TSchauspieler Joshy Peters: „Meine Mutter war mir wichtiger als Hollywood“

In der NDR-Reihe „Nord bei Nordwest“ spielt Joshy Peters den Kriminaltechniker Puttkammer. Foto: NDR/Gordon Timpen
Er ist ein bekanntes TV-Gesicht und Publikumsliebling bei den Karl-May-Spielen. Im Interview spricht Joshy Peters über einen wegweisenden Zusammenbruch und verrät, warum er aus Liebe zu seiner Mutter auf die Chance einer Hollywood-Karriere verzichtete.
Hamburg. TAGEBLATT: Herr Peters, Sie leben mitten in Hamburg und doch im Grünen – im Niendorfer Gehege. Wie sind Sie in dieser kleinen Stadt-Oase gelandet?
Joshy Peters: Es ist sogar die Oase meiner Kindheit. Mein Bruder Stephan und ich sind mit dem Fahrrad aus Eidelstedt ins Gehege gefahren, haben Cowboy und Indianer gespielt und Baumhäuser gebaut. Es war unser Abenteuerspielplatz und ist Teil meines Lebens. Als ich vor zehn Jahren über ein Inserat mit der Wohnung stolperte, ich der ich jetzt lebe, bin ich zum Telefon gehechtet. Bei der Besichtigung verließ mich allerdings erst mal der Mut …
Warum das?
Es waren eine Menge Leute da, und die Maklerin meinte, Schauspieler und Musiker hätten schlechte Karten, man hatte wohl unschöne Erfahrungen gemacht. Ich sagte traurig: „Dann kann ich ja gleich wieder gehen, dabei möchte ich hier nie wieder weg …“
Und?
Und schon am nächsten Tag kam der Anruf – ich hatte den Zuschlag.
Davon profitieren heute auch Ihre Kinder, oder?
Ja, meine Töchter haben eine Reitbeteiligung auf einem Hof hier gleich um die Ecke, mit einem ganz wunderbaren Café. Sie trainieren außerdem im Klövensteen, aber hier können sie ihre Runden drehen, so oft sie wollen, das ist großartig.
Man sieht auch Sie jedes Jahr hoch zu Ross – bei den Karl-May-Spielen in Bad Segeberg. Liegt Ihnen das Reiten im Blut?
Unbedingt. Mein Vater war ein passionierter Reiter, so bin ich schon als kleiner Junge mit Pferden in Kontakt gekommen.
Hat das den Einstieg bei den Karl-May-Spielen erleichtert?
Allerdings! 1987 drehte ich mit Heidi Kabel in Hamburg, als ein Kollege mich darauf ansprach, dass die Karl-May-Spiele einen neuen Old Shatterhand suchten und ich doch super auf die Rolle passen würde. Ich hatte bis dahin keinerlei Verbindung zum Kalkberg, meine Eltern sind nie mit uns hingefahren, was ich nachträglich natürlich bedauere. Tatsächlich gab es tags darauf ein Gespräch mit dem damaligen Intendanten und Winnetou-Darsteller Klaus-Hagen Latwesen im Hamburger Funkeck. Er hatte den Vertrag schon dabei und als er meinte, ich müsste vier Monate lang im Sattel sitzen, bin ich fast über den Tisch gesprungen, um zu unterschreiben.
Wie ist es Ihnen dann im „Wilden Westen“ ergangen?
Es war nicht so, dass die Liebe sofort entflammte. Das erste Jahr dort war überschattet von der Nachricht, dass für die nächste Saison Pierre Brice verpflichtet worden war. Klaus-Hagen Latwesen war ein wenig eitel und kam damit nicht so gut klar, das spürte man natürlich. Es war trotzdem ein toller Sommer.
... auf den später viele, viele weitere folgen sollten.
