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Wasserrettung

TNeues Zeitalter in Drochtersen: DLRG hat endlich ein Rettungsboot

Das neue Rettungsboot der DLRG Drochtersen an seinem Liegeplatz am Sperrwerk Ruthenstrom.

Das neue Rettungsboot der DLRG Drochtersen an seinem Liegeplatz am Sperrwerk Ruthenstrom. Foto: Knappe

Das neue Rettungsboot der DLRG Drochtersen ist angekommen - nach drei Jahren Vorplanung und sechs Monaten Bauzeit. Am Sonnabend ist die Taufe auf Krautsand. Das alles ist mit der Neuanschaffung möglich.

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Von Katja Knappe
Samstag, 01.06.2024, 00:02 Uhr

Drochtersen. Vor einer Woche haben die Lebensretter das Boot per Trailer aus den Niederlanden geholt. Dort hat es die Habbeké Shipyards-Werft in Hoorn binnen sechs Monaten gebaut, aus Aluminium. „Es gehört zur Nikolaas-Klasse - das ist eine Serie von offenen Rettungsbooten für die holländische Seenotrettung“, sagt DLRGler Stefan Degener, der im Konzeptions-Team für das Boot mitgearbeitet hat.

Stefan Degener hat das Boot mitgeplant und gibt den DLRG-Aktiven eine erste Einweisung in die Technik.

Stefan Degener hat das Boot mitgeplant und gibt den DLRG-Aktiven eine erste Einweisung in die Technik. Foto: Knappe

„In all den Jahren zuvor haben wir immer ein Sportboot genommen und versucht, es zum Rettungsboot umzubauen“, erzählt Drochtersens DLRG-Ortsgruppenvorsitzender Claus Fastert. Doch jetzt haben die Lebensretter zum ersten Mal ein Boot, das von vornherein für Rettungszwecke konzipiert und gebaut wurde - ganz nach den Wünschen der Gruppe vor Ort. „Das ist für uns ein komplettes Novum“, sagt Fastert.

Defekte Drosselklappe bei der Generalprobe

Im Theater heißt es, die Generalprobe muss schiefgehen, damit es anschließend erfolgreich läuft. Auch beim neuen Rettungsboot gab es am Ende der ersten langen Testfahrt am vergangenen Sonntag erst einmal Frust: Einer der beiden Außenbordmotoren begann zu streiken - eine defekte Drosselklappe war schuld. Der Motorenhersteller Mercury schickte per Express eine neue aus dem Zentrallager in Belgien - die soll noch vor der Bootstaufe am Sonnabend ausgetauscht werden.

Technik sorgt für bessere Sicht und Kommunikation

Die DLRG-Aktiven bekamen in den vergangenen Tagen bereits die ersten Trocken-Einweisungen auf dem neuen Rettungsboot. „Die Technik ist hier schon komplex, auch wenn es erst mal gar nicht so aussieht“, sagt Fastert. Das Boot verfügt unter anderem über eine Wärmebildkamera mit Nachtsichtfunktion und über ein Radarsystem mit elektronischer Seekarte. Damit können die Ehrenamtlichen andere Schiffe nun auch bei Nebel orten und sich besser orientieren.

Megafon mit Gegensprechfunktion

Mit einem Seiten- und Boden-Sonarsystem können Gegenstände und Körper im Wasser und am Grund identifiziert werden. Erhebliche Verbesserungen gibt es vor allem bei der Kommunikation. Da gibt es den sogenannten Hailer, „eine Art Megafon mit Gegensprechfunktion“, so Fastert. Damit kann die Rettungscrew in Notlagen beispielsweise Schiffbrüchige besser verstehen - einfach, indem das Rettungsboot mit dem Bug auf das havarierte Schiff ausgerichtet wird.

Bei Rettungsaktionen gebe es oft Wind, Regen und Wellengang, dazu die laufenden Motoren - „da schreit man rum und hört nichts“, berichtet Fastert. Das soll mit der neuen Technik anders werden. Auch die interne Kommunikation wird besser - dafür gibt es Kopfhörer mit Sprechfunktion für Funk und Crew.

Platz für 24 Personen und viel Stauraum

Holger Gramm (47), seit 2007 in der DLRG Drochtersen, war am Dienstag zur ersten Einweisung auf dem neuen Rettungsboot. Er ist begeistert: „Super, ich freu‘ mich drauf.“ Gramm gehört zu den Aktiven mit DLRG-Bootsführerschein und wird auch hinter dem Steuer sitzen.

Das neue Rettungsboot bietet erheblich mehr Platz und Stauraum als die alte Rück ut. Davon überzeugt sich auch DLRGler Holger Gramm (im Laderaum), hier im Gespräch mit Claus Fastert, DLRG-Ortsgruppenvorsitzender.

Das neue Rettungsboot bietet erheblich mehr Platz und Stauraum als die alte Rück ut. Davon überzeugt sich auch DLRGler Holger Gramm (im Laderaum), hier im Gespräch mit Claus Fastert, DLRG-Ortsgruppenvorsitzender. Foto: Knappe

Das neue Boot ist mit einer Länge von 9,15 Meter und einer Breite von 3,20 Meter zwar nur ein wenig größer als die alte Rück ut, bietet aber erheblich mehr Platz und Stauraum, beispielsweise für Überlebensanzüge, die noch angeschafft werden sollen. Das Boot hat Platz für 24 Personen einschließlich Crew und schafft 45 Knoten, also 83 Stundenkilometer.

Spenden ermöglichten den finanziellen Kraftakt

Drei Jahre lang haben die Drochterser Lebensretter für dieses Boot geplant und sich 18 Monate lang um die Finanzierung bemüht. Ein Kraftakt, denn das neue Rettungsboot hat 330.000 Euro gekostet. Die Hälfte davon übernimmt der Landkreis, 25.000 Euro die Gemeinde Drochtersen, 14.000 Euro gab’s vom Förderverein. Insgesamt seien mehr als 80.000 Euro an Spenden und Förderungen von Stiftungen, Privatleuten und Unternehmen eingegangen, die verbleibenden 30.000 Euro zahlten die Lebensretter selbst.

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„Wir haben niemals damit gerechnet, dass uns so viele Menschen gewogen sind“, sagt Fastert. Die DLRG Drochtersen mit insgesamt rund 400 Mitgliedern rückt jährlich etwa 20- bis 30-mal zu Rettungseinsätzen aus - meist zu havarierten Sportbooten, die in Seenot geraten sind. Die Ortsgruppe hat drei Rettungsboote im Einsatz, zwei kleinere Schlauchboote und die Rück ut, die nun ersetzt wird.

Die alte Rück ut wird verkauft

Bis Ende Juli, Anfang August werden die Lebensretter sich mit der Technik des neuen Rettungsboots vertraut machen, dann wird es endgültig die alte Rück ut ablösen. Die leidet unter Materialermüdung, entspricht nicht mehr den heutigen Standards und soll verkauft werden.

Bei der Bootstaufe am Sonnabend gegen 11 Uhr am Anleger Krautsand wird es keine große Überraschung geben, was den Namen des neuen Rettungsbootes angeht: Auch künftig wird eine Rück ut auslaufen, wenn Hilfe auf der Unterelbe benötigt wird.

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