TPflegegrade, Kosten, Einrichtungen: So gelingt der Weg ins Pflegeheim
Das Leben zu Hause wird schwierig. Doch was kommt danach? Foto: dpa
Wenn das Leben zu Hause schwierig wird, bietet ein Pflegeheim Sicherheit und Unterstützung im Alltag, doch der Weg dorthin wirft viele Fragen auf - von der Antragstellung bis zur passenden Einrichtung.
Rotenburg. Ob schleichender Prozess, oder plötzlicher Eintritt: Manchmal ist die Situation großer Unsicherheit ganz plötzlich da. Wie geht es weiter? Wie der Weg in ein Pflegeheim funktioniert, weiß Paul Zack. Der Regionalleiter bei der K&S-Gruppe, die bundesweit Pflegeeinrichtungen betreibt - darunter die Seniorenresidenz in Sottrum -, sagt: „Wir sind eine reine stationäre Altenpflegeeinrichtung. Bei uns leben Seniorinnen und Senioren, die dauerhaft Unterstützung im Alltag brauchen.“
Pflegegrad als Schlüssel für Heimplatz
Grundvoraussetzung für einen Heimplatz ist ein anerkannter Pflegegrad. Es gibt fünf Pflegegrade - von 1 (gering) bis 5 (sehr hoch).
Der erste Weg, um einen Pflegegrad zu erhalten, führe zum Hausarzt. „Es gibt einen Fragebogen, dann werden die Diagnosen, Informationen über den allgemeinen Zustand und ein Medikamentenplan übermittelt“, erklärt der Regionalleiter. Abschließend folge das persönliche Gespräch, im besten Falle mit Angehörigen direkt vor Ort der Einrichtung.
Pflegegrad 2 auch durch Eilantrag
Viele Menschen kämen über einen Eilantrag direkt aus dem Krankenhaus ins Pflegeheim. „Dann wird zunächst automatisch Pflegegrad 2 gewährt“, erklärt Zack. „Der medizinische Dienst der Krankenkassen überprüft das später und stuft gegebenenfalls noch einmal nach.“ Erst mit einem solchen Bescheid kann die Kostenübernahme geregelt werden.
Wer zu Hause gepflegt wird, hat meist ebenfalls einen Pflegegrad - nur so könnten ambulante Dienste ihre Leistungen abrechnen. „Bei uns läuft alles pauschal“, erklärt Zack den Unterschied. „Im ambulanten Bereich wird jede Leistung einzeln berechnet - Haare kämmen, Anziehen, Waschen. In einer stationären Einrichtung sind in der Pauschale die Pflege, die Unterkunft, die Verpflegung und die Betreuung bereits enthalten.“
Diese Pauschale hat ihren Preis. „Ein Pflegeplatz kostet mittlerweile über 3.000 Euro Eigenanteil im Monat“, sagt Zack.
Wer sich das nicht leisten kann, muss keine Sorge haben: „Wenn Rente und Ersparnisse nicht reichen, springt das Sozialamt ein“, betont Zack. „Für uns als Einrichtung macht es keinen Unterschied, ob jemand Selbstzahler ist oder über Sozialhilfe finanziert wird.“ Außerdem unterstützt der Staat mit Leistungszuschüssen: Je länger jemand in einer Einrichtung lebt, desto höher fällt der Zuschuss aus. So sollen langjährige Bewohner entlastet werden.
Im Alltag melden sich überwiegend Angehörige bei der Einrichtung. „Sehr selten ruft der Pflegebedürftige selbst an“, weiß Zack. Die Heimverwaltung erreichen täglich Anrufe: Was muss ich tun? Wo beantrage ich was? Welche Kosten entstehen? Auch Kurzzeitpflege kann eine Option sein. „Wir versuchen, individuell zu beraten und gemeinsam eine Lösung zu finden“, so Zack.
Die Platzvergabe erfolgt nach Bedürftigkeit
Überregionale Anfragen würden in der Sottrumer Einrichtung nicht gänzlich abgewiesen, doch „der Nachbar bekommt hier eher einen Platz als jemand aus Köln.“ Ausschlaggebendes Kriterium für die Platzvergabe ist aber die Bedürftigkeit der Betroffenen.
Ein Mindestalter gebe es indes nicht, doch Zack weist darauf hin, dass es für jüngere Generationen andere, geeignetere Einrichtungen gebe. „Wenn ich hier mit 50 einziehe, weil ich pflegebedürftig bin, ist das nicht die richtige Klientel, die mit mir hier wohnt.“
Die Gestaltung der Zimmer in Sottrum
In Sottrums Seniorenresidenz gibt es Einzel- und Doppelzimmer, die mit Pflegebett, Schrank und Tisch ausgestattet sind. „Bis auf das Pflegebett können Bewohner und Angehörige die Zimmer frei gestalten“, sagt Zack. Manche bringen wenig mit, andere den halben Hausstand. „Da müssen wir manchmal bremsen - Teppiche sind etwa wegen der Sturzgefahr tabu.“
Seniorenwohnungen
T Neues Leben im alten Johannisheim: Das planen die Investoren in Stade
Besonders wichtig sei die soziale Betreuung der Bewohner, die den Alltag abwechslungsreich gestalte: Neben Bingo und Gymnastik gebe es Weinfeste, Sommerfeste, Besuche von Schulen oder Musikgruppen. Soziale Kontakte sind ein zentraler Punkt, betont Zack: „Viele ziehen erst spät ein, wenn es gar nicht mehr anders geht. Ich kann das verstehen, aber im Alter haben viele mit Einsamkeit zu kämpfen. Wer dagegen hier lebt, hat wieder Gemeinschaft - das macht viel aus.“
Einrichtung ohne geschlossenen Bereich
Ein paar Voraussetzungen müssen dennoch passen. Die Einrichtung ist ein offenes Haus, es gibt keinen geschlossenen Demenzbereich. „Wir können niemanden festhalten, alle sind freiwillig hier. Wer eine starke Hinlauftendenz hat oder aggressives Verhalten zeigt, braucht spezialisierte Einrichtungen“, sagt Zack.
Am Ende sei von allen Dingen der eigentliche Umzug wohl das Schwierigste. „Es bedeutet ja, die eigenen vier Wände zu verlassen“, weiß der Regionalleiter. Doch wer sich darauf einlasse, komme in der Regel schnell an.
Abschaffung von Pflegegrad 1?
In der gesetzlichen Pflegeversicherung fehlen für das Jahr 2026 rund zwei Milliarden Euro. Angesichts dieser Lücke gibt es in der Bundesregierung Überlegungen, den Pflegegrad 1 abzuschaffen. Die Kürzung sei eine mögliche Maßnahme zur Konsolidierung der Finanzlage.
Die Entscheidung könnte weitreichende Folgen haben. Ende 2024 waren über 860.000 Menschen im Pflegegrad 1 eingestuft, der zumeist bei geringer Beeinträchtigung vergeben wird. Für diese Gruppe bezahlt die Pflegeversicherung keine ambulanten Hilfen, allerdings gibt es einen monatlichen Entlastungsbetrag von bis zu 131 Euro. Gesundheitsministerin Warken (CDU) hatte die Abschaffung vorgeschlagen, über welche die Kommission zur Pflegereform nun berät - und eigentlich bis Mitte Oktober einen ersten Bericht vorlegen wollte.