TPhysiotherapeutin für Pferde: Wie Marlien Milsmann Vierbeinern hilft
Marlien Milsmann ist Physiotherapeutin für Pferde. Foto: Stehr
Neben ihrem Hauptjob hat sich Marlien Milsmann zur Pferde-Physiotherapeutin ausbilden lassen. Auf Wunsch bringt sie auch das Chi des Pferdes zurück ins Gleichgewicht. Das was?
Himmelpforten. Stallluft hat Marlien Milsmann schon als Baby geschnuppert. Ihre Mutter nahm sie oft im Kinderwagen mit zu den Pferden. Ihr erstes eigenes Pony bekam Marlien Milsmann mit acht Jahren. Inzwischen ist sie 26 Jahre alt und hat ihre drei Pferde auf dem Hof ihrer Eltern in Heinbockel stehen. Nebenbei hilft sie auch noch in einem Stall in Haddorf.
Ausbildung am Deutschen Institut für Pferdeosteopathie
Wer nun glaubt, dass Marlien neben dem Reiten, der Stallarbeit und ihrem Vollzeitjob als Konstrukteurin keine Zeit mehr für etwas anderes hätte, liegt falsch. Weil sie noch mehr über ihre Lieblingstiere wissen und auch gerne kranken und verletzten Vierbeinern helfen wollte, hat sie sich in den vergangenen zwei Jahren am Deutschen Institut für Pferdeosteopathie (DIPO) nebenberuflich zur Physiotherapeutin für Pferde ausbilden lassen.
Wie alle Pferdebesitzer sei auch sie schon öfter mit Verletzungen oder Krankheiten ihrer oder anderer Tiere konfrontiert gewesen. Als sie in einer Tierklinik von einer Physiotherapeutin erfuhr, wie sie ihr an einer Sehne verletztes Pferd mit gezielten Übungen im Heilungsprozess unterstützen kann, war Marliens Neugier geweckt.
Behandlung von Gelenken, Muskeln und Faszien
Auf dem Weg zur Arbeit in Hamburg büffelte Marlien im Zug die Theorie, setzte sich unter anderem mit der Anatomie und dem gesamten Nerven- und Muskelsystem von Pferden auseinander. „Ich dachte, dass ich schon ganz viel wüsste und war erstaunt, wie viel Neues ich dabei noch gelernt habe - vor allem darüber, wie alles miteinander zusammenhängt“, sagt sie.
An den Wochenenden besuchte sie Kurse am DIPO-Standort in Salzhausen (Landkreis Harburg), wo für die Praxis Schulpferde zur Verfügung stehen. Geübt hat Marlien natürlich auch an den eigenen sowie an Pferden aus dem Stall von der Dressurreiterin Melinda Ignatius in Osten.

Marlien Milsmann massiert ihrem Wallach den Nacken. Ihm gefällt’s. Foto: Stehr
Als Pferde-Physiotherapeutin führt sie Ganganalysen, Gelenkmobilisationen, Muskel- und Faszienbehandlungen sowie Akupressur an ihren tierischen Patienten durch und muss ebenfalls in der Lage sein, Fütterungs- und Haltungsbedingungen zu beurteilen.
Sie bewertet zudem die Hufbearbeitung, die Sattelpassform, den Trainingszustand und die Trainingsmethoden. „Jedes Pferd ist anders und muss je nach Rasse, Nutzung und Vorerkrankungen speziell behandelt werden“, sagt Marlien, die die Physiotherapie auch mit physikalischen Therapien wie Laser- und Magnetfeldtherapie unterstützt.
Denn nicht nur bei Muskelverspannungen, Krankheiten oder nach Verletzungen und Operationen kommt Physiotherapie zum Einsatz, sondern auch bei einem Leistungstief, zur Erhaltung der Vitalfunktion und Beweglichkeit des alten Pferdes, zur Betreuung von Sportpferden oder auch einfach präventiv, um Verletzungen vorzubeugen und die Beweglichkeit zu fördern.
Das Chi wieder ins Gleichgewicht bringen
Einen der größten Aha- und Wow-Momente hatte Marlien, als das Thema Traditionelle Chinesische Medizin (TCM) auf dem Plan stand. „Ich habe die Erfahrung gemacht, dass die Methoden wirklich helfen, die Pferdebesitzer müssen aber offen dafür sein“, sagt die Pferde-Physiotherapeutin. Einfach gesagt geht es bei der traditionellen chinesischen Veterinärmedizin darum, das Qi (auch: Chi) wieder ins Gleichgewicht zu bringen.

Marlien Milsmann bei der Akkupressur mit einem Laser. Foto: Stehr
Als Qi wird die vitale Lebenskraft verstanden, die entlang bestimmter Körperlinien, der Meridiane, durch jeden Körper fließt. Ist das Qi blockiert, zum Beispiel durch Disharmonien in den Muskeln, kommt es zu Beschwerden. Anstatt nur die Symptome zu behandeln, ist die chinesische Veterinärmedizin darauf ausgerichtet, die zugrunde liegenden Störungen ausfindig zu machen und zu beseitigen, damit der Energiefluss wieder ins Gleichgewicht kommt.
Die chinesische Medizin unterscheide zudem zwischen fünf Pferdetypen. Einen Ansatz zur Einordnung bieten die fünf Elemente der TCM: Holz, Feuer, Erde, Metall und Wasser. Das äußere Erscheinungsbild, Charaktereigenschaften, Verhaltensweisen und Neigungen zu Disharmoniemustern oder Krankheiten werden dem jeweiligen Element zugeordnet.

Ihre Ausbildung zur Pferde-Physiotherapeutin hat Marlien Milsmann nebenberuflich gemacht. Foto: Stehr
„Mein Pferd Robbie ist ein Nierentyp, er ist kälteempfindlich und bekommt schnell Husten“, sagt Marlien. Nierentypen seien unter anderem auch sensibel, grundsätzlich eher ängstlich, lernen schnell und neigen zu Knochenproblemen.
Darüber hinaus gibt es noch den Lebertyp (leidet häufig unter Tränenfluss und Augenentzündungen), den Herztyp (neigt zum Nachschwitzen), den Milztyp (neigt zu Übergewicht) und den Lungentyp (hat häufig eine trockene und schuppige Haut).
Jeder Typ habe seine eigenen Eigenschaften. Wer diese kenne, könne die Tiere noch besser behandeln, sagt Marlien. Sie wolle sich auf dem Gebiet noch weiter fortbilden, unter anderem auch die Akupunktur - also das Stimulieren von Stresspunkten mit kleinen Nadeln - lernen.
Erst mal bekommt Hannoveraner-Wallach Robbie aber eine Nackenmassage von Marlien. Dabei fängt er prompt an zu kauen und zu gähnen und sieht plötzlich ganz müde aus. „Das bedeutet, dass er gerade tiefenentspannt ist“, sagt Marlien.
Kontakt zu Marlien Milsmann gibt es per Mail an Pferdephysiotherapie-Milsmann@web.de