TPrügelei im Schwurgerichtssaal: Angriff auf das deutsche Rechtssystem

Susanne Helfferich. Foto: Archiv
„Erhobene Fäuste vor der Gerichtstür“ titelte das TAGEBLATT im November 2024 über den ersten Tag im Stader Clanprozess. Auch der letzte Verhandlungstag endete mit einer Gewaltorgie.
Stade. Die Hauptverhandlung vor der 1. Großen Strafkammer des Landgerichts Stade gab einen tiefen Einblick in die Parallelwelten unserer Gesellschaft. Die Handelnden: zwei Großfamilien arabischer Herkunft. Der Großteil der Familienmitglieder ist durchweg gebildet, berufstätig und scheinbar gut integriert.
Doch die Integration endet offensichtlich, wenn es um Familie und Geschäfte geht. So wie in diesem scheinbar banalen Wettstreit um die besten Shisha-Preise, der tödlich endete.
Nachdem am 22. März vergangenen Jahres das Elternhaus der Al-Zein-Familie von Mitgliedern der Miris gestürmt worden war, in dem sich zu der Zeit ausschließlich Frauen und Kinder befanden, kam es am Salztor zum Showdown. Der Angeklagte Mustafa M. tötete Khaled R. mit einem zehn Zentimeter tiefen Messerstich in den Schädel.
Auge um Auge, Zahn um Zahn, heißt es sowohl im Alten Testament als auch im Koran. Danach kann Schaden, der einem zugefügt wird, nur mit gleichem Schaden vergolten werden. Doch das geltende bundesdeutsche Rechtssystem fußt auf Prinzipien der ausgleichenden Gerechtigkeit, Prävention und Resozialisierung. In Deutschland definiert das Strafgesetzbuch Straftaten und Strafen. Wer hier leben will, muss sich danach verhalten.
Achteinhalb Monate dauerte die Hauptverhandlung gegen den 35-jährigen Mustafa M. Seit Beginn des Prozesses trachteten Familienmitglieder der Al-Zeins hörbar nach dem Leben des Angeklagten. Sie drohten ihm immer wieder: „Du bist ein toter Mann.“
Am letzten Verhandlungstag bahnte sich nach der Urteilsbegründung die Gewalt ihren Weg. Angehörige beider Familien schlugen aufeinander ein, gefährdeten so auch unbeteiligte Prozessbeobachter. Sie ahnen offenkundig nicht, was sie damit kaputt machen. Integration funktioniert so nicht und spielt Populisten in die Karten.
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