T85-Jähriger stirbt nach brutalem Überfall - drei Männer angeklagt

Blick auf das Landgericht in Stade. Foto: Landgericht
Die Tat war brutal: Drei Männer, 24 bis 26 Jahre alt, stehen vor dem Landgericht. Angeklagt sind sie des gemeinschaftlichen Raubes mit Todesfolge. Nun beschuldigen sie sich gegenseitig.
Stade. Sie kamen in der Nacht zum 2. Februar aus Hamburg mit der Bahn, brachen ein Küchenfenster auf und drangen in das Haus eines 85-Jährigen ein. Den alten Mann sollen sie geschlagen, getreten, gefesselt und mit einem Revolver bedroht haben, um an dessen Geld und EC-Karte plus PIN zu gelangen. Dabei haben sie laut Anklage den Tod des Mannes leichtfertig in Kauf genommen. Am 10. Mai verstarb der 85-Jährige - womöglich an den Folgen seiner Verletzungen.
Es war eine magere Beute, die die drei jungen Männer in jener Nacht machten: ein wenig Schmuck und 295 Euro Bargeld. Dafür gingen sie äußerst brutal vor: Sie schlugen mit der Waffe gegen Schulter und Rücken des alten Mannes, heißt es in der Anklage. Der Mann trug Verletzungen im Gesicht, ein blaues Auge rechts und auch Prellungen des Schädels davon.
Die Angeklagten kamen aber nicht weit. Ein Nachbar hatte nach deren Verschwinden die Hilferufe des Überfallenen gehört und die Polizei alarmiert. Durch eine sofort eingeleitete Fahndung konnte das Trio am frühen Morgen in Buxtehude festgenommen werden. Seither sind alle drei in Untersuchungshaft.
Angeklagte konsumierten Tabletten und Whiskey
Seit Montag müssen sie sich vor der 3. Großen Strafkammer des Stader Landgerichts verantworten. Unterm Strich sind die Angeklagten geständig. Von wem allerdings die Initiative zur Tat ausging, da schoben sie sich gegenseitig die Schuld zu. Am ersten Verhandlungstag kamen nach Verlesen der Anklageschrift die Angeklagten zu Wort.
Einig sind sie sich, dass in der Nacht erheblich Alkohol geflossen war und sie Lyrica eingenommen hatten; ein Medikament, das Pregabalin enthält und unter anderem bei Epilepsie und Angststörungen eingesetzt wird. Der 24-jährige S. und der 25-jährige A. sind seit Kindertagen befreundet. Beide berichteten von einer frühen Drogenabhängigkeit. So auch der Dritte im Bunde: der 26-jährige T., der zu den Jüngeren stieß, nachdem er aus seiner Wohnung herausgeschmissen worden war. Als das Geld knapp wurde, habe T. vorgeschlagen, auf Diebestour zu gehen, so berichtete es der Jüngste.
Mitangeklagter schlug mit Revolver auf Rentner ein
Schließlich hätten sie sich entschieden, „dass wir einmalig einbrechen wollten“, berichtete S. nach Angaben des Dolmetschers. Dieser übersetzte die Aussagen der aus der Türkei stammenden Angeklagten.
Sie seien mit der Bahn nach Stade gefahren und hätten sich vier bis fünf Häuser angeschaut. Verabredet sei gewesen: „Wenn Licht im Haus war oder ein Auto davor stand, gehen wir nicht rein“, so der 24-Jährige. Vor einem Haus habe T. behauptet, dass es „leer“ sei.
Der 26-Jährige sei durch das Küchenfenster eingestiegen und habe nach einer Weile die anderen beiden aufgefordert, auch reinzukommen. Im Gebäude hätten sie dann gesehen, dass da ein älterer Mann war und T. einen Revolver in der Hand gehalten habe. „Wir wussten nichts von der Waffe“, erklärte S. Mit dem hinteren Teil der Waffe habe T. auf den Kopf des alten Mannes eingeschlagen.
„Wir sind keine Menschen, die anderen etwas antun“, versicherte der 24-Jährige S. Sie wollten davonlaufen, seien aber nicht an T. vorbeigekommen. Schließlich habe der 24-Jährige dem Ältesten mit einem Faustschlag die Waffe entwenden können und sein Freund A. habe den Hauseigentümer befreit. „Sie können sicher sein, wir wollten keinen bewaffneten Raub begehen. Wir wollten nur was klauen, weil wir kein Geld hatten“, so der 24-Jährige.
Der 25-jährige A. bestätigte die Schilderung. „Wenn ich gewusst hätte, dass dort der Mann ist, hätte ich als Erstes die Polizei gerufen“, behauptete er. Er gab an, an dem Tag sowohl Alkohol getrunken als auch Lyrica eingenommen zu haben. „Wenn ich einen normalen Kopf gehabt hätte, wäre ich nicht in dieses Haus gegangen.“
Fünf Tage sind für den Prozess angesetzt
Der dritte Angeklagte, T., schilderte die Nacht komplett anders. Die Initiative nach Stade zu fahren, sei von den beiden Mitangeklagten ausgegangen, so der 26-Jährige. Sie hätten ihn angerufen, er solle vorbeikommen, andernfalls würden sie ihn schlagen. A. wisse, wo in Stade reiche Leute lebten, berichtete er der Kammer. Die beiden seien größer und kräftiger als er und hätten ihn gezwungen, in das Haus zu gehen.
Der Vorsitzende Richter Marc-Sebastian Hase fragte nach, wieso gerade dieses Haus ausgesucht wurde. Dazu könne er nichts sagen, er kenne sich in Stade nicht aus, aber A. habe Freunde in der Stadt. Auf die Frage von Staatsanwältin Inken Vonnahme, wer die Waffe mitgebracht habe, sagte der 26-Jährige, dass es A. und S. gewesen seien. Für die Hauptverhandlung sind insgesamt fünf Tage angesetzt.
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