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Hancken-Klinik

TRevolution in Stade: KI erkennt Brustkrebs besser als erfahrene Ärzte

In der Mammografie wird unter anderem auf Brustkrebs untersucht.

In der Mammografie wird unter anderem auf Brustkrebs untersucht. Foto: Hannibal Hanschke/dpa

Künstliche Intelligenz hebt die Brustkrebs-Früherkennung auf ein neues Level. Die Klinik Dr. Hancken spielt in dieser Entwicklung eine Schlüsselrolle.

Von Maren Reese-Winne Donnerstag, 27.02.2025, 19:15 Uhr

Stade. Künstliche Intelligenz (KI) drängt mit rasender Geschwindigkeit in alle Lebensbereiche vor. Das gilt auch für die Brustkrebs-Früherkennung. An der Forschung hierzu ist mit Dr. Thilo Töllner ein hierzulande seit Jahren bekannter Arzt beteiligt. Er ist schwer beeindruckt von den Leistungen, die die KI in der Auswertung von Mammografie-Aufnahmen erreicht - besser als ein Mensch.

Mit einer Quote von 98 Prozent sei die KI in der Lage, Auffälligkeiten im Brustgewebe zu erkennen. „Ein guter und erfahrener menschlicher Auswerter kommt auf etwa 95 Prozent“, erklärt Dr. Thilo Töllner von der Klinik Dr. Hancken in Stade, der seit Jahren das Mammografie-Screening als programmverantwortlicher Arzt begleitet.

Leistung der KI durch renommierte Studie bestätigt

Die KI kennzeichne auffällige Stellen als Hinweis für die Radiologen, die die Bilder der Reihenuntersuchung beurteilen. Nach wie vor werde jedes Bild durch zwei Ärztinnen oder Ärzte begutachtet, die KI bleibe eine Ergänzung, versichert der erfahrene Arzt. Aber eine gute, die die Auswertung „sehr schön“ beschleunige: „Und die KI lernt ständig noch dazu.“

Dr. Thilo Töllner von der Klinik Dr. Hancken war an der Studie zum Einsatz von KI in der Auswertung von Mammografie-Bildern aktiv beteiligt.

Dr. Thilo Töllner von der Klinik Dr. Hancken war an der Studie zum Einsatz von KI in der Auswertung von Mammografie-Bildern aktiv beteiligt. Foto: Schulz

Die Leistung der Künstlichen Intelligenz ist jüngst durch die weltweit beachtete PRAIM-Studie der Universität Lübeck, eine der größten Studien zur KI-gestützten Brustkrebsdiagnostik, bestätigt worden. Das Screening-Team der Klinik Dr. Hancken um Dr. Thilo Töllner war in Form einer Co-Autorenschaft aktiv daran beteiligt.

In der Studie wurden die Daten von mehr als 460.000 Frauen ausgewertet, die zwischen 2021 und 2023 an zwölf Standorten in Deutschland am Mammografie-Screening-Programm (MSP) teilgenommen hatten. Dabei wurde etwa die Hälfte der Aufnahmen mithilfe von KI ausgewertet, die andere Hälfte traditionell durch Doppelbefundung von Radiologinnen und Radiologen.

Ergebnis übertraf die Erwartungen

„Eigentlich wollten wir mit der Studie zeigen, dass die KI-Befundung der menschlichen Befundung gleichwertig ist“, erklärt Studienleiter Prof. Dr. Alexander Katalinic aus Lübeck in einer Pressemitteilung. „Doch die Ergebnisse haben uns positiv überrascht: KI verbessert die Brustkrebsentdeckungsrate sogar signifikant.“

Laut Studien konnten mit der KI unter 1000 Frauen 6,7 Brustkrebsfälle entdeckt werden; ohne KI waren es 5,7 Fälle. Zugleich komme es mit der KI zu etwas weniger falsch positiven Befunden. „Dabei liegt die Entscheidung, ob eine Frau zu weiteren Abklärungsuntersuchungen einbestellt werden soll, immer noch bei unseren Radiologinnen und Radiologen“, versichert das Team der Hancken-Klinik.

Deutsches Start-up überzeugte von Anfang an

Lobende Worte findet Dr. Töllner für das an der Studie beteiligte deutsche Start-up-Unternehmen Vara. Sein Team habe dieses seit der Gründung 2018/19 als Tester begleitet. Von Anfang an habe das Start-up mit einer sehr guten Programmierung und zuverlässigen Ergebnissen überzeugt.

Bislang komme die KI nur im Rahmen des Screenings zum Einsatz, jedoch werde die Ausweitung bereits vorbereitet: „Gegen Ende des Jahres sollten alle Mammografien bei uns KI-gestützt ausgewertet werden“, schätzt er.

Dr. Thilo Töllner ist begeistert von der Technik.

Dr. Thilo Töllner ist begeistert von der Technik. Foto: Reese-Winne

Einsatzmöglichkeiten erscheinen schier grenzenlos

In der Radiologie kündigten sich immer mehr Anwendungsmöglichkeiten für KI an: Sie werde von Anfang an beim Lungenkrebs-Screening zum Einsatz kommen und verspreche auch Unterstützung bei vielen anderen Verfahren.

Ob Verfassen von Arztbriefen, Beurteilung komplexer Laborwerte, Abwägung verschiedener Medikamente-Kombinationen - die Palette der Einsatzmöglichkeiten in der Medizin erscheint fast grenzenlos: „Ein ganz großes Thema, bei dem sich KI ganz normal in den Arbeitsablauf integrieren wird“, sagt Dr. Töllner voraus.

So läuft das Mammografie-Screening

Zum kostenlosen Mammografie-Screening werden alle Frauen zwischen 50 und 75 Jahren alle zwei Jahre eingeladen.

Zurzeit läuft die aktuelle Runde des Mammografie-Screenings in Cuxhaven. Nach dem Abschluss im Juni 2025 soll es ab Ende November 2025 weitergehen. In Hemmoor sind die nächsten Untersuchungen für die Zeit zwischen Juni und August 2026 geplant, in Freiburg für den September 2026, in Cadenberge zwischen Ende September und Ende Oktober 2026 und in Otterndorf für November und Dezember 2026.

Die Beteiligung in Cuxhaven sei mit 62 Prozent sehr gut. Töllner: „Etwa sechs von 1000 untersuchten Frauen haben tatsächlich ein Mamma-Ca (Brustkrebs). Der Anteil der gut zu behandelnden Vorstufen liegt bei 20 Prozent.“ Beide Werte entsprächen den Erwartungen.

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