Oh ja. 1992 wurde ich wieder angefragt und lernte den heutigen Regisseur Nicolas König kennen, der damals zum ersten Mal zum Ensemble gehörte. Wir konnten uns anfangs nicht besonders gut leiden. Um uns besser kennenzulernen, bezogen wir gemeinsam einen Wohnwagen hinter der Bühne. Es hätte auch schiefgehen können, stattdessen wurde es eine Freundschaft fürs Leben.
Sie sind in der Saison 2025 zum 31. Mal dabei. Was macht das mit Ihnen?
Es macht mich vor allem dankbar. Das Spielen, die körperliche Herausforderung, die Kollegen, das Freilichttheater – es passt einfach alles zusammen und ist einmalig auf dieser Welt. Ich kann mir ein Leben ohne die Karl-May-Spiele nicht mehr vorstellen.
Können Sie denn schon verraten, welche Rolle Sie 2025 spielen?
Nein, leider nicht. Der aktuelle Regisseur ist ja auch sehr speziell (lacht).
Im TV spielen Sie den Kriminaltechniker Puttkammer in „Nord bei Nordwest“. Kann man diese Arbeit überhaupt mit der in Bad Segeberg vergleichen?
Auf eine Art schon: Auch am Set von „Nord bei Nordwest“ geht es sehr familiär zu, wir gehen behutsam und freundlich miteinander um. Die Bücher sind wunderbar und die Kollegen toll. Heute läuft vieles in der Branche doch sehr geschäftsmäßig ab, das ist dort zum Glück anders.
Was macht Nord-Krimis Ihrer Meinung nach so erfolgreich?
Ich kann nur für „Nord bei Nordwest“ sprechen, weil ich selber gar nicht so viel fernsehe. Es sind sicher die starken Protagonisten, der feinsinnige Humor, die Ruhe der Erzählung und die Landschaften dazu. Es ist entspannt und offen – und man wird nicht erzogen.
Wie wichtig ist Ihnen Humor?
Sehr wichtig. Man sollte alles mit Humor betrachten und auch über sich lachen können.
Hilft diese Einstellung in einer doch eher unsicheren Branche wie der Schauspielerei?
Schon, aber noch wichtiger ist, dass man das tut, was man auch tun will.
Wann war Ihnen klar, was Sie machen wollen?
Das hat gedauert. Ich hatte mich nach dem Abitur an der medizinischen Fakultät an der Uni Hannover eingeschrieben, musste allerdings drei Wartesemester überbrücken. Da habe ich mir einen Kindheitstraum erfüllt. Ich habe einen Decksmannschein erworben und bin zur See gefahren, mit einem Stückgutfrachter war ich unter anderem in Westafrika und in Kanada. Das Studium habe ich danach angetreten. Bis zum Physikum habe ich es geschafft, dann bin ich in der Straßenbahn in Hannover umgekippt.
Was war passiert?
Ich bin mit vielen Dingen nicht klargekommen. Ich habe viele Nachtschichten gemacht, weil ich kein Geld von meinem autoritären Vater annehmen wollte. Er forderte für alles, was er tat, eine Gegenleistung ein. Da gab es immer nur Druck, in jungen Jahren auch regelmäßig Schläge. Darum habe ich auch von Kindesbeinen an immer nebenbei gejobbt, um mich unabhängig zu machen, auf dem Friedhof, als Model, auf dem Bau. Aber als Student im Krankenhaus habe ich viel mit sogenannten Abgängen zu tun gehabt. Sprich, ich habe nachts Händchen gehalten, und am nächsten Morgen waren diese Menschen tot. Ich konnte das irgendwann nicht mehr.
Haben Sie sich sozusagen in die Schauspielerei gerettet?
Zunächst einmal habe ich mich in Hamburg an der Musikhochschule eingeschrieben und angefangen, Schlagzeug zu studieren. Als Kinder mussten mein Bruder und ich Klavierspielen lernen, über die Gitarre bin ich dann zum Schlagzeug gekommen …
… aber immer noch nicht zum Schauspiel.
