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T„Großer Glücksfall“: Neuer Zahnarzt für Drochterser Praxis ist gefunden

Der Chef und sein Team (von links): Zahnarzt Wesam Breik, Noch-Eigentümerin Ulrike Frankenstein, Zahnarzt Jorma Syväri und die Fachangestellten Silvia Elsen, Anke Bernhardt und Monika Goedecke (vorne).

Der Chef und sein Team (von links): Zahnarzt Wesam Breik, Noch-Eigentümerin Ulrike Frankenstein, Zahnarzt Jorma Syväri und die Fachangestellten Silvia Elsen, Anke Bernhardt und Monika Goedecke (vorne). Foto: Helfferich

Nach dem plötzlichen Tod des Drochterser Zahnarztes Cornelius Frankenstein können die rund 6500 Patienten und das Praxis-Team aufatmen. Sorge vor dem Landleben hat der neue Chef nicht.

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Von Susanne Helfferich
Dienstag, 20.08.2024, 18:50 Uhr

Drochtersen. Der beliebte Zahnarzt Cornelius Frankenstein war im April im Alter von 61 Jahren unerwartet verstorben. „Wir, die Mitarbeiterinnen und auch alle Patienten, waren geschockt und verzweifelt“, erinnert sich Monika Goedecke, „manche Patienten hatten am Telefon geweint, als wir ihnen absagten und erklären mussten, dass unser Chef gestorben ist.“ Für die Region sei es eine mittlere Katastrophe gewesen, so die zahnärztliche Fachangestellte. Schließlich hatte die Praxis insgesamt 6500 Patienten in der Kartei.

Zunächst lief die Praxis im Notbetrieb weiter. Begonnene Zahnbehandlungen wurden zu Ende gebracht und auch die Prophylaxe lief zunächst weiter. Schließlich gab es noch den in der Praxis angestellten Zahnarzt Jorma Syväri. Der 72-Jährige hatte vor zehn Jahren seine Praxis in Oldendorf verkauft und hilft seit vier Jahren in der Praxis Frankenstein vormittags aus. Die Praxis übernehmen - das wollte er nicht.

Praxis-Team machte sich auf die Chef-Suche

Daher machte sich das Praxis-Team selbst auf die Suche nach einem Nachfolger und inserierte in Fachzeitschriften und online. Ohne Erfolg. Stattdessen hätten sich Investoren gemeldet, die nur an der Immobilie interessiert waren, „aber wir wollten doch die Praxis mit Ausstattung an einen Nachfolger verkaufen“, so Ulrike Frankenstein, Schwester des Verstorbenen und Mit-Erbin.

Schließlich kündigte die Erbengemeinschaft den Mitarbeiterinnen zu Ende Juli. Doch die Angestellten suchten weiter. Sie nahmen Kontakt zu einem syrischen Zahnarzt auf, der vor der Corona-Pandemie ein Praktikum in der Praxis Frankenstein gemacht hatte. Der war zwar inzwischen woanders fest angestellt, aber er kannte einen Landsmann, der vielleicht interessiert wäre - und so war es auch.

Mit 22 Jahren in Syrien sein Studium beendet

Wesam Breik schaute sich die Praxis in Drochtersen an und sagte zu. „Ich hatte schon länger eine eigene Praxis gesucht“, erzählt der 34-Jährige, der in Neugraben wohnt. Sein Werdegang ist eine kleine Erfolgsgeschichte: Früh eingeschult hatte Wesam Breik bereits mit 17 Jahren in Syrien sein Abitur gemacht und gleich mit seinem Studium der Zahnmedizin begonnen, das er zielstrebig mit 22 Jahren beendete. Danach arbeitete er zunächst in Syrien.

2015, als der Bürgerkrieg in dem Land tobte, kam der junge Zahnarzt nach Deutschland und beantragte seine Approbation (Zulassung). Für die musste Wesam Breik zwei Prüfungen ablegen. Nach der ersten durfte er bereits als Assistent in Zahnarztpraxen mitarbeiten, wodurch er viel Erfahrung sammeln konnte. 2019 hielt er endlich die Zulassung in Händen. Er beantragte die deutsche Staatsangehörigkeit und erhielt sie Anfang 2022.

Neustart der Zahnarztpraxis am 1. Oktober

Zunächst lebte und arbeitete Wesam Breik in Baden-Württemberg. Doch dann nahm er eine Stelle in Buxtehude an, wo er bis zur Übernahme der Drochterser Praxis arbeiten wird. Zum 1.Oktober wird das Praxis-Team neu durchstarten. „Außer Kieferorthopädie werden wir hier alle Bereiche der Zahnmedizin abdecken“, sagt der künftige Chef, der Schwerpunkt werde auf Zahnerhaltung und allen prophylaktischen Maßnahmen liegen. Unterstützung bekommt er auch in Zukunft vormittags von seinem Zahnarzt-Kollegen Jorma Syväri.

Der Kaufvertrag ist unterschrieben. „Das ist für uns eine gute Nachricht, vor allem, dass ein junger Mensch die Praxis übernimmt“, freut sich Drochtersens Bürgermeister Mike Eckhoff. Damit gebe es eine für die Gemeinde und die Patienten gute Perspektive.

„Das ist ein großer Glücksfall für uns und das ganze Dorf“, sagt auch die zahnärztliche Fachkraft Silvia Elsen. „Wir freuen uns auf diesen Neuanfang“, betont auch Monika Goedecke. Bis Ende September laufe der Betrieb noch im Sparmodus. „Doch nach den Herbstferien starten wir mit neuem Inhaber durch. Und alle Patienten, die bei uns waren, dürfen wiederkommen.“ Schließlich seien die das Wertvollste, was eine Praxis hat, sagt Ulrike Frankenstein.

Angst vor dem Landleben hat der neue Chef nicht: „Im Schwarzwald hatte ich auch in Orten mit weniger als 10.000 Menschen zu tun.“ Vorerst wird er noch von Neugraben nach Drochtersen pendeln. Doch mit Beginn des kommenden Jahres werde er sich in Stade auf Wohnungssuche machen, sagt Breik.

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