TRadikaler Kurswechsel: So soll das Wohnen in Buxtehude bezahlbarer werden

30 Prozent dieser Wohnungen im Baugebiet Giselbertstraße sind preisgedämpft. Sie unterscheiden sich in der Ausstattung aber nicht von den anderen Wohnungen. Foto: Karsten Wisser
In Buxtehude ist es schwer, eine bezahlbare Wohnung zu finden. Damit sich daran etwas ändert, wollen Teile der Politik mehr städtische Wohnungen. Und: Sie erklären das Wachstum der Stadt für beendet. Das sind die Gründe.
Buxtehude. In Buxtehude herrscht Wohnungsnot. Selbst Menschen mit durchschnittlichen Gehältern finden keinen Wohnraum. Deshalb setzen Teile der Politik auf eine neue Strategie. Sie wollen, dass die Stadt einen Bestand an eigenen Wohnungen aufbaut. Grund: Der Wohnungsmarkt in Buxtehude ist umkämpft. Junge Menschen ziehen weg, weil sie sich die Mieten in der Stadt nicht leisten können und in den Ortschaften keinen Platz finden, um den Traum vom Eigenheim zu verwirklichen.
Aktuell schafft Buxtehude preiswerten Wohnraum, indem die Stadt die Investoren und Bauherren dazu verpflichtet. In den größeren Baugebieten müssen 25 bis 30 Prozent des neuen Wohnraums im preisgedämpften Segment angeboten werden.
Andrang auf bezahlbare Wohnungen in Buxtehude ist groß
Im Neubaugebiet Giselbertstraße sind viele davon fertig und andere im Bau. Bei den Vorhaben Bahnstraße und Orchideenquartier entstehen weitere relativ günstige Wohnungen. Gemeinsam kommen diese Projekte auf rund 750 Wohnungen. Um die 200 davon sind und werden per städtischem Bedarfsschein vergeben. Der Andrang auf diese Wohnungen ist groß. Aber: „Dieser Weg kommt jetzt an sein Ende“, sagt der SPD-Fraktionsvorsitzende Nick Freudenthal. Er hat den bevorstehenden Strategiewechsel den Parteimitgliedern bei einer Mitgliederversammlung vorgestellt. Der Grund ist leicht zu erklären, und das ist auch die neue Botschaft. Buxtehude mit seinen rund 40.000 Einwohnern erreicht die Grenzen seines Wachstums.
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Dafür gibt es zwei Gründe: Räumlich sind große Neubaugebiete wie die Giselbertstraße mit 11 Hektar und 450 Wohnungen nicht mehr möglich. Und die Infrastruktur verträgt Neubürger nur noch im begrenzten Rahmen. Die Stadt kommt bei der Schaffung von Kindertagesstätten und der Sanierung der Schul-Infrastruktur nicht hinterher.
SPD: Bezahlbarer Wohnraum hat höchste Priorität
Jetzt will die SPD dafür sorgen, dass die Stadt auf dem Wohnungsmarkt aktiv wird und den Bestand an eigenen Wohnungen deutlich vergrößert. Wie das konkret passieren kann, wird gerade mit den Grünen und der Gruppe Linkspartei/Die Partei besprochen. Die SPD-Mitglieder hatten bei einer Befragung dem Thema bezahlbarer Wohnraum die höchste Priorität eingeräumt. Entsprechend positiv reagierten sie auf die neue Initiative der Ratsfraktion in dieser Woche.
Klar ist, dass es angesichts der schwierigen finanziellen Situation um eine langfristige Strategie geht. „Wir werden viele Jahre brauchen, um einen nennenswerten Wohnungsbestand aufzubauen“, sagt Nick Freudenthal. Dabei soll die Stadt keine Wohnungen bauen.
Die Stadt Buxtehude läuft jetzt einer jahrzehntelangen Fehlentwicklung hinterher, so nicht nur die Meinung der SPD. Bund und Länder haben in den 1980er Jahren den sozialen Wohnungsbau weitgehend eingestellt, viele Kommunen haben ihren Wohnungsbestand verkauft. In Buxtehude ist die Zahl der öffentlich geförderten Wohnungen seit 2013 rückläufig. Damals gab es 655 dieser Wohnungen, heute sind es nur noch 33.
Grüne und Gruppe begrüßen den SPD-Richtungswechsel
Bei den Partnern in der progressiven Mehrheit rennt die SPD mit ihrem Richtungswechsel offene Türen ein. Benjamin Koch-Böhnke, Gruppen-Sprecher und Linkspartei-Abgeordneter, fordert seit Jahren in fast jedem Redebeitrag, dass die Stadt in die Schaffung von bezahlbarem Wohnraum selbst einsteigt. „Es ist gut, dass sich die SPD jetzt endlich auf unsere Position zubewegt“, sagt Koch-Böhnke.
Auch Nils Rademacher, Co-Fraktionssprecher von Bündnis 90/Die Grünen, freut sich über den Strategiewechsel. „Wir haben das in unserem Kommunalwahl-Programm und reden seit zwei Jahren mit der SPD über das Thema“, sagt Nils Rademacher. Die Grünen haben 500 bis 600 Wohnungen als langfristiges Ziel aufgeschrieben.
Der soziale Wohnungsbau als Gruppentherapie
SPD (11), Grüne (9) und die Gruppe (3) verfügen im Rat über eine sichere Mehrheit und waren nach der Kommunalwahl 2021 hoffnungsvoll angetreten, Buxtehude zu verändern. Diese Euphorie ist weg. Inzwischen gehen die drei getrennte Wege. Sogar die CDU ist Partner von Grünen und Gruppe. Hinter den Kulissen gibt es gerade verschiedene Bemühungen, eine politische Mehrheit für den Haushalt 2024 sicherzustellen.
Den Doppelhaushalt 2022/2023 hatte die progressive Mehrheit gemeinsam getragen, der Entwurf für 2024 ist bei Grünen und Gruppe umstritten. Der Vorstoß in Sachen bezahlbarer Wohnraum könnte die Partner wieder zusammenbringen und bei der Verabschiedung des Budgets helfen.