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Fundtiere

TNoch immer keine Lösung: Die drei Nord-Kommunen haben ein Katzen-Problem

Birgit und Klaus-Peter Rambow aus Barnkrug gehören zu den Ehrenamtlichen, die sich in der Gemeinde Drochtersen um Fundkatzen und deren Unterbringung und Vermittlung kümmern.

Birgit und Klaus-Peter Rambow aus Barnkrug gehören zu den Ehrenamtlichen, die sich in der Gemeinde Drochtersen um Fundkatzen und deren Unterbringung und Vermittlung kümmern. Foto: Knappe

Die drei Nord-Kommunen wissen nach wie vor nicht, wo sie ihre Fundtiere - vor allem Katzen - unterbringen sollen. In den vergangenen Monaten konnte keine neue Lösung gefunden werden. Vage Hoffnungen ruhen nun auf Gesprächen Anfang des kommenden Jahres.

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Von Katja Knappe
Sonntag, 31.12.2023, 18:50 Uhr

Barnkrug. Kommunen müssen grundsätzlich die Unterbringung von Fundtieren sichern. Aber nur wenige haben ein eigenes Tierheim, die meisten gewährleisten die Unterbringung über Kooperationsverträge mit Tierschutzorganisationen, Tierhöfen oder Tierheimen. Seit Beginn des Jahres stehen Drochtersen und die Samtgemeinden Nordkehdingen sowie Oldendorf-Himmelpforten aber ohne Vertragspartner für die garantierte Unterbringung ihrer Fundtiere da. Die bisherige Suche nach neuen Lösungen verlief bislang erfolglos.

Eigenes Tierheim im Norden ist keine Option

Der Tierschutzhof Neumann in Dornbuschermoor, der bis Ende 2022 die Fundtiere aufgenommen hatte, hatte den Vertrag fristgerecht gekündigt. Die drei Nord-Kommunen machten sich gemeinsam auf die Suche nach einer Alternative und die schien rasch gefunden: Das Tierheim Cuxhaven sollte die Tiere aufnehmen, doch dann platzte die Kooperation kurz vor den Vertragsabschlüssen: Wie sich herausstellte, ist das dortige Tierheim-Gebäude derart veraltet, dass nun sogar ein Neubau diskutiert wird.

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Einige Monate lang hatte das Tierheim Cuxhaven noch Fundtiere gegen die Zahlung von Fallpauschalen aus den drei Nord-Kommunen aufgenommen. Doch seit Sommer ist auch das vorbei. „Die Suche nach einem Vertragspartner, zusammen mit den Nachbargemeinden, ist nach wie vor im Gange. Ein eigenes Tierheim der drei Nord-Kommunen soll natürlich aus Kostengründen vermieden werden“, sagt Gerrit Witt von der Gemeindeverwaltung Drochtersen. „Ein eigenes Tierheim würde dazu führen, dass unsere Haushalte so stark belastet würden, dass Feuerwehren, Kitas und Schulen zurückstecken müssten“, erinnert Frank Griemsmann von der Samtgemeinde Nordkehdingen. „Momentan retten uns die Ehrenamtlichen“, so Witt.

Ehrenamtliche springen wieder in die Bresche

Denn wieder sind es vor allem ehrenamtliche Tierschützer und private Tierfreunde, die in die Bresche springen. Unter anderem und vor allem die Tierhilfe Stade. Aber Vorsitzende Beate Dowson macht auch deutlich: Der Verein hat aktuell nur fünf Dauerpflegestellen, und auch die sind meistens voll. Der Grund: Schwierige oder extrem scheue Katzen, die nicht vermittelt werden können oder wieder zurückgegeben werden, verbleiben häufig in den Pflegestellen und dadurch sind viele Plätze dauerhaft belegt. „Wir sind vollgestopft“, so Dowson. Die Tierhilfe Stade ist stets auf der Suche nach Bürgern, die zumindest für kurze Zeit bereit sind, einzelne Katzen aufzunehmen. Einen Kooperationsvertrag mit den Kommunen lehnt die Tierhilfe Stade aufgrund ihrer eigenen knappen Ressourcen an Pflegeplätzen und Ehrenamtlichen strikt ab.

Die Samtgemeinde Nordkehdingen geht von etwa 70 bis 80 Katzen aus, die dieses Jahr entweder als Fundtiere aufgenommen oder eingefangen, kastriert und wieder freigelassen worden sind. „Tendenz steigend“, sagt Frank Griemsmann von der Verwaltung. In der Samtgemeinde Oldendorf-Himmelpforten schätzt Thorsten Liebeck die Zahl auf etwa 35 Tiere - „ohne rückläufige Tendenz“.

