Zähl Pixel
Ruhestand

TRotenburgs Polizeisprecher verabschiedet sich – Viele fordernde Einsätze

Heiner van der Werp verabschiedet sich als Sprecher der Rotenburger Polizei. Er geht in den Ruhestand.

Heiner van der Werp verabschiedet sich als Sprecher der Rotenburger Polizei. Er geht in den Ruhestand. Foto: Krüger

Zwölf Jahre war Heiner van der Werp als Pressesprecher Gesicht und Stimme der Polizeiinspektion Rotenburg. Mit 62 Jahren geht er nun in den Ruhestand. Es ist das Ende eines Abenteuers.

Von Michael Krüger Freitag, 29.11.2024, 11:00 Uhr

Rotenburg. Fünf Mark haben alles verändert. An diesem Herbstabend im Jahr 1987 schnappt Heiner van der Werp zu. Der junge Polizeibeamte ist auf Streifentour, ein Auto fällt in der Nacht auf. Eine junge Frau fährt, sie kommt aus der Disco Padam in Riepe. Sie hat keinen Führerschein dabei. Irgendwie gefällt sie dem Ordnungshüter, aber er ist gnadenlos. „Ich habe sie verhaftet, das kann man so sagen“, scherzt Heiner van der Werp heute. Am Steuer saß Andrea. Drei Jahre später haben sie geheiratet.

Seine Frau kommt an diesem Freitagvormittag zu seiner Verabschiedung, ob sie ihm die Kontrolle heute noch übel nimmt, ist unbekannt. Fünf Mark Strafe musste sie damals zahlen.

Es sind Anekdoten wie diese, die van der Werp in seinem fast leeren Büro in der Rotenburger Polizeizentrale in der trockenen und ruhigen Art eines gebürtigen Ostfriesen stundenlang erzählen könnte. Viele Geschichten zumindest aus seinem Berufsleben werden allerdings nicht mehr hinzukommen, denn jetzt ist Schluss. Heiner van der Werp geht am Freitag mit 62 Jahren in den Ruhestand – nach spannenden Stationen im Polizeidienst und zwölf abschließenden Jahren als Pressesprecher der Inspektion mit ihren 360 Mitarbeitern an 14 Standorten.

Start in einer politisch aufgeheizten Zeit

„Ich habe das Abenteuer gesucht“, blickt van der Werp zurück auf sich, den Abiturienten aus Esens (Landkreis Wittmund). Der hatte zwar hauptsächlich Fußball im Kopf, orientierte sich aber schon früh. „Ich wollte einen abwechslungsreichen, spannenden Beruf.“ Anfang der 1980er Jahre ist das, das politische Klima ist durchaus aufgeheizt in der Bundesrepublik in dieser Zeit. Anti-Atom-Demos, Protest gegen die Aufrüstung. „Viele Freunde haben gegen den Nato-Doppelbeschluss demonstriert, ich war beim Fußball“, sagt van der Werp.

Bei einer Tante verbringt er viele Sommerferien in Bremen, dort sieht er das Inserat der Polizei Bremen, die Nachwuchs sucht. Schon vor dem Abi hat er den Job in der Tasche, wechselt dann aber doch noch das Bundesland: In Niedersachsen kann er gleich eine Ausbildung für den gehobenen Dienst beginnen. Nach dem Polizeistudium und praktischer Ausbildung in Osnabrück, Oldenburg, Braunschweig und Hildesheim hospitiert er unter anderem in Scheeßel und bei der Kripo in Verden. Mit 22 wird van der Werp Dienstschichtleiter in Rotenburg.

Sein Versetzungsgesuch hat er nie abgegeben

„Ich bin das Schwarze Schaf der Familie“, sagt er augenzwinkernd. Einen Polizisten habe es zuvor nicht gegeben bei den van der Werps. Die Polizei wird seine berufliche Heimat, Rotenburg dazu. Seine Frau ist Erzieherin, sie leitet heute das Montessori-Kinderhaus, über einen Umzug in die alte Heimat an die Küste wird mal diskutiert, aber schnell wieder verworfen. Ein Versetzungsgesuch hat van der Werp mal geschrieben, es aber nie abgegeben. 1992 wird die Tochter geboren, die Familie hat in Unterstedt ihr Zuhause gefunden.

