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Holk Festival

TRenegades Steel Orchestra: Diese Trommler ernten mehr als tosenden Applaus

Musiker und Publikum schwingen gemeinsam im Rhythmus die Arme

Nach der Pause holt die Steelband aus Trinidad und Tobago das Stadeum-Publikum mit karibischen Klängen von den Sitzen. Foto: Weselmann

Das Holk Festival wirbelt wieder Überraschendes auf Stades Kulturparkett. Warum es die Zuschauer am Dienstag auf die Bühne zog und was ein Obsthof mit dem Willkommen der Künstler zu tun hat.

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Von Fenna Weselmann
Mittwoch, 21.08.2024, 14:06 Uhr

Stade. Nach dem neuen Format zur Eröffnung sorgte das Stader Kulturfestival am Dienstagabend gleich für den nächsten Überraschungseffekt im Stadeum. Das Schleswig-Holstein Musik Festival (SHMF) war zu Gast beim Holk. Mit dem Renegade Steel Orchestra gab es klassische Ohrwürmer von Vivaldi, Schubert und Beethoven mal ohne Klavier, Streicher und Bläser zu hören.

Ihr Stahl schafft einen vollen Orchesterklang

Dafür hat das Ensemble aus Trinidad und Tobago reihenweise Stahltrommeln auf der Bühne versammelt. Einige sehen wie Ölfässer aus und erinnern an den Ursprung des in dem Inselstaat erfundenen Schlaginstruments. Wie mühelos die Renegades mit ihren Steel Drums einen vollen Orchesterklang erzeugen, ist wirklich ein Erlebnis. Deren Sound liegt irgendwo zwischen dem zart-schwebenden einer Handpan und dem wuchtig-erhabenen einer Kirchenorgel. Vivaldis „Jahreszeiten“, Schuberts „Ave Maria“ und Beethovens „Für Elise“ entlockt die Steelband so ganz neue Töne.

Zwischen den Instrumenten stehen lauter Zuschauer; der ein oder andere wagt es sogar, den Klang selbst auszutesten

In der Pause zog es etliche Zuschauer auf die Bühne, um die ungewöhnlichen Instrumente zu inspizieren. Foto: Weselmann

Wie bringen sie die einzelnen Stimmen der verschiedenen Streicher- und Bläsergruppen allein durch Trommeln zum Klingen? Diese Frage treibt wohl so manchen im Saal um. Die Neugier ist so groß, dass es in der Pause etliche Zuschauer auf die Bühne zieht, um die exotischen Instrumente zu inspizieren. Von den Sitzreihen aus sind die nach innen gewölbten Schlagflächen nur zu erahnen und die Schlegel wirbeln für das Publikum kaum sichtbar über das Blech.

Mit einem Dirigenten an der Spitze lässt das Renegades Steel Orchestra die Schlägel über das Stahl der Instrumente wirbeln.

In der ersten Hälfte trommelte das Renegades Steel Orchestra Vivaldi, Schubert und Beethoven - klassisch in schwarzen Anzügen und Kleidern. Foto: Weselmann

Nach der Pause stimmt die Steelband ganz andere Musik an. Schwarze Anzüge und Kleider haben sie gegen knallig orangefarbene T-Shirts eingetauscht. Hochkonzentrierte Mienen werden abgelöst von lässigem Klatschen, auf Vivaldis „Sommer“ folgt karibisches Urlaubsgefühl. Das braucht keinen Dirigenten mehr.

Das Stadeum-Publikum schwingt die Arme

Der Rhythmus von Calypso und Reggae geht sofort in die Reihen. Im Saal wippen die Beine und eine Dame hält es nicht mehr auf dem Stuhl. Sie steht auf und tanzt los, noch bevor die Band das Publikum zum Mitmachen animiert. Zu „DNA“ schwingen die Leute bereitwillig die Arme und Bob Marleys „No woman, no cry“ singen alle gemeinsam.

Der Saal liegt nicht wie bei anderen Veranstaltungen im Dunkeln. Die Trommler sehen die glücklichen Gesichter und ernten mit jedem Stück mehr Applaus und Bravo-Rufe. Als Finale treiben die Trommler den Konzertabend mit Ken Marlon Charles „First Experience“ zu einem ekstatischen Höhepunkt, dessen Energie die Menschen mit nach Hause nehmen.

Das Urteil aus dem Publikum: „Absolut irre!“

Mary Schmidt und ihr Mann Manfred sind extra aus Itzehoe nach Stade gereist, um das Renegades Steel Orchestra zu erleben. „Absolut irre! Das hat sich gelohnt“, sagt sie ganz beseelt und hat damit die Stimmung des Abends bestens ins Worte gefasst.

Im Hintergrund wurde einiges bewegt, damit sich die Künstler bei ihrem Auftritt umsorgt fühlen. Wichtiges Bindeglied war hier Dr. Katja Otter. Als Mitglied im SHMF-Beirat und Vorsitzende des Stadeum-Förderkreises holte sie dafür auch finanzielle Unterstützer ins Boot.

Der Abschiedsgruß ist fruchtig

Neben der Heidemann Unternehmensgruppe und dem Tax Ingenieurbüro Stefan Krause ist auch der Obsthof Ramdohr aus Hollern dabei. Der diente sogar schon als Aufführungsort für das Holk Festival. Mittendrin sind an diesem Abend Conrad Ramdohr und Theresa Braun vom Obstanbaubetrieb. Erst im Publikum und schließlich auf der Bühne.

Zusammen mit ihren Geschwistern Vincent Braun und Charlotte Ramdohr hatten die Jugendlichen bereits den Förderkreis-Mitgliedern beim Open Stadeum geholfen und auch das Willkommen der Renegades mit vorbereitet. In Sachen SHMF-Konzert wurde ihnen nämlich wieder eine Aufgabe zuteil.

Conrad Ramdohr und Theresa Braun gehen mit einem Korb voller Marmeladengläser die Reihe der Musiker ab

Für die Musiker gibt es ebenfalls eine Zugabe: Conrad Ramdohr und Theresa Braun verteilen Marmelade als Gruß vom Obsthof Ramdohr. Foto: Weselmann

So gab es am Ende nicht nur für das Publikum eine Zugabe. Unter tosendem Applaus bekamen die Musiker auf der Bühne noch Marmelade als fruchtigen Abschiedsgruß aus dem Alten Land überreicht.

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