TEinbürgerungen: Landkreis befürchtet Antragsflut
Durch das neue Einbürgerungsgesetz haben 4000 Menschen im Landkreis Stade einen Anspruch auf einen deutschen Pass. Foto: Fernando Gutierrez-Juarez/dpa
Um Deutschland attraktiver für ausländische Fachkräfte zu machen, soll es einfacher werden, die deutsche Staatsbürgerschaft zu bekommen. Landrat Kai Seefried kritisiert das neue Gesetz – und die Verwaltung bekäme ein Personalproblem.
Buxtehude. Das neue Einbürgerungsgesetz der Bundesregierung ist umstritten. Bei der Diskussion über das Für und Wider, einfacher deutscher Staatsbürger werden zu können, fehlte bisher die Ebene, die die neuen Regeln in diesem Jahr umsetzen muss. Stades Landrat Kai Seefried (CDU) steht den Änderungen im Staatsbürgerschaftsrecht kritisch gegenüber. Er teilt damit die Kritik der Union auf Bundesebene. Der Chef der Landkreisverwaltung sieht aber auch die praktischen Folgen vor Ort.
Zum einen sagt Seefried sehr deutlich, dass er „in der derzeitigen gesellschaftlichen und politischen Stimmungslage in Deutschland die Erleichterungen bei der Erlangung der deutschen Staatsangehörigkeit für ein falsches Signal“ hält. Auch im Verhältnis zu anderen europäischen Ländern gehe Deutschland mit den neuen Möglichkeiten sehr weit. Andere europäische Staaten wie Frankreich gingen einen anderen Weg.
Einbürgerungen dauern in Deutschland ein Jahr und länger
„Gleichzeitig werden mit diesem Gesetz natürlich Erwartungen geweckt. Die Bearbeitungsdauer für Einbürgerungen liegt bereits heute in Deutschland durchschnittlich bei gut einem Jahr, in vielen Regionen deutlich darüber“, sagt Seefried. Die Anzahl der Anspruchsberechtigten werde sich jetzt drastisch erhöhen – und damit die Bearbeitungsdauer deutlich verlängern. Seefried: „Alleine im Landkreis Stade gehen wir derzeit von rund 4000 zusätzlichen neuen Anträgen aus.“
Die Reform der Ampel-Regierung soll Einbürgerungen vereinfachen und doppelte Staatsbürgerschaften ermöglichen. Ausländer sollen sich künftig schon nach fünf statt acht Jahren in der Bundesrepublik um einen deutschen Pass bewerben dürfen, bei besonderen Integrationsleistungen soll eine Einbürgerung nach drei Jahren möglich sein. Die Bundesregierung möchte Deutschland mit dem neuen Gesetz attraktiver für Fachkräfte machen und Integrationsleistungen belohnen.
Bei Antragsschwemme braucht der Kreis neues Personal
Der Erste Kreisrat Thorsten Heinze hat die Politik im Finanzausschuss über die Zahl der möglichen neuen Anträge informiert und auf die Notwendigkeit hingewiesen, im Laufe des Jahres zu beurteilen, ob die Kreisverwaltung bei einer Antragsschwemme neues Personal einstellen muss.
Aktuell werden im Landkreis Stade im Schnitt pro Jahr 368 Personen eingebürgert. Finanzielle Kompensationen für neues Personal sieht das neue Staatsbürgerrecht nicht vor. Neue Stellen müssten also aus dem Kreishaushalt bezahlt werden.
Türkische Gemeinde rechnet mit deutlichem Anstieg der Einbürgerungen
Mit der Reform rechnet vor allem die Türkische Gemeinde mit bundesweit 50.000 Anträgen auf Einbürgerung durch türkischstämmige Bürger in diesem Jahr und jeweils in den Folgejahren. „Und ich gehe davon aus, dass auf Dauer alle 1,5 Millionen türkischstämmigen Bürger in Deutschland, die bisher keine deutsche Staatsbürgerschaft haben, eine doppelte Staatsbürgerschaft erlangen werden“, sagte der Vorsitzende der Gemeinde, Gökay Sofuoglu, dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND).
„Wenn sich herumspricht, was in dem neuen Gesetz steht, wird die Zahl der Anträge auf Einbürgerung kontinuierlich steigen“, sagte Sofuoglu. „Viele werden merken, dass die Vorteile die Nachteile überwiegen.“ Allerdings glaubt der Vorsitzende der türkischen Gemeinschaft, dass die deutschen Behörden Schwierigkeiten haben werden, die Anträge zu bearbeiten. „Sie sind jetzt schon überfordert.“
Im Landkreis leben 26.500 Menschen ohne deutschen Pass
Insgesamt sind laut der Integrationsbeauftragten der Bundesregierung, Reem Alabali-Radovan, 14 Prozent der Bevölkerung keine deutschen Staatsbürger. Diese Zahl passt auch auf den Landkreis. Aktuell leben im Landkreis rund 210.000 Menschen. Davon haben laut der Verwaltung rund 26.500 Menschen keine deutsche Staatsbürgerschaft.
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Mehr als 10.000 davon kommen aus Staaten der europäischen Union. Die Zahl hat sich insgesamt seit dem russischen Angriffskrieg auf die Ukraine im Februar 2022 deutlich erhöht.
Die größte Gruppe ohne deutschen Pass kommt aus Polen
Die größte Gruppe von Menschen ohne deutsche Staatsbürgerschaft stellen nach wie vor Polen mit knapp 3800 Personen. Auf Platz zwei folgen Menschen aus der Ukraine (3500), Syrien (3000), Rumänien (1800), Afghanistan (1400), Bulgarien (1200), Russland (540), Serbien (470) und aus dem Irak (450).