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Autobahnbau

TPlanungswahnsinn bei der A20: Alles wieder von vorne?

Das Projekt A20 ist langwierig, teuer und vor allem umstritten.

Das Projekt A20 ist langwierig, teuer und vor allem umstritten. Foto: Sina Schuldt/dpa

Gegner der A20 dürfte das freuen: Weil der neue Elbtunnel noch nicht im Bau ist, könnte die bisherige Planung komplett neu gemacht werden müssen. Das steckt dahinter.

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Von Karsten Wisser
Donnerstag, 30.01.2025, 06:00 Uhr

Landkreis. Der Vorgang klingt absurd, zeigt aber, wie schwierig es geworden ist, wichtige Infrastrukturprojekte umzusetzen. Der niedersächsische Teil des neuen Elbtunnels für die Autobahn A20 zwischen Drochtersen und Glückstadt darf eigentlich seit November 2016 gebaut werden. Eigentlich.

Es gibt aber die Bedingung, dass der Tunnel nur gebaut werden darf, wenn die angrenzenden Bauabschnitte in Niedersachsen und Schleswig-Holstein Baureife haben. Dafür gibt es eine Zehn-Jahres-Frist, die im November 2026 ausläuft. Danach müssten die Tunnel-Planungen komplett neu beginnen.

So sehen die Planungen für das Kehdinger Kreuz aus. Nur wenn sie rechtskräftig sind, darf der Elbtunnel für die A20 gebaut werden.

So sehen die Planungen für das Kehdinger Kreuz aus. Nur wenn sie rechtskräftig sind, darf der Elbtunnel für die A20 gebaut werden. Foto: Niedersächsischen Landesbehörde

Die Küstenautobahn beschäftigt auch viele TAGEBLATT-Leser. Bei der Mitmach-Aktion „Deine Stimme, Deine Themen“ vom TAGEBLATT in Kooperation mit dem Netzwerk „Correctiv.Lokal“ gab es immer wieder Fragen zum Autobahnbau. Einige können jetzt beantwortet werden.

Klagen der Autobahn-Gegner werden kommen

Zwar gibt es die Aussage, dass beide angrenzenden Abschnitte in den kommenden Wochen planfestgestellt werden sollen. Baureife haben die Bauabschnitte aber erst, wenn sie die juristische Überprüfung überstehen. Klagen der Autobahn-Gegner werden mit Sicherheit kommen. Es ist unwahrscheinlich, dass das alles bis November 2026 erledigt ist.

Die Karte zeigt die Bauabschnitte der Küstenautobahn in Niedersachsen und die Verlängerung der A26 von Stade nach Drochtersen.

Die Karte zeigt die Bauabschnitte der Küstenautobahn in Niedersachsen und die Verlängerung der A26 von Stade nach Drochtersen. Foto: Archiv

Niedersachsens Verkehrsminister Olaf Lies (SPD) hatte die Problematik als Erster öffentlich gemacht. Auch die Landtagsabgeordnete Corinna Lange (SPD) ist an dem Thema dran.

Küstenautobahn: Olaf Lies setzt auf feste Elbquerung

„Für den Minister Olaf Lies hat die feste Elbquerung absolute Priorität“, sagt dessen Sprecher Christian Budde. Die entlastenden Effekte für den Verkehr im Raum Hamburg und die wirtschaftliche Entwicklung in ganz Nordwest-Niedersachsen seien für alle wichtig. Auch Lange bekräftigt ebenfalls ihre Unterstützung für die A20.

Die Bundesländer wollen den Tunnel retten, indem sie vom Bund die Verlängerung der Genehmigung erbitten. Rechtlich ist das möglich. Es hat aber einen Nachteil: Gegen die Verlängerung kann geklagt werden.

Tunnel-Baureife: Verlängerung um fünf Jahre

Das Bundesverkehrsministerium hat bereits reagiert: „Der Bund arbeitet weiterhin daran, noch vor Ablauf der zunächst zehnjährigen Geltungsdauer des angesprochenen Planfeststellungsbeschlusses für den südlichen Tunnelabschnitt in Niedersachsen mit der baulichen Umsetzung beginnen zu können“, heißt es in einer Stellungnahme.

