TOhne ausländische Azubis geht es nicht: Sechs Fakten zum Ausbildungsmarkt
Haben den Ausbildungsmarkt genau im Blick (von links): Kim Katharina Koch (Handwerkskammer), Dagmar Froelich (Agentur für Arbeit Stade) und Dirk Immken (IHK). Foto: Stehr
Was sind die beliebtesten Berufe im Kreis Stade? Vor welchen Herausforderungen stehen Betriebe? Und warum könnte KI eine Chance fürs Handwerk sein? Hier sind die Antworten.
Stade. In allen drei Landkreisen im Bezirk der Agentur für Arbeit Stade zeigt sich das gleiche Bild wie auf Bundesebene: Das Angebot an Ausbildungsstellen geht zurück und die Nachfrage sinkt.
Die Lage auf dem Ausbildungsmarkt bezeichnet Dagmar Froelich, Vorsitzende der Geschäftsführung der Agentur für Arbeit Stade, dennoch als verhalten positiv. Sechs Fakten dazu:
1. Insgesamt 244 Ausbildungsstellen sind noch unbesetzt
2881 Bewerberinnen und Bewerber sind im aktuellen Ausbildungsjahr gemeldet, das sind 5,9 Prozent weniger als im Vorjahr. 2747 von ihnen haben auch einen Ausbildungsplatz gefunden, 134 junge Menschen - 22 Prozent weniger als im vergangenen Jahr - sind noch auf der Suche.
Gemeldete Ausbildungsstellen gibt es aktuell 2918 - ein Rückgang um 10,1 Prozent. 244 Ausbildungsstellen sind noch unbesetzt, das sind 9 Prozent weniger als im Vorjahr.
2. Junge Menschen wollen eher Sicherheit als viel verdienen
Vielen angehenden Auszubildenden sei eine Übernahmeperspektive wichtiger als ein hoher Verdienst, sagt Dirk Immken, Abteilungsleiter Aus- und Weiterbildung bei der IHK Elbe-Weser. Auch das Image des Unternehmens, die Qualität der Ausbildung und die Wohnortnähe spielten für viele eine große Rolle.
3. Künstliche Intelligenz (KI) könnte Vorteile fürs Handwerk bringen
„Ich blicke gespannt auf die nächsten zehn Jahre und glaube, dass sich der Einsatz von KI positiv aufs Handwerk auswirken wird“, sagt Kim Katharina Koch, kommissarische Geschäftsführerin der Kreishandwerkerschaft Stade.
Sie gehe davon aus, dass vor allem im Büro und in der Verwaltung perspektivisch immer mehr Stellen durch den Einsatz von KI eingespart werden können.
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Ihre Hoffnung: Junge Menschen, insbesondere junge Frauen, werden sich deshalb häufiger eher Jobs im Handwerk suchen. „Weil Berufe im Handwerk sicher sind und man hier viel Geld verdienen kann“, sagt Kim Katharina Koch. In allen Handwerksberufen herrsche derzeit Bewerbermangel - vor allem bei den Raumausstattern, Maurern, Fleischern, Bäckern und Fliesenlegern.
4. Vielen jungen Menschen mangelt es an Reife - viele sind überfordert
Immer mehr Auszubildende haben psychosoziale Probleme, können schlecht kommunizieren und mit Konflikten umgehen, sagt Dirk Immken.
Die IHK bietet deshalb spezielle Seminare an, bei denen Auszubildende effektive Lernstrategien, angemessene Umgangsformen und Grundlagen des kaufmännischen Rechnens trainieren.
Ein weiteres Problem sei, dass Eltern ihren Kindern häufig zu wenig zutrauten, wodurch die Auszubildenden nicht selbstständig genug seien, ergänzt Kim Katharina Koch. Dazu beigetragen habe auch die Corona-Pandemie.
5. Auszubildende aus dem Ausland werden immer wichtiger und gezielt akquiriert
„Ohne ausländische Arbeitskräfte würden wir alt aussehen“, sagt Dagmar Froelich. Aufgrund des Bewerbermangels akquirierten immer mehr Betriebe gezielt junge Menschen aus dem Ausland - primär aus Vietnam, Kolumbien, der Ukraine, Marokko und Polen.
Im Hotel- und Gaststättengewerbe sei das schon länger gang und gäbe, sagt Dirk Immken. Inzwischen würden aber auch im Einzelhandel verstärkt junge Menschen aus dem Ausland angeworben. Im Handwerk kommen ausländische Auszubildende vor allem bei den Bäckereifachverkäufern zum Einsatz, ergänzt Kim Katharina Koch.
Es gebe immer mehr Beispiele auch von kleineren Familienunternehmen im Handwerk, die ausländische Auszubildende beschäftigen.
Die Betriebe kooperierten dabei sowohl untereinander als auch mit Vereinen in der Umgebung, damit sich die jungen Menschen gut integrieren können.
Agenturen kümmern sich im Auftrag der Betriebe um die Akquise, erklärt Dirk Immken. Da es unter ihnen auch schwarze Schafe gebe, rät er dazu, sich an die IHK zu wenden.
Bei der Agentur für Arbeit hilft die Zentrale Auslands- und Fachvermittlung Betrieben dabei, Arbeitskräfte aus dem Ausland zu finden und unterstützt darüber hinaus bei deren Zulassung auf dem deutschen Arbeitsmarkt.
6. Das sind die beliebtesten Ausbildungsberufe im Landkreis Stade
Seit Jahren schaffen es die gleichen Berufe auf die Liste der beliebtesten Ausbildungsberufe, sagt Dagmar Froelich. Bei den 571 männlichen Auszubildenden im Landkreis Stade sind das:
- Kfz-Mechatroniker
- Fachinformatiker - Systemintegration
- Fachinformatiker - Anwendungsentwicklung
- Fachkraft Lagerlogistik
- Kaufmann für Büromanagement
Die Top 5 der beliebtesten Ausbildungsberufe der 384 weiblichen Auszubildenden im Landkreis Stade sind:
- Kauffrau für Büromanagement
- Medizinische Fachangestellte
- Kauffrau im Einzelhandel
- Zahnmedizinische Fachangestellte
- Verkäuferin
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