TPionierin des Frauenfußballs: Cindy König mischt jetzt die Bezirksliga auf

Für den SC Sand hat Cindy König zwischen 2022 und 2024 in 43 Begegnungen acht Tore erzielt. Der badische Zweitligist war die letzte Profi-Station der Bremerhavenerin. Foto: Memmler/Eibner/imago images
Auch nach dem Ende ihrer Profi-Karriere geht es für Cindy König nicht ohne Fußball. Doch im Leben der Rekordtorschützin des SV Werder Bremen gibt es jetzt andere Prioritäten.
Bremerhaven. Der Rückzug vom Fußball dauerte bei Cindy König gerade mal ein Vierteljahr. Nachdem die Bremerhavenerin im Sommer vergangenen Jahres ihre Profi-Karriere beim badischen Zweitligisten SC Sand beendet hatte, wollte sie eigentlich das Leben ohne Training und Punktspiele genießen. Doch die Sehnsucht nach dem Sport, der die 31-Jährige im Trikot von Werder Bremen bis in die Bundesliga gebracht hat, war einfach zu groß.
Cindy König ist die Decke auf den Kopf gefallen
„Ich habe gesagt, dass ich die Wochenenden freihaben und was erleben will, was ich sonst immer verpasst habe. Dann war es aber so, dass mir nach drei Monaten die Decke auf den Kopf gefallen ist“, erzählt die Stürmerin, die mit 99 Pflichtspieltreffern die Rekordtorschützin beim SV Werder ist. „Es geht nicht ohne Fußball, muss ich ehrlich sagen. Fitnessstudio ist nicht das, was mich erfüllt. Ich brauche einen Ball am Fuß.“
Werders Rekordtorschützin spielt jetzt in der Bezirksliga
Davon profitiert die Frauenmannschaft der SG Oppenau/Nußbach/Tiergarten, die auch dank der Tore der früheren Erst- und Zweitliga-Torjägerin die Tabelle der Bezirksliga Offenburg anführt und das Viertelfinale des Verbandspokals Südbaden erreicht hat. „Es hat mit den Mädels gleich super geklappt. Die waren natürlich super glücklich über die Verstärkung“, berichtet König, die es in der Liga und im Pokal auf 19 Tore für ihr neues Team bringt.
Es geht nicht ohne Fußball, muss ich ehrlich sagen. Fitnessstudio ist nicht das, was mich erfüllt. Ich brauche einen Ball am Fuß.
Cindy König, Rekordtorschützin der Frauen von Werder Bremen
Ambitionen, mit der SG einen Durchmarsch durch die Spielklassen zu starten, hat die frühere Jugendspielerin des FC Sparta Bremerhaven und des Geestemünder SC aber nicht: „Das ist ‚just for fun‘. Wenn ich Zeit habe, kann ich hingehen. Wenn nicht, ist es auch nicht schlimm.“
Im Frauenfußball ist es schwer, reich zu werden
Es war keine Verletzung, die König dazu bewogen hat, sich vom Leistungsfußball zu verabschieden. Drei, vier Jahre auf ordentlichem Niveau hätte sich die 31-Jährige schon noch zugetraut. Aber der Wunsch nach einer beruflichen Perspektive habe letztlich den Ausschlag gegeben: „Ich werde im Frauenfußball nicht mehr reich werden. Da ist ein zweites Standbein einfach wichtig.“
Frauenfußball
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Bei einem Sponsor des SC Sand fing König vor einem Jahr auf Minijob-Basis damit an, sich um die Social-Media-Aktivitäten zu kümmern. „Ich wollte einfach neben dem Fußball was zu tun haben. Etwas, wo ich meinen Kopf anstrengen muss“, erzählt die gelernte Sport- und Fitnesskauffrau. Das Engagement beim Logistik-Unternehmen lief so gut, dass König seit Sommer Assistentin der Geschäftsführung ist - als Vollzeit-Angestellte.
Cindy König hat auf ihren Auslandsstationen viel gelernt
Für ihren neuen Job kommen der Bremerhavenerin viele Erfahrungen zugute, die sie bei ihren beiden Auslandsstationen sammeln konnte. Im Sommer 2020 wechselte das Werder-Urgestein für eine Saison zum portugiesischen Erstligisten Sporting Braga, ein Jahr später ging es nach Japan zum Club Nojima Stella Kanagawa Sagamihara. Die Zweifel, ob ihre Sprachkenntnisse reichen würden, um im Ausland bestehen zu können, waren anfangs groß.
Zweifel, ob sie im Ausland zurechtkommen würde
„Ich hatte so eine Angst davor, weil mein Englisch in der Schule nicht gut war. Aber ich habe in Braga in einer WG mit einer Amerikanerin und einer Irin gelebt und die Sprache dadurch so schnell gelernt - und heute spreche ich es fließend“, sagt König. Sie könne jeder Fußballerin, die die Möglichkeit dazu habe, nur empfehlen, ins Ausland zu wechseln.

