TSelbsttest: So hart ist die Arbeit auf einem Bauernhof

Schleifen, schweißen, sägen und Radlader fahren: Dennis Wolff-von der Lieth hat zum Anpacken eingeladen. Foto: Hornbostel
Schweißen, schleifen, sägen und Radlader fahren. Keine unüblichen Arbeiten auf einem Hof, für mich aber definitiv nicht Teil meines Alltags. Auf dem Hof Wolff-von der Lieth durfte ich mein handwerkliches Geschick testen. Sind alle Finger noch dran?
Der beißende Geruch von verbranntem Metall und die fliegenden Funken lassen mich einen Schritt zurücktreten. Schweißen ist die erste Aufgabe bei meinem Selbstversuch. Ich will mir an diesem Tag als Reporterin zusammen mit anderen Frauen ein Bild davon machen, wie anstrengend handwerkliche Arbeit auf einem Bauernhof ist. Und gleich zu Beginn bekomme ich großen Respekt.
„Schweißen lernt man sonst in einer dreijährigen Ausbildung“, versucht Nils, ein Freund des Hofbesitzers, mir Mut zuzusprechen. Direkt danach erzählt er, wie heikel es beim Schweißen werden kann. Bei gefährlicher UV-Strahlung, Verbrennungen und elektrischen Schlägen verstehe ich, warum ich Maske und Handschuhe brauche. Während ich den anderen beim ersten Schweißversuch zuschaue, wird mir ganz flau im Magen. Dann bin ich an der Reihe.
Mit zittrigen Händen halte ich den Schweißbrenner und versuche mich an einer geraden Naht. Von „gerade“ bin ich allerdings meilenweit entfernt. Zu meiner Verteidigung: Ich sehe durch die Schweißmaske, die mich vor dem grellen Licht und dem Funkenflug schützen soll, so gut wie nichts.
Als Nächstes soll ich meine Initialen auf einer Metallplatte nachziehen. Da sehe ich für mich direkt schwarz. Drei gerade Linien miteinander verbinden? Mal sehen... An der vorbereiteten Leitlinie schramme ich konsequent vorbei. „Das ist künstlerische Freiheit“, ein Satz, den ich an dem Tag öfter wiederhole. Natürlich habe ich mit Absicht Schattierungen eingebaut. Ganz klar.
An die Kettensäge, fertig, los
Jetzt fliegen die Späne. Hofbesitzer Dennis Wolff-von der Lieth erklärt uns den Umgang mit den Kettensägen - eine mit Benzin und eine mit Akku. Darauf freue ich mich schon den ganzen Tag. Neben der Angst, einen wichtigen Schritt wie das Verriegeln der Kettensäge zu vergessen, überwiegt die Vorfreude.
Mit blauer Schnittschutzhose, Handschuhen, die mir ein wenig zu groß sind, und einem orangen Helm fühle ich mich wie ein Profi. Ich setze die erste Kettensäge mit Geschick an den schlanken Baumstamm an. Mit wenig Druck und leichten Vor- und Abwärtsbewegungen arbeite ich mich durch das Holz, während die Späne durch die Luft wirbeln. „Die Kettensäge soll die Arbeit machen, nicht du“, sagt Dennis.
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Das Beste: Ich darf direkt noch mal. Die Säge mit Akku macht es mir ein wenig schwieriger, da merke ich die ungewohnte Bewegung in den Armen direkt. Genau für solche Momente gehe ich ins Fitnessstudio. Mit der zickigen Akku-Säge dauert alles ein wenig länger. Aber der Klotz fällt am Ende auf den mit Spänen bedeckten Boden. Allein wegen des Geruchs könnte ich den ganzen Tag sägen. Das Wichtigste: alle Finger sind noch dran.
Das Kunstwerk aus Metall vollenden
Meine kunstvolle Metallplatte benötigt noch den letzten Schliff. Ich setzte meine Schutzbrille auf - und schon geht es los. Mit Bewegungen, die sich für mich schwungvoll und gekonnt anfühlen, schleife ich die Längsseiten meiner Platte zurecht.

Jetzt bloß gut aufpassen: Jannes Witthohn erklärt Ann-Kathrin Kröger die Funktion der Schleifmaschine. Foto: Hornbostel
Auch Jannes, der Neffe von Dennis, hat nichts auszusetzen. Allerdings huscht ein Lächeln über sein Gesicht, als er sieht, wie vehement ich die Leitlinien beim Schweißen ignoriert habe. Wie gesagt: Man ist wirklich fast blind mit der Schweißmaske.
Das innere Kind tobt sich aus
Radlader fahren ist für mich der Höhepunkt des Tages. Hier tobt sich mein inneres Kind richtig aus. Erst mal schaue ich zu, wie sich die anderen Frauen schlagen. Wenn die das können, kann ich das auch.
Ich ziehe mich in den gemütlichen Sitz des roten Radladers und erinnere mich an die Erklärungen von Dennis. „Das ist wie Automatikauto fahren, nur mit mehr Hebeln.“ Dass alle zuschauen, macht mich nervös. Aber lieber hier, als beim Schweißen. Unter den Blicken der anderen fahre ich den Radlader langsam nach vorn zur Schaufel. Mit dem Hebel rechts von mir senke ich die Gabel und nach einer kleinen Korrektur hallt ein dumpfes Geräusch über den Hof. „Klonk“, die Schaufel ist eingehakt. Geschafft. Auch das Aushaken stellt sich als einfach heraus.
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Meine Nervosität ist abgeklungen und entspannt setze ich mit dem Lader zurück. Mit einem sehr zufriedenen Gefühl steige ich aus der roten Maschine und freue mich darauf, den Tag mit den anderen bei einem kühlen Getränk ausklingen zu lassen.
Mein Fazit
Harte Arbeit, Kreissägen, Schleifmaschinen und große Traktoren sind nichts für Frauen? Von wegen! An dem Tag, der vom Ausschuss des Landvolks unterstützt wird, habe ich gelernt, wozu ich handwerklich in der Lage bin und was ich vielleicht nicht so gut kann. Mein Bild von den Aufgaben, die im Alltag eines Landwirts anfallen können, ist definitiv erweitert worden. So wie meine Kunstsammlung.

Das Ergebnis des Schweißversuchs: Ein Kunstwerk ist dabei definitiv nicht herausgekommen. Foto: Kröger
(Hinweis: Dieser Artikel erscheint in Kooperation mit der „Nordsee-Zeitung“)