Falls erforderlich, bestehe zudem die Möglichkeit, dass die Autobahn GmbH des Bundes zusammen mit der Planfeststellungsbehörde rechtzeitig für eine Verlängerung der Gültigkeit des Baurechts über 2026 hinaus sorge.

Rettet Gauensiekersand die Küstenautobahn?

Nach TAGEBLATT-Informationen wird geprüft, ob die an den Tunnelbau gekoppelten Naturschutzmaßnahmen vor dem Tunnelbau starten können und so die Zehn-Jahres-Frist eingehalten werden kann. Konkret geht es um eine landeseigene Fläche in Gauensiekersand. Das niedersächsische Verkehrsministerium ist über die Gedankenspiele informiert, will sich darauf aber nicht alleine verlassen. „Wir setzen auf die Verlängerung der Frist“, sagt Sprecher Budde.

Der Stader Landrat Kai Seefried fordert den Bau der Küstenautobahn.

Der Stader Landrat Kai Seefried fordert den Bau der Küstenautobahn. Foto: (C)Christian C.Schmidt

Stades Landrat Kai Seefried (CDU) macht die Bedeutung des Projekts für die Region deutlich. „Die A20 wird nicht nur eine wichtige Entlastung für den Pendler- und Transitverkehr sein, sie ist auch unabdingbar für eine bessere Anbindung vieler Unternehmen im Landkreis Stade und unserer Industrie an der Elbe“, so Seefried.

Ohne A20 kein Durchbau der A26 nach Drochtersen

Hinzu kommt: „Ohne A20 wird es auch keinen Weiterbau der A26 in Richtung Drochtersen geben“, so Seefried. Ohne diese Verbindung werde Stade kein neues Industriegleis zum Seehafen bekommen. Auch diese Entlastung der Bürgerinnen und Bürger sei seit langem überfällig. Ohne neuen Elbtunnel und Verlängerung der A20 nach Drochtersen gibt es zudem weiterhin keine großräumige Umfahrung von Hamburg mit dem stark belasteten Elbtunnel.

„Diese Ablauffrist ist ein weiteres Beispiel dafür, dass wir schon viel zu viel Zeit mit der Planung der Autobahn verloren haben“, sagt Seefried. „Es wäre ein Wahnsinn, wenn aufgrund dieser Frist die intensive Vorarbeit, die viele Jahre gedauert und bereits Millionenbeträge gekostet hat, zunichtegemacht würde.“

Das ist die Kritik der A20-Gegner

Es gibt übrigens noch eine weitere Neuigkeit zum Thema A20: Der amtierende Bundesminister Volker Wissing hat die Küstenautobahn weiterhin mit vordringlichem Bedarf im Bundesverkehrswegeplan belassen. Das kritisieren jetzt die Autobahngegner.

„Während die Sanierung bestehender Brücken nicht vorankommt, sollen Milliarden in den Bau der A20 fließen - in ein Projekt, dessen Realisierung frühestens Ende der 2030er Jahre abgeschlossen sein könnte“, so der Koordinationskreis der Initiativen und Umweltverbände gegen die A20.

Die Verlagerung von Planungskapazitäten und Haushaltsmitteln zugunsten der A20 habe dazu geführt, dass kleinere, aber für den regionalen Verkehr essenzielle Projekte wie der Neubau der Brücke in Bützfleth an fehlendem Personal oder Budget scheiterten.

Info: Die Aktion zur Bundestagswahl

Das Projekt „Deine Stimme, deine Themen“ ist eine Kooperation zwischen dem TAGEBLATT und dem Netzwerk „Correctiv.Lokal“. Die Idee dahinter: Was sind die Top-Themen, die die Wähler interessieren und am meisten genannt wurden?

Vor Ort sind das Klimaschutz, Migration und Integration, Wirtschaft, Krieg und Frieden, Verkehr, soziale Gerechtigkeit, Demokratie, Rente und Steuern sowie Bildung und Schulen. Bis zur Bundestagswahl wird das TAGEBLATT diese Themen immer wieder in der Berichterstattung aufgreifen und vertiefen.

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