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Krebs

TSchockdiagnose Leukämie: Doch Zwillingsmädchen ist eine „kleine Kämpferin“

Katharina ist ein Stehaufmännchen, sagt ihre Mutter.

Katharina ist ein Stehaufmännchen, sagt ihre Mutter. Foto: Krabbenhoeft

Sie sei ein „Stehaufmännchen“, sagt ihre Mutter. Katharina wird aufgrund von Leukämie behandelt. Als Hochrisikopatientin bekommt die Siebenjährige eine neuartige Immuntherapie.

Von Sabrina Krabbenhoeft Freitag, 18.04.2025, 08:00 Uhr

Nordenham. Der Verein „Fussel“, Hilfe für krebskranke Kinder, lud in diesem Jahr zum 26. Mal mehrere Familien für eine Woche nach Tossens in den Center Parc ein. Unter den neun Familien aus Wilhelmshaven, Vechta, Oldenburg und Hannover sind Christina und Dominik mit ihren Töchtern Johanna und Katharina. Die Kinder sind zweieiige Zwillinge. Katharina kam mit Downsyndrom zur Welt. Im März des vergangenen Jahres wird bei der Siebenjährigen eine akute lymphatische Leukämie diagnostiziert.

Es beginnt mit Verstopfungen. Katharina kommt morgens nicht aus dem Bett. „So ist sie eigentlich nicht. Sie wird wach und steht auf“, sagt ihre Mutter. Beim Arzt wird das Kind rundum untersucht. Dabei fällt die niedrige Sauerstoffkonzentration im Blut auf. Wenig später erhält die Familie einen Anruf - sie soll sofort ihre Taschen packen und ins Krankenhaus kommen.

„Normalerweise liegen die Heilungschancen bei dieser Form der Leukämie bei 90 Prozent. Katharina bekam eine schlechtere Prognose, weil sie das Downsyndrom hat“, erzählt Christina. Menschen mit Trisomie 21 haben generell ein höheres Risiko an Diabetes, Infektionen und Leukämie zu erkranken.

Die Mutter verbringt Wochen im Krankenhaus am Bett ihrer Tochter

Die Ärzte gehen von einer Behandlungszeit von einem halben Jahr aus. Wiedererwarten ist die Zahl der Leukämiezellen sehr hoch und der Körper reagiert nur schwach auf die Chemo. Die Intensiv-Therapie wird auf zehn Monate angesetzt.

„Katharina landete zweimal mit Herzrasen und Atemnot auf der Intensivstation. Wir dachten, wir müssten uns von ihr verabschieden. Aber sie ist eine kleine Kämpferin und es wurde wieder besser“, sagt ihre Mutter.

Christina verbringt wochenlang im Krankenhaus am Bett ihrer Tochter. Katharina muss zunächst für die konstante Versorgung mit Sauerstoff über einen Schlauch im Zimmer bleiben. Zusätzlich fängt sie sich einen Erkältungsvirus ein. Um das Immunsystem nicht zu strapazieren, darf sie auch nicht an anderen Aktivitäten teilnehmen.

„Von zehn Monaten verbrachten wir acht im Krankenhaus. Es gab dort nichts zu tun, außer ihre Windeln zu wechseln und sie zu füttern. Ich habe oft gedacht, ich kann nicht mehr“, sagt die 47-Jährige. Die Arbeitgeber des Paares sind sehr entgegenkommend. Dominik kann im Homeoffice arbeiten, Christina reduziert ihre Stundenzahl.

Katharina wird mit einer neuartigen Immuntherapie behandelt

Als die Ärzte Katharina eine Magensonde einsetzen, um Essen und Medikamente leichter verabreichen zu können, stellt das Kind die Nahrungsaufnahme ein und bekommt außerdem eine Schleimhautentzündung. Irgendwann streikt auch Johanna, die Zwillingsschwester. „In solchen Ausnahmesituationen ist die Gefahr groß, dass das gesunde Kind zu wenig Aufmerksamkeit bekommt und darunter leidet“, erklärt Heiner Westphal. Der Gründer des Vereins „Fussel“ hat in den vergangenen Jahren viele solcher Geschichten gehört.

Leukämie-Patienten, die wie Katharina im Hochrisikobereich eingestuft sind, bekommen laut medizinischem Plan drei Blöcke Chemotherapie. Da das Mädchen kein großes Lungenvolumen hat und die Medikamente ein hohes Risiko auf Folgeerkrankungen mit sich bringen, wird ihr eine neu entwickelte Immuntherapie zuteil. Ende Dezember endet die Intensiv-Therapie.

Als die Einladung nach Tossens kam, dachten sie, es sei ein Fake

Zunächst zweifeln die Ärzte, ob das Kind ein Leben ohne künstliche Sauerstoffversorgung führen kann. Doch diesmal hat Katharina Glück. Heute trägt sie nur noch einen implantierten Port im Brustkorb. Über den werden ihr Medikamente zur Erhaltung des erreichten Zustandes zugeführt. „Das ist schwer für sie. Die Haut über dem Port wächst jedes Mal zu und muss wieder durchstochen werden. Sie kennt die Prozedur und hat Angst vor den Schmerzen“, sagt Christina.

Von links: Heiner Westphal vom Verein „Fussel“ mit Dominik, Johanna, Katharina und Christina. Für die Familie ist der Aufenthalt in Tossens eine Erholung.

Von links: Heiner Westphal vom Verein „Fussel“ mit Dominik, Johanna, Katharina und Christina. Für die Familie ist der Aufenthalt in Tossens eine Erholung. Foto: Krabbenhoeft

Im März 2025 ist die Therapie nach zwei Jahren regulär abgeschlossen worden. Es folgen regelmäßige Kontrolluntersuchungen. Nach fünf Jahren ohne Rückfall gehen die Ärzte davon aus, dass der Patient die Krankheit überstanden hat.

„Wir mussten unser Leben ziemlich umstellen. Aber solange die Krankheit nicht wiederkommt, ist uns das alles egal“, sagen die Eltern. Als sie eine Mail mit der Einladung nach Tossens bekommen, denken sie zuerst an einen Fake. Umso dankbarer sind sie, dass sie die Zeit zusammen mit ihren Kindern an der Nordsee verbringen dürfen.

Wer den Verein Fussel finanziell unterstützen möchte, kann auf folgendes Konto spenden: Raiffeisenbank-Volksbank, IBAN: DE63 2826 2673 2420 0000 00. Weitere Informationen gibt es unter: fussel-nordenham.de.

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