Zähl Pixel
Hetzjagd

TDrei vermutete Wolfsangriffe in kurzer Zeit im Cuxland

Dieses Rind war in einen Graben gehetzt und dort angefressen worden.

Dieses Rind war in einen Graben gehetzt und dort angefressen worden. Foto: Philipp Schulze/dpa

In den Sommermonaten eher ruhig, häufen sich jetzt wieder die Meldungen. Es gibt tote Schafe, ein angebissenes Rind - und Tierhalter vor der Aufgabe.

Von Otto Baur und Jan Iven Dienstag, 20.08.2024, 17:08 Uhr

Uthlede/Flögeln. Diese Hetzjagd endete tödlich: Wieder hat es eine Attacke auf der Weide von Heiko Effe in Uthlede im Kreis Cuxhaven gegeben. Das Rind war vom Schwanz bis zum Beckenknochen angefressen und so schwer verletzt, dass es eingeschläfert werden musste. „Die Wölfe machen sich bei größeren Tieren gar nicht mehr die Mühe, die Rinder anzugreifen, sondern sie hetzen sie, bis sie in einem Graben stecken bleiben und dann leichte Beute sind“, hat Effe festgestellt. „Beim üblichen Kehlbiss müssten sie eine Abwehr durch die Beine der Rinder befürchten“.

Bereits im letzten Herbst hatte es auf dem Betrieb der Effes einen Wolfsangriff gegeben. Da haben Heiko Effe und sein Sohn Jonathan zwei Wölfe sogar „auf frischer Tat“ ertappt. „Die kamen sogar zuerst noch auf uns zu, bevor sie dann langsam davontrollten“, berichtet Effe.

Dieses Rind war in einen Graben gehetzt und dort angefressen worden.

Dieses Rind war in einen Graben gehetzt und dort angefressen worden. Foto: Baur

Wolfsangriffe: Landwirt fordert anderen Umgang

Er betreibt seit 2000 Biolandwirtschaft. Dabei ist es sogar vorgeschrieben, dass die Rinder auf die Weide müssen. Um seine Flächen einzuzäunen, bräuchte der Landwirt fast zehn Kilometer Material.

Ein Wolfsberater hat den Fall mit einem Tablet aufgenommen. „Letztes Mal musste noch 15 Seiten Formulare ausfüllen“, so Effe, der sich vor allem eines fragt: „Was muss noch alles passieren, dass sich im Umgang mit dem Wolf etwas ändert?“

Zwei Angriffe auf Schafe in Flögeln

Entsetzen auch bei Erich Mangels aus Flögeln. „Jetzt ist der Bock auch noch verendet“, schimpft der 71-Jährige. Gerade wollte er nach seinen überlebenden Schafen schauen. Doch nun liegt plötzlich ein weiteres Tier tot in der Ecke. Es ist das fünfte Opfer der jüngsten Angriffe.

Gleich zweimal wurde seine Herde in der vergangenen Woche heimgesucht. Mangels geht davon aus, dass seine Tiere von Wölfen angriffen wurden. Ein DNA-Abstrich wird derzeit noch von der Landwirtschaftskammer untersucht. Erst vor zehn Tagen hatte Mangels drei tote Schafe auf seiner Weide gefunden. Am vergangenen Wochenende wurde nun noch ein Tier getötet. Drei Tage nach dem Angriff starb ein weiterer Bock im Stall, möglicherweise an inneren Verletzungen.

In diesem Graben hat Erich Mangels aus Flögeln seine toten und verletzten Schafe gefunden, die mutmaßlich vom Wolf gerissen wurden.

In diesem Graben hat Erich Mangels aus Flögeln seine toten und verletzten Schafe gefunden, die mutmaßlich vom Wolf gerissen wurden. Foto: Iven

„Wir waren davon ausgegangen, dass der Bock durchkommt“, sagt der Rentner. Sichtbare Verletzungen hatte das Tier nicht davongetragen. Mangels hatte den Bock völlig abgehetzt in einem Schuppen entdeckt. Nun hat er es doch nicht mehr geschafft.

Mangels ist ratlos. „Ich schlafe bei offenem Fenster und habe trotzdem nichts mitbekommen“, sagt er. Dabei wurden die Schafe keine 100 Meter von seinem Haus entfernt getötet. Er schläft schlecht, weil er sich Sorgen um seine verbleibenden elf Tiere macht. Einen Teil der Herde hat er bei einem Bekannten in Sicherheit gebracht. „Und meine Enkelkinder leben auch noch hier“, sagt der gelernte Pfleger besorgt.

Mittlerweile hat er ein Stück weit resigniert. „Ich weiß gar nicht, ob ich überhaupt noch Schafe halten will“, sagt er. Derzeit hat er viele schlaflose Nächte. Und er sei mit 71 Jahren auch nicht mehr der Jüngste. Die Schafe würden eine Menge Arbeit machen. Sie helfen aber auch, die Wiesen kurzzuhalten.

Politisch will Mangels gar keine großen Forderungen stellen. „So kann es mit den Wölfen aber nicht weitergehen“, sagt er. Es ist kein Geheimnis in der Region, dass er sich bei den Grünen engagiert – ausgerechnet, mag manch einer denken.

Auf der anderen Seite war es der grüne Umweltminister Christian Meyer, der sich für einen Schnellabschuss von Wölfen starkgemacht hat, der von der grünen Bundesumweltministerin Steffi Lemke umgesetzt wurde. Die Fronten verlaufen beim Thema Wolf nicht mehr so eindeutig, wie man vielleicht denken würde.

Diese Wolfsrisse gab es in der Vergangenheit in Flögeln

Der letzte große Wolfsriss bei Flögeln wurde im Frühjahr 2022 nachgewiesen. Damals wurden 18 Schafe getötet. Der Angriff konnte vom Wolfsmonitoring des Landes einem männlichen Wolf mit der genetischen Kennung GW2593m nachgewiesen werden. Weitere Risse durch diesen Wolf wurden nicht bekannt.

Im November 2014 wurde in Flögeln ein Rind getötet. Allerdings konnte nicht ermittelt werden, ob ein Wolf dafür verantwortlich war. Im Februar 2013 wurden fünf Schafe von einem weiblichen Wolf mit der Kennung GW203f getötet und drei weitere verletzt. Der Wölfin konnten bis 2016 sieben weitere Risse in Wanna, Stinstedt und Lamstedt zugeordnet werden.

Warten auf einen wolfssicheren Zaun

Bittere Ironie: Vor drei Monaten hat Erich Mangels Fördermittel für einen Wolfsschutzzaun beantragt. Allerdings nur für eine benachbarte Weide, auf der Pferde stehen. „Ich kann nicht alle Flächen wolfssicher machen. Das sind einfach zu viele“, sagt er. Und für elf Schafe lohnt sich die Anschaffung nicht. Auf eine Zusage für die Förderung des Wolfsschutzzauns wartet er bis heute. (bau/bal)

Weitere Artikel