Güllefässer unterwegs sein - mit neuen Vorschriften und vielen Fragen nach einem Gerichtsurteil.

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Von Miriam Fehlbus
Samstag, 22.02.2025, 00:02 Uhr

Harsefeld. Richtiges Düngen gehört dazu, wenn es eine gute Ernte werden soll - ob im Garten oder auf dem eigenen Acker. Was Landwirte von Hobbygärtnern unterscheidet: Sie bearbeiten nicht nur größere Flächen, sondern haben auch viel mehr Vorschriften und Kontrollen.

Die Düngeverordnung spielt dabei im Gebiet rund um die Samtgemeinden Fredenbeck, Harsefeld und Apensen eine besondere Rolle. Hier befinden sich im Landkreis die meisten Roten Gebiete. Das sind die in der Landesdüngeverordnung seit Ende 2023 als nitratbelastet definierten Gebiete. Fast die gesamte Geest ist betroffen.

Winterpause der Vegetation ist beendet

Nach dem Ende der Winterpause ist es seit 1. Februar wieder grundsätzlich erlaubt, Gülle, Gärreste aus Biogasanlagen oder stickstoffhaltige Mineraldünger auszubringen. Die Sperrfrist gilt auf Ackerland vom 2. Oktober und auf Grünland vom 1. November an. In den Wintermonaten ruht die Vegetation und nimmt kaum Nährstoffe auf.

Durch die bodennahe, streifenförmige Ausbringung von flüssigem organischem Dünger sollen die Ammoniak-Emissionen reduziert werden.

Durch die bodennahe, streifenförmige Ausbringung von flüssigem organischem Dünger sollen die Ammoniak-Emissionen reduziert werden. Foto: Fehlbus

Minusgrade können das Zeitfenster verändern, so geschehen in den vergangenen Tagen. Stickstoff- und phosphathaltige Düngemittel dürfen nicht auf Flächen gebracht werden, wenn der Boden überschwemmt, gefroren oder schneebedeckt ist. Deshalb geht es erst jetzt mit den Plusgraden auf dem Thermometer wieder los, für viele mit einer Neuerung: Seit Anfang dieses Jahres darf Gülle auf Grünland nur noch bodennah ausgebracht werden.

Neue Verteiltechnik für weniger Geruch und weniger Ammoniak

Während auf Ackerflächen bereits seit 2020 Düngemittel wie Gülle streifenförmig auf oder in den Boden eingebracht werden müssen, gilt die Pflicht nach Ablauf einer fünfjährigen Übergangszeit nun auch für Wiesen und Weiden. Gegenüber herkömmlicher Verteiltechnik soll dies unter anderem den Vorteil haben, dass deutlich weniger Ammoniak-Emissionen in die Atmosphäre abgegeben werden, so die Landwirtschaftskammer. Es riecht weniger.

Und es gibt noch einen Grund: Ammoniak und das aus ihm entstehende Ammonium schädigen Ökosysteme durch Versauerung und Anreicherung und sind Vorläufersubstanzen von gesundheitsschädlichem Feinstaub. Deutschland muss die Ammoniak-Emissionen bis 2030 um 29 Prozent gegenüber dem Referenzjahr 2005 reduzieren.

Rote Gebiete: Hier gilt der 20-Prozent-Pauschalabzug

In den bundesweit ausgewiesenen Roten Gebieten gibt es eine weitere Zahl zu beachten: die Verminderung des ermittelten Stickstoffdüngebedarfs um 20 Prozent. Dabei wird kein zufälliger Ausgangswert angenommen. „Jeder Landwirt macht sowieso eine Düngebedarfsermittlung“, sagt Christoph Wilkens, Geschäftsführer des Kreisbauernverbands Stade. Dafür werde eine Bodenprobe genommen, es wird geschaut, wo die Fläche liegt und was darauf in dem bevorstehenden Kulturjahr wachsen soll. So wird der passende Wert für die jeweilige Pflanzenart berechnet.

Von diesem Wert werden in den Roten Gebieten 20 Prozent abgezogen. Und das könne nicht richtig sein, wenn man die Pflanze optimal versorgen wolle, nennt Christoph Wilkens einen Kritikpunkt der betroffenen Landwirte. Die Einschränkung der Stickstoff-Düngung führt laut Niedersächsischem Landvolk zu erheblichen Qualitätsminderungen und großen Ertragseinbußen. Vielfach sei es etwa nicht mehr möglich, vermarktbaren Weizen mit Backqualität zu produzieren.

Fehlerhaft ermittelt: Teilsieg der Bauern vor Gericht

Dass mit der Festlegung der Roten Gebiete in Niedersachsen nicht alles richtig gelaufen ist, hatte zuletzt das Oberverwaltungsgericht (OVG) in Lüneburg bestätigt. Es hatte Ende Januar die aktuelle Landesdüngeverordnung in Teilen für unwirksam erklärt. Zwar seien die mit der Ausweisung solcher Gebiete verbundenen Beschränkungen der landwirtschaftlichen Tätigkeit grundsätzlich mit dem Eigentumsrecht und der Berufsfreiheit vereinbar, da mit dem Grundwasserschutz und dem Schutz der menschlichen Gesundheit vorrangige Gemeinwohlziele verfolgt würden.

Rote Gebiete in Niedersachsen, hier ein Ausschnitt, der alle Gebiete im Landkreis Stade umfasst.

Rote Gebiete in Niedersachsen, hier ein Ausschnitt, der alle Gebiete im Landkreis Stade umfasst. Foto: LEA

Die Roten Gebiete seien jedoch fehlerhaft ermittelt worden.

Das wurde als Teilsieg der Bauern gewertet. „Es war für unsere Mitglieder absolut richtig, mit großem Aufwand die fachlichen und rechtlichen Grundlagen für die Ausweisung der Roten Gebiete zu hinterfragen“, so Landvolk-Vizepräsident Hubertus Berges.

Schnelle Entscheidung zum Thema Mindererlöse

Abschließend geklärt ist die Lage nicht. Der Senat des OVG hat wegen der grundsätzlichen Bedeutung die Revision zum Bundesverwaltungsgericht zugelassen. Im Fall einer Revision bleibe die umstrittene Verordnung bis zur endgültigen Entscheidung in vollem Umfang in Kraft, hatte eine Ministeriumssprecherin dazu erklärt. Vom Landvolk geht die Blickrichtung in Sachen Mindererlöse eher gen Politik. Eine Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts würde Jahre dauern, ohne dass sich etwas substanziell verändere, so die Befürchtung.

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