Birgit Rambow hat 2023 70 Katzen eingefangen

Gerrit Witt von der Gemeindeverwaltung Drochtersen nennt mit 15 bis 20 Tieren eine im Vergleich zu früheren Jahren vergleichsweise niedrige Zahl. Aber da sind die Katzen, die eingefangen und auf Kosten der Kommune kastriert und wieder freigelassen werden, nicht eingerechnet. In der Gemeinde Drochtersen ist es vor allem Birgit Rambow aus Barnkrug, die gemeinsam mit ihrem Mann Klaus-Peter Fundkatzen aufnimmt, gegebenenfalls Streuner einfängt, kastrieren lässt und vermittelt oder auf andere Pflegestellen oder Tier-Hilfsorganisationen in der Region verteilt. Mitunter klappt es auch mal mit der Unterbringung in Tierheimen. Man könnte auch sagen: Sie ist die Katzen-Koordinatorin in Drochtersen. „Dieses Jahr habe ich schon um die 70 Katzen eingefangen, fast alle aus dem Gemeindebereich Drochtersen“, erzählt Birgit Rambow, die zweite Vorsitzende der Tierhilfe Stade und in der Region gut vernetzt ist.

Zwei der jungen Katzen, die bei Familie Rambow zurzeit in Pflege sind: Das Spiel mit dem Plüsch-Würmchen an der Angel lieben sie.

Zwei der jungen Katzen, die bei Familie Rambow zurzeit in Pflege sind: Das Spiel mit dem Plüsch-Würmchen an der Angel lieben sie. Foto: Knappe

Eigentlich wollten sie und ihr Mann nur noch eine eigene Katze halten, erzählt sie. Das ist inzwischen freilich nur noch graue Theorie: Der wohlbeleibte Hauskater „Mauzi“ hat inzwischen Gesellschaft von Kater „Emil“. Dann gibt es noch eine „Kellerkatze“, die sich mit den anderen Stubentigern nicht verträgt, und eine extrem scheue, die im extra für sie beheizten Holzhaus auf dem Grundstück lebt. Außerdem tummeln sich noch drei Pflegekatzen im Haus, die Birgit Rambow vermitteln will. Vor zwei Wochen waren es noch sieben.

Warum die Katzen nicht weniger werden

Warum die Katzen in den drei Nord-Kommunen trotz Kastrationspflicht nicht weniger werden, darüber rätseln viele, auch in den Gemeindeverwaltungen. Es gebe immer noch Bürger und auch Hofstellen, die ihre Katzen nicht kastrieren ließen, weiß Birgit Rambow. Möglicherweise mache sich auch der Klimawandel bemerkbar. „Selbst im Oktober kriegen einige Katzen jetzt noch Junge.“ Normalerweise kämen die Würfe zweimal jährlich, erst die „Mai-Kätzchen“ und dann ein zweiter Wurf im August/September. Möglicherweise handele es sich bei den Oktober-Kätzchen ja sogar um dritte Würfe, überlegt Birgit Rambow. Vermutlich stammten viele sogenannte „Freigänger“-Katzen auch aus der Zeit der Corona-Pandemie, als die Bürger viel Zeit daheim verbrachten und sich mit Haustieren Gesellschaft holten, so Rambow.

Hoffnungen ruhen jetzt auf Gesprächen mit Stade

Sie ist froh, dass die Nord-Kommunen die Kastrationen von frei lebenden Katzen übernehmen. „Die Tierarztkosten und auch Tierfutterkosten sind immens gestiegen.“ Eine Kastration mit Chippen koste mittlerweile um die 250 Euro. Dass die Katzenzahlen trotz Kastrationspflicht immer noch nicht sänken, sei nicht verwunderlich - „solange die Kastrationspflicht nicht überprüft wird“, sagt Klaus-Peter Rambow. „Und dafür haben die Gemeinden hier kein Personal“, sagt Birgit Rambow.

Stade: Bislang keine Planungen für Tierheim-Ausbau

Die Gemeinde Drochtersen, die Samtgemeinde Nordkehdingen und die Samtgemeinde Oldendorf-Himmelpforten wollen sich Anfang 2024 mit Vertretern des Veterinäramts und der Hansestadt Stade, die das städtische Tierheim Stade betreibt, treffen. „Auf dem Tierheim-Gelände wäre genug Platz für einen Anbau. Da sollten die sich jetzt mal alle was überlegen“, findet Beate Dowson, Vorsitzende der Tierhilfe Stade. Die Hansestadt Stade sei in der Sache „grundsätzlich gesprächsbereit“, auch wenn „wir momentan über keine zusätzlichen Kapazitäten verfügen. Wir befinden uns im Austausch mit einigen Gemeinden und dem Landkreis. Konkrete Planungen für einen Ausbau unseres Tierheims gibt es aber bislang keine“, teilte Stades Pressesprecher Stephan Voigt auf Anfrage mit.

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