TSchrauber der Zukunft: Das macht ein Hochvolt-Mechatroniker

Hochvoltexperte Lukas Bonacker hat seine Ausbildung beim Tarmstedter Autohaus Warncke zum Kfz-Mechatroniker Schwerpunkt Hochvolt- und Systemtechnik für Personenkraftwagen gemacht. Foto: Harscher
Entspannt arbeiten, für Lukas Bonacker und seine Kollegen ist das kein Wunsch, sondern überlebenswichtig: Die Fahrzeuge, an denen sie arbeiten, laufen mit Strom - und brauchen Hochvoltexperten.
Tarmstedt. Lukas Bonacker ist einer von zehn ausgebildeten Hochvolt-Mechatronikern im Autohaus Warncke. Er und seine Kolleginnen und Kollegen arbeiten also auch an Fahrzeugen, die Strom „tanken“ statt Benzin. Für die Ausbildung bedeutet das spezielles Fachwissen.
Deutschland will weg von Verbrenner-Fahrzeugen, wie konsequent und schnell, das wird sich noch zeigen. Fest steht in jedem Fall, dass neue Antriebe besonderes Wissen und besondere Fähigkeiten verlangen.
Frühe Investitionen in zukunftsfähige Berufe
In Tarmstedt haben die Brüder Wolf und Peter Warncke deshalb früh auf die Ausbildung von „Schraubern der Zukunft“ gesetzt. Auch, wenn das zu Beginn das Überwinden bürokratischer Hürden und hohe Investitionen bedeutete.
Seit 2017 bildet das Tarmstedter Autohaus diese Experten aus: Kfz-Mechatroniker Schwerpunkt Hochvolt- und Systemtechnik für Personenkraftwagen.
Ausbildung und Spezialisierung in Zeven und Stade
Neben den Gesellinnen und Gesellen steht auch der Hochvolt-Nachwuchs in den Startlöchern: acht Männer und zwei Frauen absolvieren dort aktuell ihre Ausbildung.

Lukas Bonacker mit Schutzausrüstung: Für Arbeiten an Hochvolt-Batterien ist spezielle Schutzkleidung erforderlich. Foto: Privat
Dreieinhalb Jahre dauert die Ausbildung der Kfz-Mechatroniker, die im Betrieb und in der Berufsschule in Zeven stattfindet. Wer sich über die klassische Ausbildung hinaus zum Hochvoltexperten spezialisieren möchte, besucht zusätzliche Lehrgänge. „Während der Ausbildung besuchen sie zehn Lehrgänge über jeweils eine Woche in Stade. Davon einige, die genau auf das Thema Hochvolt- und Systemtechnik abzielen“, sagt Serviceleiter Matthias Gerdes. Zudem werden diese angehenden Hochvoltexperten auch in der Werkstatt ihrer Spezialisierung gemäß verstärkt eingesetzt.
Interesse und handwerkliches Geschick gefragt
Wichtigste Voraussetzung für die Ausbildung ist das Interesse, sagt Gerdes: „Ein Realschulabschluss ist nicht zwingend erforderlich. Du musst die richtige Überzeugung haben und du musst überzeugt sein, dass das jetzt dazu gehört.“
Gleichwohl gehöre handwerkliches Geschick dazu, schiebt Gerdes nach und Wolf Warncke ergänzt: „Die Arbeit an E-Fahrzeugen erfordert zudem abstraktes Denken und technisches Verständnis, denn es geht mehr in die Theorie und ist nicht so mechanisch.“
Laptop als Werkzeug für die Mechatroniker
Theorie und Digitalisierung, die auch in der Werkstatt nicht mehr zu übersehen ist: „Jeder Geselle hat einen Laptop an der Kiste, egal ob Verbrenner oder E-Auto“, sagt Gerdes.

