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Bildung

TSchuldenfalle Ganztagsschule: Harsefeld droht zusätzliches Millionen-Defizit

Weihnachtssterne und friedliche Stimmung können nicht den Ärger über die Situation mit den Ganztagsschulen überdecken. Doch die Kritik geht aus dem Harsefelder Ratsaal hinaus gen Hannover und Berlin.

Weihnachtssterne und friedliche Stimmung können nicht den Ärger über die Situation mit den Ganztagsschulen überdecken. Doch die Kritik geht aus dem Harsefelder Ratsaal hinaus gen Hannover und Berlin. Foto: Fehlbus

Die Harsefelder Weihnachtssitzung mit der Haushaltsdebatte nutzen Politik und Verwaltungsspitze für eine Abrechnung mit Land und Bund. Wer bestellt, bezahlt. Das hat bei der Ganztagsschule überhaupt nicht hingehauen. Der Basis drohen Millionen-Schulden.

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Von Miriam Fehlbus
Sonntag, 10.12.2023, 16:44 Uhr

Harsefeld. Drei Mal habe er im Leben schon weiche Knie bekommen. Einmal vor dem Altar, einmal bei der Geburt seiner Tochter und einmal beim Blick auf die potenzielle Neuverschuldung, sagt Kämmerer Torben Vagts. Denn der Samtgemeinde Harsefeld drohen 27 Millionen Euro neue Schulden. Zwei der vier Grundschulen müssen noch bis 2026 zur Ganztagsschule werden. Und nur rund eine Million Euro für die Ganztagsschulen soll als Förderung vom Land kommen. Das wurde lange anders kommuniziert.

Kück: „Wir an der Basis sind die Orte der Wahrheit“

„Wir sind eine Samtgemeinde, der es gut geht. Da gibt es andere, denen es noch schwerer fällt“, sagt Ute Kück. Harsefelds Samtgemeindebürgermeisterin (parteilos) spricht der Bundes- und Landespolitik das Recht ab, zufrieden auf den angepeilten Lückenschluss in der Kinderbetreuung zu blicken. „Wir an der Basis sind die Orte der Wahrheit. Wenn es hier läuft, kann sich die Politik auf Bundes- und Landesebene auf die Schulter klopfen und sagen, das haben wir gut gemacht.“

Die Samtgemeinde stoße an ihre Grenzen, müsse Schulden machen und habe wertvolle Zeit vertan. Im Oktober 2021 wurde das Gesetz über den Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung für Kinder im Grundschulalter beschlossen. Bis zu 3,5 Milliarden Euro für Investitionen in ganztägige Bildungs- und Betreuungsangebote stellte der Bund in Aussicht. Doch es haperte bei der Ausgestaltung der Richtlinien. Bis jetzt mussten die Kommunen auf die Entscheidung warten, wie viel Geld als Fördersumme einzurechnen ist. Mit einem so geringen Betrag hatte niemand gerechnet. Es sei besser, dann weniger zu versprechen, dafür aber verlässlich zu handeln, sagt Kück.

Kommunen werden mit den Kosten im Regen stehen gelassen

„Wir müssen das finanzieren, weil der Bund es beschlossen hat. Ich kenne es eigentlich so, dass derjenige, der bestellt, die Zeche zahlt“, sagt CDU-Fraktionsvorsitzender Markus Eisenblätter. „Wir werden hier als Kommune im Regen stehen gelassen“, sagt er. Bei allem bleibe zudem der Zweifel, dass auch das Personal gestellt werden kann, um die Bauten mit Leben zu füllen. Zinsen und Baukosten sind zuletzt stark gestiegen.

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Im Kern geht es um je sechs Millionen Euro für die Planung und Verbesserung der Schulraumsituation in Ahlerstedt und Bargstedt, drei Millionen Euro für die Erweiterung der Grundschule am Feldbusch, zwölf Millionen Euro für die Erweiterung des Feuerwehrhauses in Harsefeld, 750.000 Euro für den Umbau im Feuerwehrhaus Ahlerstedt und Feuerwehrfahrzeuge für 1,4 Millionen Euro.

Kreditaufnahme belaste Gestaltungsspielraum für die nächste Generation

Bei den Grundschulen gibt es den Grundsatzbeschluss, dass Ahlerstedt und Bargstedt nicht schlechter gestellt werden als die Schulen in Harsefeld und besonders die neu gebaute Rosenborn-Schule. Für diese Harsefelder Grundschule hatten alle Mitgliedsgemeinden zusammen eine Kreditaufnahme überflüssig gemacht. Das wird bei den neuen Zahlen nicht möglich sein. Die Samtgemeinde-Umlage würde sich erhöhen, und auch über eine Steuererhöhung und Einsparmöglichkeiten müsse beraten werden, mahnt Kämmerer Vagts an.

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„Land und Bund machen seit sieben Jahren ihre Hausaufgaben nicht“, sagt Uwe Arndt, Fraktionsvorsitzender der Freien Wählergemeinschaft und Bürgermeister von Ahlerstedt. „Wir werden es hinbekommen, dass es räumlich gut ist“, sagt er. Aber dass zu wenig Personal da ist, sei lange absehbar gewesen. Mit der Kreditaufnahme werde es für die nachfolgende Generation schwer, selbst zu gestalten. „Wir haben gesehen, wie lange es dauert, bis zehn Millionen Euro Schulden abgebaut sind“, sagt Arndt. Den „Stresstest Grund- und Oberschule Ahlerstedt“ hätten sie alle gemeinsam bestanden, lobt der Bürgermeister. Die GOBS als neue Schulform kommt, das ist beschlossen.

Harsefeld muss nicht in den Panikmodus

Insgesamt gibt es viel Lob für die Zusammenarbeit im Rat. Das unterstreicht auch Matthias Mittlmejer (SPD) als Sprecher der Gruppe SPD/Bündnis 90/Die Grünen. Über so einen Haushalt habe er in seiner politischen Zeit noch nie abgestimmt. „Wir kommen aus der Lage, dass wir schuldenfrei sind und müssen nicht in den Panikmodus verfallen“, sagt er. Angesichts der Summe aber müssten Einsparmöglichkeiten ausgelotet werden.

„Investitionen in die Bildung sind gute Investitionen“, sagt Hartwig Holthusen (Grüne). Er erinnere sich an ähnlich schlechte Zahlen. „Das haben wir alles schon gehabt.“ Freibad und Eishalle seien saniert, vieles in Harsefeld auf dem neuesten Stand. „Das Geld ist gut angelegt“, sagt Holthusen.

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