Mit der Digitalisierung des Schlagzeugsounds ging die Job-Angst unter den Drummern um. Zu der Zeit gab es ein gemeinsames Projekt von Musik- und Schauspielschule, an dem ich teilnahm. Da hatte ich die Gelegenheit, die Seiten zu wechseln. Es fiel mir nicht schwer, ich hatte schon als Kind mit meinem Bruder kleine Aufführungen gegeben.
Ihr Bruder spielt eine große Rolle in ihrem Leben?
Er ist leider vor zwei Jahren gestorben. Er war ein begnadeter Grafiker, den die Hochschule für Bildende Künste nach Ansicht seiner Arbeitsproben ablehnte, mit der Begründung, man könne ihm nichts beibringen, er beherrsche schon alles. Er ist dann in die USA gegangen und hat dort ein wildes, wundervolles Leben gelebt.
Haben Sie einen persönlichen Bezug zum „Wilden Westen“, also Amerika?
Ja, ich habe meinen Bruder oft in Idaho besucht und hatte viele Jahre eine kleine Wohnung in Los Angeles. Meine Freundin hat die Wohnung in meiner Abwesenheit an Filmteams vermietet, ich musste mich also immer anmelden, aber dann hatte ich eine Bleibe. Ich war kurz davor, meinem Bruder in die Staaten zu folgen.
Aber?
Meine Mutter wäre daran zerbrochen. Sie hätte es nicht verkraftet, wenn beide Söhne gegangen wären. Also sagte ich: „Mach‘ dir keine Sorgen, ich bleibe bei dir.“
Haben Sie das je bereut?
Nur kurzzeitig. Beim Vater der besagten Freundin handelt es sich um Willi Baer, der unter anderem Filme für Wolfgang Emmerich und Clint Eastwood produziert hat. Ich hätte nach Hollywood gehen und drei Filme für ihn machen können. Die Versuchung war natürlich groß, es war ein Angebot auf dem Silbertablett, aber ich denke, am Ende wäre diese Scheinwelt auch nichts für mich gewesen. Das ging schon damit los, dass ich mir hätte die Zähne machen lassen müssen (lacht). Also bin ich in L.A. lieber surfen gegangen.
Was bedeutet Familie heute für Sie?
Sie ist das Wichtigste überhaupt. Ich baue mein ganzes Leben um meine Kinder herum.
Zur Person: Klavier, Hagenbeck und Kalkberg
Wolf Joachim, von klein auf genannt Joshy Peters, wurde am 11. September 1957 in Hamburg geboren und wuchs als Sohn eines Juristen und einer Lehrerin mit seinem Bruder im Stadtteil Eidelstedt auf. Auf Wunsch der Eltern lernte er Klavierspielen, später kamen Gitarre und Schlagzeug hinzu. Ein Medizinstudium brach er ab und wechselte an die Musikhochschule, später an die Schauspielschule, nebenbei modelte er. Es folgten Engagements am Theater und im TV („Unsere Hagenbecks“, „Großstadtrevier“). Bekannt wurde Peters vor allem durch Dutzende Rollen bei den Karl-May-Spielen in Bad Segeberg („Old Shatterhand“, „Santer“), wo er erstmals 1987 auftrat und nach mittlerweile mehr als 2000 Shows auch 2025 wieder unter Vertrag steht. Seit 2014 gehört Joshy Peters zum Cast der NDR-Krimi-Reihe „Nord bei Nordwest“, zudem arbeitet er als Synchronsprecher („Yellowstone“). Der begeisterte Surfer lebt mit seinen beiden Töchtern und dem jüngeren Sohn in Hamburg-Niendorf.
Persönlich: Wasser und Western
In Hamburg bin ich am liebsten... überall da, wo Wasser ist.
Ich mag Menschen,... die nordisch by nature sind.
Zwischen Franz- und Fischbrötchen... entscheide ich mich ganz klar für das Fischbrötchen.
Einmal gern mitspielen würde ich... in einem Western-Film.
Mich ärgert... Dummheit.
Lachen kann ich über... mich selbst. Letztens habe ich mich einen halben Tag lang gar nicht mehr eingekriegt.