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Mediziner-Mangel

TPraxis-Eröffnung geplatzt – Bürokratie hinterlässt enttäuschten Landarzt

Fühlt sich alleingelassen im Ringen um die Ärzteförderung: Dr. Niazi Habash, der in Schiffdorf wieder eine Arztpraxis eröffnen möchte.

Fühlt sich alleingelassen im Ringen um die Ärzteförderung: Dr. Niazi Habash, der in Schiffdorf wieder eine Arztpraxis eröffnen möchte. Foto: Hansen

Die Fördermittel fließen nicht wie gedacht, 3800 Patienten müssen sich gedulden: Das Beispiel Schiffdorf im Kreis Cuxhaven zeigt die Stolperfallen beim Kampf gegen den Ärztemangel.

Von Inga Hansen Montag, 27.01.2025, 11:10 Uhr

Schiffdorf. Vielen Schiffdorfern dürfte im Sommer ein Stein vom Herzen gefallen sein. Seit dem plötzlichen Tod von Dr. Georg Reinschüssel im Januar 2022 gibt es keine hausärztliche Versorgung mehr am Stadtrand. 3800 Bürger stehen seither ohne Arzt da beziehungsweise müssen sehen, ob sie in den überfüllten Praxen in der Umgebung als Patient unterkommen können.

Da sorgte die Nachricht, dass Dr. Niazi Habash, Allgemeinmediziner in Bremerhaven-Wesermünde, in den ehemaligen Reinschüssel-Räumen eine Zweitpraxis eröffnen möchte, für echte Erleichterung. Im Januar sollte sie an den Start gehen.

Die Fördermittel fließen nicht so wie gedacht

Doch so schnell wie erhofft klappt es nicht. Der Grund: Die Fördermittel fließen nicht so wie gedacht. Habash ist ziemlich enttäuscht: „Man wird da ganz schön alleingelassen“, klagt er. Mehr als eine Million Euro steckt er in die Praxis in Schiffdorf – inklusive der Kosten für den Kauf. Da sei er auf die Förderung angewiesen, sagt er.

Sie steht seit drei Jahren leer: die einzige Arztpraxis in Schiffdorf. Aber im Mai soll sie wieder eröffnet werden.

Sie steht seit drei Jahren leer: die einzige Arztpraxis in Schiffdorf. Aber im Mai soll sie wieder eröffnet werden. Foto: Hansen

Wer abends am Feldkamp vorbeifährt, sieht dort oft Licht brennen. Habash modernisiert die Reinschüssel-Praxis rundum, hat Fußboden, Fenster und Türen herausgerissen, auch die EDV-Verkabelung erneuert er komplett. Aber trotz der Renovierung hätte die Praxis Anfang Januar öffnen können, versichert er.

Kassenärztliche Vereinigung zahlt bis zu 60.000 Euro

Wenn denn die Bürokratie mitgespielt hätte. Ärzten, die sich in einem Gebiet wie im Südkreis ansiedeln, in dem nur zwei Drittel der Landarzt-Sitze besetzt sind, winken angesichts des dramatischen Ärztemangels umfangreiche Zuschüsse. Die Kassenärztliche Vereinigung (KV) wie der Kreis sind schließlich heilfroh, wenn sich ein Mediziner findet, der aufs Land möchte.

Die KV, die für die Besetzung der Arzt-Sitze zuständig ist, fördert die Eröffnung neuer Praxen auf dem Land in unterversorgten Gebieten mit bis zu 60.000 Euro. Der Kreis Cuxhaven unterstützt die Ansiedlung von Landärzten mit 10.000 Euro pro Praxis. Zudem gibt es dort auch noch eine Förderung für kleine und mittlere Unternehmen (KMU).

Erst die Kassenzulassung, dann der Förderantrag

Doch der Teufel steckt im Detail. Als Habash sich im Oktober bei der KV in Stade nach der Förderung erkundigte, sei der Fördertopf leer gewesen, berichtet er. Für eine Zweigstelle bekommt er nur die Hälfte, jedenfalls wenn nicht ein Arzt dort fest beschäftigt ist. Zudem braucht er zunächst die Kassenzulassung, bevor er die Förderung beantragen darf. Sonst fließe gar kein Geld, sagt er.

Die Kassenzulassung – im Fall Schiffdorf ein formaler Akt, da der Landarzt dort dringend gebraucht wird – gibt es aber erst, wenn der Zulassungsausschuss der KV das nächste Mal tagt. Und das sei erst am 8. Februar. „Erst danach kann ich die Förderung überhaupt beantragen. Das heißt aber noch lange nicht, dass ich sie auch bekomme“, erzählt er frustriert.

Für ihn bedeute das, dass er die Praxis erst Mitte Mai eröffnen könne, klagt er. Dabei habe er schon Mediziner eingestellt, die in Schiffdorf arbeiten sollen. „Und die Patienten fragen schon, wann es losgeht“, sagt er. KV-Chef Sören Rievers bestätigt den Ablauf. Die Kassenärztliche Vereinigung fördere nun einmal zwei Arzt-Sitze im Jahr in unterversorgten Gebieten. „Und die Fördersitze erfreuen sich großer Beliebtheit“, sagt er. Eine Garantie darauf gebe es also nicht.

KV-Vorsitzender signalisiert Entgegenkommen

Was den Zeitplan angeht, signalisiert Rievers Entgegenkommen. „Wenn es drängt, könnte auch ein Ausschuss in einem anderen Bezirk die Zulassung aussprechen“, sagt er. Insofern könne Habash seine Praxis vielleicht schon am 1. April eröffnen. Der Bremerhavener Arzt ist ziemlich frustriert von dem Prozedere. Denn auch die anderen Fördermittel wollen nicht so recht fließen. Vom Kreis könnte er höchstens 5000 Euro bekommen. Und das auch nur, wenn er den Antrag vor der Gründung der Zweitpraxis stellen würde. Und auf die KMU-Förderung hat er als Arzt mit Sitz in Bremerhaven gar keinen Anspruch.

Habash ist enttäuscht: „Wenn man so alleingelassen wird, fragt man sich schon, ob man da weitermacht.“ Der gebürtige Syrer, der 2013 als Flüchtling nach Deutschland gekommen ist, lebt in Schiffdorf. Als er mitbekommen hat, dass in seinem Heimatort händeringend ein Arzt gesucht wird, kam er auf die Idee mit der Zweitpraxis. „Ich tue das für meinen Heimatort“, stellt er klar.

Schließlich sei die Schiffdorfer Außenstelle keine Investition, die sich betriebswirtschaftlich lohne. „Da würde es mehr Sinn machen, die Praxis hier in Geestemünde zu vergrößern.“ Das wird der Hausarzt aber nicht tun. Er bleibt bei seinen Plänen für Schiffdorf, versichert er. Auch wenn die Umsetzung sich in die Länge zieht.

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