Zähl Pixel
Justiz

TProzessstart vor Stader Landgericht: Täter drohen Opfer mit Zerstückeln

Vor dem Landgericht Stade wird ein Fall verhandelt, der ziemlich abstrus klingt.

Vor dem Landgericht Stade wird ein Fall verhandelt, der ziemlich abstrus klingt. Foto: Landgericht

Die Anklage klingt heftig, der Fall sehr diffus. Erpressung, Freiheitsberaubung und Angriff sind die Schlagworte für den Fall vor dem Landgericht. Darum geht‘s.

Von Franziska Felsch Montag, 12.05.2025, 18:27 Uhr

Stade. Fünf Prozesstage sind angesetzt, aber schon bei der Auftaktverhandlung am Montag vor dem Stader Landgericht wurde deutlich, dass dieser Fall nicht so leicht zu klären sein wird. Dafür ist das Ganze viel zu diffus und komplex, wie die Vorsitzende der Kammer einräumte. Erschwerend kommt hinzu, dass die Taten zweieinhalb Jahre zurückliegen und die beiden Polizeibeamten, die am ersten Tag als Zeugen geladen waren, sich nicht mehr an alle Einzelheiten genau erinnern konnten. Ob die Zeugen, die an den vier Folgeterminen gehört werden, mehr Licht ins Dunkel bringen, ist fraglich.

Entführung mit vorgehaltener Pistole

Worum geht‘s? Drei Männern im Alter von 24, 35 und 37 Jahren sowie einer 32-jährigen Frau wird gemeinschaftliche besonders schwere räuberische Erpressung, Freiheitsberaubung sowie räuberischer Angriff auf einen Kraftfahrer vorgeworfen. Gemeinsam mit einem unbekannten Komplizen sollen sie im Dezember 2022 zwei Männer unter dem Vorwand eines Besichtigungstermins für den Kauf eines Fahrzeugs zu einem Treffpunkt in Stade gelockt haben. Dort sollen sie versucht haben, einen der Männer mit Gewalt zur Rückzahlung des Kaufpreises für ein zuvor an den 35-jährigen Angeklagten verkauftes Fahrzeug zu zwingen.

Da der Verkäufer den geforderten Betrag in Höhe von 9000 Euro nicht bei sich trug, sollen die Angeklagten ihn genötigt haben, sein Portemonnaie und seine Smartphones herauszugeben. Anschließend hätten sie ihn gezwungen, in eines ihrer bereitstehenden Fahrzeuge einzusteigen. Auf der Fahrt durch die Stadt habe einer der Angeklagten eine Pistole auf den Verkäufer gerichtet. Außerdem sollen drastische Drohungen ausgesprochen worden sein: Von Zerstückelung und Schwanz abschneiden war demnach die Rede.

Polizei in Atem gehalten

Die beiden Angeklagten, die an dem Treffpunkt geblieben sind, sollen dann mit dem anderen Mann und dessen Lebensgefährtin in Streit geraten sein. Eine Anwohnerin habe wegen Ruhestörung die Polizei gerufen, die dann auch bald eintraf. Die Beamten rückten aber unverrichteter Dinge wieder ab, weil die Gruppe einstimmig aussagte, es sei keine Hilfe erforderlich. Erst im Nachhinein stellte sich heraus, dass die Opfer aus Angst so reagiert hatten.

Aber damit war die Sache noch lange nicht zu Ende. Die vier Angeklagten trafen sich mit ihren Opfern am selben Abend erneut, fuhren dann mit zwei Fahrzeugen, in denen sich jeweils einer der Geschädigten befand, zur Wohnung eines der Opfer, um dort das verlangte Geld zu holen. Dazu ist es aber nicht mehr gekommen, weil die Polizei schon vor Ort war.

Einem der Opfer war es nämlich zuvor gelungen, seinen Bruder zu verständigen, der Hilfe holen sollte, was dieser auch tat. Daher konnten zwei der vermeintlichen Täter in der Wohnung festgenommen werden, die anderen beiden, mit ihren „Entführungsopfern“ auf der B73 gestellt werden. Bei der Durchsuchung des Täterfahrzeugs wurden ein Schlagstock und ein Baseballschläger sichergestellt.

Angeklagte schweigen

Die vier Angeklagten ließen durch ihre Anwälte erklären, dass sie sich vorerst nicht zu den Tatvorwürfen äußern werden. Von den fünf geladenen Zeugen am ersten Prozesstag konnten nur drei Polizeibeamte befragt werden, da es zu einer unvorhersehbaren, einstündigen Unterbrechung gekommen war. Der Grund: Die Polizei hatte gegen 10.40 Uhr das Gebäude räumen lassen. Zuvor war im Gericht eine herrenlose Tasche entdeckt worden.

Die Polizei sicherte das Gericht ab, während zeitweise rund 150 Richter, Angestellte und Besucher am Sammelpunkt Am Sande warteten. Während ein Sprengstoffexperte, ein sogenannter Delaborierer, aus Hannover ausrückte, konnten die Einsatzkräfte Entwarnung geben. Ein Mann hatte sich gemeldet und angegeben, dass es sich bei dem Objekt um seine Tasche handele.

Die Verhandlung soll voraussichtlich am 21. und 27. Mai sowie am 4., 6. und 12. Juni, jeweils um 9.15 Uhr, fortgesetzt werden.

Das Stader Landgericht musste am Montagvormittag evakuiert werden.

Das Stader Landgericht musste am Montagvormittag evakuiert werden. Foto: Vasel

Copyright © 2025 TAGEBLATT | Weiterverwendung und -verbreitung nur mit Genehmigung.

Weitere Themen

Weitere Artikel