Cindy König begann beim FC Sparta Bremerhaven mit dem Fußballspielen. Foto: Arnd Hartmann
Auch für die Persönlichkeitsentwicklung habe ihr der Aufenthalt in Portugal und Japan gutgetan: „Man wird dadurch viel eigenständiger, weil man es auch muss. Ich muss aber zugeben, dass es im Fußball einfacher ist, weil man dort ein soziales Umfeld findet.“
Cindy König war bei Werders Frauen von Anfang an dabei
Bei ihrem Abschied aus Bremen wurde König von Birte Brüggemann, Leiterin Frauen- und Mädchenfußball bei den Grün-Weißen, als „absolute Identifikationsfigur des Frauenfußballs beim SV Werder“ geadelt. Die Bremerhavenerin war mit 14 Jahren nach Bremen gewechselt und von Anfang an dabei, als Werders erste Frauenmannschaft aufgebaut wurde - der Begriff der Pionierin ist wohl nicht übertrieben.
13 Jahre und 208 Pflichtspiele hielt die Treue der Torjägerin zu ihrem Herzensverein, bevor sie ihren Traum vom Wechsel ins Ausland in die Tat umsetzte.
Die Entwicklung beim SV Werder sieht Cindy König mit Vergnügen
„Werder hat mich geprägt. Ohne Werder wäre ich niemals da, wo ich heute bin. Ich bin da groß geworden und wurde immer unterstützt“, gelten Königs Sympathien weiter den Grün-Weißen. Dass Werders Frauenteam inzwischen ein etablierter Erstligist ist, freut sie ebenso wie die Tatsache, dass der Etat gewachsen ist und die Spielerinnen besser verdienen als zu ihrer Zeit.

Als Cindy König bei Werder Bremen in die Damenmannschaft kam (hier ein Foto aus 2013), spielte diese noch in der Zweiten Liga. Auch dank der Treffer der Bremerhavenerin gelang der Aufstieg. Foto: Labbert
„Ich freue mich, dass diese Schritte gegangen werden“, blickt König ohne Neid auf das heutige Werder-Team. Klar, gelegentliche Heimspiele im Weserstadion, wie sie seit einigen Jahren für die Bremerinnen üblich sind - da wäre sie auch gerne dabei gewesen. „Aber wir haben es damals geschafft, von Platz zwölf auf Platz elf umzuziehen. Das war auch schon was“, sagt die Bremerhavenerin.
Seit 2022 lebt die Bremerhavenerin im badischen Sand
Nach ihrer Rückkehr aus Japan hat König 2022 in Sand - ein Ortsteil der baden-württembergischen Gemeinde Willstätt - eine neue Heimat und einen Lebensgefährten gefunden, mit dem sie eine Familie gründen möchte. Das Nordlicht fühlt sich am Rande des Schwarzwalds wohl: „Es ist wunderschön. Und das Wetter ist im Durchschnitt auch viel, viel besser als im Norden.“
König wohnt rund 400 Meter Luftlinie vom Fußballplatz des SC Sand, der letzten Station ihrer Profi-Karriere, entfernt. Der Kontakt zu ihren früheren Mitspielerinnen ist immer noch intensiv. In der Winterpause gab es sogar den Versuch, die Stürmerin für ein Comeback beim Tabellensiebten der 2. Liga zu gewinnen. Aber König hat dankend abgewinkt: „Ich habe meine Entscheidung getroffen.“