TSchrumpfende Einwohnerzahl hat gravierende Folgen

Die ausgewerteten Zahlen aus dem Zensus 2022 haben Folgen für die Kommunen: Wer weniger Einwohner hat, bekommt auch weniger Geld vom Land. Foto: Statistische Ämter des Bundes und der Länder
Im Norden des Landkreises Stade leben weniger Menschen als gedacht. Das ist das Ergebnis des Zensus 2022. Für die Kommunen hat das gravierende Folgen.
Oldendorf-Himmelpforten. Ein paar Einwohner mehr oder weniger- was macht das schon aus? In den Samtgemeinden sogar einiges. Sowohl Oldendorf-Himmelpforten als auch Nordkehdingen haben weniger Einwohner als gedacht. Das ist zumindest das Ergebnis des Zensus 2022. Für die Kommunen geht das ins Geld.
Niedersachsen fehlen 170.000 Einwohner
Knapper werden die Finanzen ohnehin. Da sind die Ergebnisse des Zensus 2022 im Hinblick auf die Einwohnerzahl erst recht keine guten Nachrichten. Im Laufe des Jahres 2024 wurden peu à peu diese Ergebnisse veröffentlicht. Niedersachsen hat weniger Einwohner als gedacht. Laut Statistischem Bundesamt liegt nach dem Zensus 2022 die tatsächliche Einwohnerzahl im Land um 170.000 niedriger als bislang angenommen. Damit erhält Niedersachsen weniger Geld aus dem Länderfinanzausgleich: Knapp 140 Millionen Euro fehlen.
Folgen des Zensus
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Himmelpforten schrumpft am stärksten
Das gleiche Dilemma haben auch die Kommunen. In der Samtgemeinde Oldendorf-Himmelpforten leben nach der Statistik 754 Menschen weniger. Den größten Datenschwund verzeichnet die Gemeinde Himmelpforten, die nach dem Zensus von 5700 um 400 Einwohner schrumpfte - ein Verlust von sieben Prozent. Zum Vergleich: Der Verlust in der Stadt Stade liegt bei 0,1 Prozent (bei rund 47.800 Einwohnern). In Drochtersen „fehlen“ 0,6 Prozent (bei rund 11.100 Einwohnern).
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Nach Auskunft von Drochtersens Kämmerer Marcus Pritsch wirke der „Verlust“ „sich bei uns kaum aus“. Anders ist das in anderen Kommunen wie der Samtgemeinde Fredenbeck oder Horneburg. In den Gemeinden Wischhafen, Oederquart und auch in Cadenberge sinkt die Einwohnerzahl um etwa sechs Prozent. In Balje, Krummendeich und Freiburg um rund vier Prozent. Das Problem: An jeden Einwohner ist Geld gekoppelt.
Eine halbe Million Euro fehlt der Samtgemeinde
Wie viel Geld das Land Niedersachsen den Kommunen für ihre Aufgaben zur Verfügung stellt, hängt an den Einwohnerzahlen. Grundlage für die Berechnung sind die Zensus-Zahlen. Oldendorf-Himmelpfortens Kämmerer Frank Buhrmester hat diese Zahlen im Etat der Samtgemeinde für 2025 eingearbeitet: „Für 2025 sind es nach der bisherigen vorläufigen Berechnung rund 570.000 Euro.“ Gemäß Modellrechnung fehlten auch für 2024 rund 520.000 Euro an Schlüsselzuweisungen.
Samtgemeindebürgermeister Holger Falcke wies beim Beschluss über den Haushalt darauf hin: „Der Zensus trifft uns etwas hart“ und führe dazu, dass rund 800 Einwohner fehlen. Neben Himmelpforten verzeichnen auch Oldendorf (-4,1 Prozent) und Heinbockel (-3,8 Prozent) etwas höhere Rückgänge. Von den Schlüsselzuweisungen des Landes fließt aus der Samtgemeindekasse zwar ohnehin knapp die Hälfte an den Landkreis weiter - unterm Strich fehlen aber damit immer noch 250.000 Euro im Haushalt. „Und auch das ist eine Menge Geld, das uns nicht mehr zur Verfügung steht“, so Falcke.
Auswirkung auch in Nordkehdingen
Auch die Samtgemeinde Nordkehdingen spürt die Auswirkungen. Kämmerer Christian von Holt rechnet damit, dass die geringere Einwohnerzahl für 2025 zu einem Verlust von etwa 67.000 Euro führt; der Verlust werde sich bis 2029 auf circa 350.000 bis 400.000 Euro summieren.
Für die Samtgemeinde wird die Einwohnerzahl um rund 400 sinken. „Ob die Methoden, die bei der Einwohnerfeststellung angewandt wurden, sinnvoll und inhaltlich konsistent sind, ist zunächst noch fraglich“, schreibt die Samtgemeinde deshalb in der Vorbemerkung zu ihrem Haushalt.
Woher die Diskrepanz im Meldewesen und den Zensus-Zahlen kommt, ist auch in Oldendorf-Himmelpforten fraglich. „Nachvollziehen können wir das nicht“, sagen sowohl Falcke als auch Kämmerer Buhrmester. Er geht davon aus, so der Kämmerer, dass die vorliegenden Zahlen das hochgerechnete Ergebnis der Haushaltsstichproben sind.
Interviewer klingeln an Türen
„Vor Ort wurden Über- und Untererfassungen der Melderegister durch persönliche Stichproben-Befragungen von circa 12 Prozent der Bevölkerung durch Interviewerinnen und Interviewer aufgedeckt. Diese Ergebnisse wurden nach einem wissenschaftlichen Verfahren hochgerechnet“, so schildert das Statistische Bundesamt das Zensus-Verfahren.
Eine Vollerhebung zur Zählung der Bevölkerung, wie sie zuletzt 1987 durchgeführt worden sei, wäre deutlich teurer und mit einem unverhältnismäßig hohen Aufwand verbunden gewesen, so das Bundesamt. Die Abweichungen zwischen Bevölkerungszahlen des Melderegisters und des Zensus seien erwartbar, weil Menschen sich beispielsweise nicht an- oder abgemeldet haben, tatsächlich aber nicht mehr oder bereits am Ort wohnen.