Das Laptop in der Werkstatt unterstützt die Hochvoltexperten auch bei der Fehleranalyse. Foto: Harscher
Bei der Ausbildung sieht der Serviceleiter für die jungen Menschen einen weiteren Pluspunkt: „Du hast viele Möglichkeiten und musst dich zu Beginn deiner Ausbildung noch gar nicht festlegen.“
Der zusätzliche Fokus auf Hochvolttechnik sei für die Mechatroniker von morgen zudem eine Chance: „Die Ausbildung muss breit aufgestellt bleiben, das geht gar nicht anders. Aber die jungen Leute sollten Mut haben, sich mit neuen Themen zu befassen, weil sie sonst irgendwann abgekapselt sind“, ist Gerdes überzeugt.
Bei Ausbildungsbeginn sind die meisten gewerblichen Azubis im Autohaus 16 oder 17 Jahre alt. Einige älter. So wie Lukas Bonacker, der zuerst sein Fachabitur gemacht hat. Da ist ein gewisser Wandel spürbar, merkt Wolf Warncke. Die jungen Leute investieren länger in ihre schulische Ausbildung.
Praktikum als Teil des Auswahlprozesses
Mehr Zeit investieren sie in Tarmstedt inzwischen auch in die Bewerberauswahl. Auch wenn sie dort aktuell keinen Nachwuchsmangel haben, habe sich ein sorgfältigeres Kennenlernen für beide Seiten bewährt. Der Bewerbung folgt ein Gespräch und dann ein Praktikum über drei bis fünf Werktage.

Lukas Bonacker (links) mit Service-Leiter Matthias Gerdes. Foto: Harscher
„Da sind dann auch die Praktiker vor Ort“, sagt Gerdes. Die Frauen und Männer können sehen und abschätzen, ob der oder die Bewerberin die Voraussetzungen erfüllt. Die Einschätzung der erfahrenen Mitarbeiter in der Werkstatt ist sehr wichtig, sagt Wolf Warncke: „Das ist uns mindestens 50 Prozent wert, wenn die sagen: ‚Das wird nichts‘, dann lassen wir das bleiben.“ Und auch umgekehrt: Wenn die Gesellen Potenzial erkennen, dann vertrauen die Geschäftsführer darauf.
Dabei ist das gegenseitige Kennenlernen keine Einbahnstraße: „Für uns ist wichtig, dass wir nicht nur einseitig für uns entscheiden, das ist der Richtige, sondern dass der Azubi für sich sagt: ‚Das ist der Job, auf den ich Bock habe‘“, sagt Gerdes. „Wir stellen niemanden mehr auf Blindflug ein. Er muss auch die soziale Komponente kennenlernen. Da sind Menschen am Arbeiten und mit denen muss er klarkommen.“
Einer, der „richtig Bock“ auf den Job hat, ist Lukas Bonacker. Was ihn reizt? In der Werkstatt und speziell im Bereich Hochvolttechnik ist die Entwicklung rasant, die Arbeit ist fordernd und vielschichtig. „Man kommt hier morgens her und man weiß nicht, was fällt heute an, welche Herausforderung wartet. Es ist jeden Tag anders“, sagt Bonacker und genau das bereitet ihm Freude. Zudem ist es eine Arbeit, in die man sich wirklich hineinarbeiten muss. Die Technik muss man verstehen, man muss lernen, sich die Zusammenhänge erarbeiten und das Wissen dann am Fahrzeug anwenden. „Wenn man aber selber in diesem Bereich arbeitet, dann stellt man erst fest, dass das viel größer ist, als man sich das vorab vorgestellt hat.“
Ein Beruf voller Überraschungen und Chancen
Außerdem ist es ein Beruf mit Zukunft, weil speziell der Bereich Hochvolt immer mehr wird und „dafür brauchen die Unternehmen qualifizierte Leute“, sagt der 26-Jährige.
Genau das wissen sie auch im Autohaus Warncke: „Die beste Ersatzquelle ist, wenn du ausbildest, dann weißt du, was du hast“, sagt Wolf Warncke. Die sogenannten Boomer werden nach und nach gehen, nicht nur in Tarmstedt, sondern überall. Und wer jetzt nicht in Ausbildung investiere, stehe später blank da. Gerdes sagt. „Wir sprechen mit den Azubis schon im zweiten Lehrjahr darüber, wie es nach der Ausbildung weitergehen könnte.“ Eine Situation, von der die erfahrenen Gesellen damals nur geträumt haben dürften.
Lukas Bonacker hat seinen Beruf gefunden, sagt er. Aber er möchte noch weiter, strebt seinen Meistertitel an. Anderen jungen Menschen möchte er Mut machen, eine Ausbildung zum Mechatroniker oder im handwerklichen Bereich generell zu starten. „Das ist ein guter Baustein für das Leben“, ist der 26-Jährige überzeugt. Egal, in welchem Lebensbereich: „Es bringt einem viel, schon einmal Werkzeuge in der Hand gehabt zu haben.“

Isoliertes Werkzeug: Für Arbeiten an Hochvolt-Batterien ist eine spezielle Ausrüstung notwendig. Foto: Harscher