Heiner van der Werp wird Verkehrssicherheitsberater, lässt sich im „Nebenjob“ als Verhandlungsführer ausbilden. Als 2007 im China-Restaurant „Lin Yue“ sieben Menschen erschossen werden, betreut er die Familie der Hinterbliebenen, auch bei den Kindermorden der Soko Felix ist er involviert. Schon bei den Castor-Transporten nach Gorleben übernimmt er Pressearbeit, nach einer Zwischenstation als Leiter der Scheeßeler Wache beerbt er Detlev Kaldinski Ende 2012 als offizieller Pressesprecher der Polizeiinspektion.

Schwieriges Spiel zwischen Ermittlern und Öffentlichkeit

Zwölf Jahre bleibt er Gesicht und Stimme, wenn es um die Öffentlichkeitsarbeit geht. „Zum richtigen Zeitpunkt hat sich immer eine Tür geöffnet“, freut sich van der Werp über seine Arbeit rückblickend. Dabei steht er als Pressesprecher viele Jahre nicht nur im Fokus der kritischen Berichterstattung, sondern muss sich auch intern behaupten. „Skepsis ist durchaus vorhanden“, weiß er, wenn es darum geht, Ermittlungen transparent zu machen. Da sei heute vielleicht anders als zu seiner Anfangszeit, doch: „Es ist ein schwieriges Spiel zwischen Ermittlern und Öffentlichkeit.“

Gerade in diesem Jahr wird das noch einmal deutlich. Erst die vier Morde in Westervesede und Brockel, die ein Soldat begangen haben soll, dann die große Suche mit traurigem Ende nach dem vermissten Arian rund um Bremervörde. Die Polizei muss in beiden Fällen aus unterschiedlichen Gründen Kritik aushalten. Da gerät auch ein Pressesprecher an seine Grenzen: „Polizei ist meine berufliche Familie, die gilt es, ein Stück weit zu schützen.“

Einmal auch hat sich van der Werp „richtig verplappert“, wie er sagt. Als vor sechs Jahren in Bülstedt ein Wolf einen Mann an einem Friedhof angegriffen haben soll, vergisst er etwas: „Da fehlte in der Mitteilung das Wort mutmaßlich.“ Seine Frau hatte ihn noch darauf hingewiesen, doch in der Eile der Zeit stand die Polizeimeldung. Zunächst ist sich van der Werp der Tragweite nicht bewusst, aber die Schlagzeilen stehen natürlich schnell: Es wäre der erste Wolfsangriff auf einen Menschen in Deutschland seit vielen Jahrzehnten gewesen. Am Ende stellt sich raus: Es war kein Wolf. Van der Werp: „Da habe ich Lehrgeld bezahlt.“ Für Öffentlichkeitsarbeit brauche man ein „dickes Fell“.

Sein Nachfolger steht bereits fest

Nun aber kommt auf den frisch gebackenen Großvater van der Werp ein neues Abenteuer zu. „Ich werde Hausmann“, sagt er mit einem breiten Grinsen im Gesicht. Aber er ist auch einer, der noch viel vorhat. Urlaub an der Nordsee, und dann nächstes Jahr mit dem E-Bike auf „Pilgerreise“: von Unterstedt nach Garmisch-Partenkirchen, 18 Etappen.

Marvin Teschke (li.) übernimmt das Amt des Pressesprechers der Polizeiinspektion Rotenburg von Heiner van der Werp.

Marvin Teschke (li.) übernimmt das Amt des Pressesprechers der Polizeiinspektion Rotenburg von Heiner van der Werp. Foto: Polizei

Auch in der Heimat will van der Werp weiter in Erscheinung treten. Eher nicht wie sein Vorgänger in der Lokalpolitik, wohl aber in Vereinen oder sozialen Bereichen. „Ich möchte mich da einbringen, wo ich helfen kann.“ Wo, sei noch offen.

Klar ist bereits seine Nachfolge als Polizeisprecher: Kommissar Marvin Teschke folgt, der ihn auch zuletzt schon des Öfteren vertreten hat. Der 31-Jährige ist derzeit im Einsatz- und Streifendienst in Rotenburg tätig. Zuvor war Teschke bei der Autobahnpolizei und der Polizeistation in Sittensen und beim Polizeikommissariat Zeven. Erfahrung im Bereich Öffentlichkeitsarbeit durfte Teschke bereits als Vertreter des Polizeisprechers sammeln. (RK/oer/set)

Weitere Artikel