TSelbstversuch Intervallfasten: Erfolgsgeheimnisse, Tipps und Risiken

Manchmal gestaltete sich das Warten auf das Essensintervall schwieriger als gedacht. Foto: Schwind
Eine neue Herausforderung wartet: Eine Woche lang habe ich das Intervallfasten mit der 16:8 Methode getestet, und mein Fazit daraus gezogen. Hält es wirklich das, was es verspricht? Oder ist es doch nur ein überzogener Trend der Gesundheitsindustrie?
Zeven. Das Handy ertönt, mein Wecker klingelt. Um 5.01 Uhr am Morgen wache ich auf. Der Tag beginnt. Das letzte Mal habe ich am Vorabend um 19.22 Uhr gegessen. Noch spüre ich keinen Hunger.
Intervallfasten kurz erklärt
Essen wird es heute, sowie die nächsten sieben Tage, erst um 12 Uhr geben. Denn ich teste das Intervallfasten – Methode 16:8.
Was heißt das für mich? Kurz gesagt: Ich esse in einem Intervall. Bedeutet, acht Stunden normal zu essen, und 16 Stunden zu fasten.
Tag 1: Fit nach Pilates
Montag, 4. März: Mein Morgen startet wie immer mit einem Work-out. Mein Körper kennt es, dass ich vor dem Frühstück trainiere. Daher ist das kein Problem für mich. Nach meiner 60-minütigen Pilates-Einheit fühle ich mich fit und bereit für den Tag. Mein Magen fühlt sich zwar leer an, aber ich habe keinen Hunger. Frisch geduscht, und fertig für die Arbeit, mache ich mich um 8:32 Uhr auf den Weg in die Redaktion.
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Mein Morgen ohne Frühstück
Angekommen, beginne ich mit meiner Arbeit. Der erste Hunger überkommt mich um 10.36 Uhr. Doch noch muss ich den Erdbeeren widerstehen, die ich mir für mein Mittagessen mitgebracht habe.
Als ich um 12.03 Uhr, auf die Uhr schaue, ist es so weit. Mittag. Mein Zeitfenster, in dem ich essen darf, ist geöffnet.
Verwundert, dass mein Magen nicht knurrt und nach Essen verlangt, warte ich fünf Minuten. Dann aber: ein Grummeln in meinem Bauch. Ich habe Hunger.
Die Theorie des Verdrängens: Ablenkung ist der Schlüssel
Ich glaube, dass Ablenkung den Hunger vorübergehend in den Hintergrund drängt. Aber sobald ich ans Essen denke, sagt der Magen: „Ich brauche Essen“. Interessant.
Im Verlauf des Nachmittags genehmige ich mir noch, wie sonst auch, zwei Snacks, während sich der Feierabend nähert. Alles fühlt sich normal an. Kein Verzicht. Kein Druck. Kein Hungern.
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Erste Misere: Soll ich essen, oder nicht?
Nach der Arbeit heißt es einkaufen. Um 18.10 Uhr bin ich in meiner Wohnung, wo mir auffällt: Ich habe nur noch eine Stunde und 50 Minuten Zeit, um zu essen. Ich fühle mich leicht unter Druck gesetzt. Zudem habe ich noch keinen Hunger.
Eine Zwickmühle. Was soll ich tun? Esse ich etwas, obwohl ich keinen Hunger habe? Oder lasse ich das Essen ausfallen? Meine Gedanken kreisen. Ich weiß, unter Garantie habe ich später, im Fasten-Intervall dann Hunger. Also, nein: Es kommt nicht infrage, auf die Mahlzeit zu verzichten.
Ich fange an, zu kochen. Meine Überlegung: Wenn ich mein Essen zubereite und es nach Essen duftet, bekomme ich Hunger. Und siehe da, nach 15 Minuten schneiden, kochen und brutzeln knurrt der Magen.
Um 19.22 Uhr esse ich also meine letzte Mahlzeit für heute. Danach heißt es für die nächsten 16 Stunden fasten.

Beim Intervallfasten gibt es unter anderem die Methoden 16:8, 14:10 und 5:2. Foto: Sandra Roesch/Westend61/dpa-tmn
Tag 2 bis 5: Meal-Prepping als Problemlöser
Die darauffolgenden Tage verlaufen ähnlich. Meist habe ich mein Mittag gegen 12 Uhr gegessen. Aber es gab auch Ausnahmen. Denn es nicht immer möglich, um Punkt 12 Uhr zu essen, und bis 19 Uhr meinen Kalorienbedarf zu decken.
Also habe ich nach einer Lösung gesucht und „Meal Prepping“ entdeckt. Das bedeutet, sein Essen am Vortag vorzubereiten und es am nächsten Tag mitzunehmen.
So hatte ich immer Essen dabei, keinen Druck, und habe zudem noch Zeit gespart.
Mein Fazit nach 5 Tagen Intervallfasten
Für mich steht fest: Ich werde das definitiv häufiger machen. Das Wissen und das Gefühl, seinem Körper etwas Gutes zu tun und dabei nicht ganz auf Essen zu verzichten, macht es für mich schon fast zur perfekten Fastenkur.
Ich hatte immer die Möglichkeit, entweder mein Zeitfenster zu verschieben oder in der Not auf eine Lunchbox zuzugreifen. Mein Hunger morgens wurde nach zwei Tagen weniger und mein Körper hatte sich daran gewöhnt, erst ab 12 Uhr etwas zu essen zu bekommen.
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Das Fasten ist also nicht nur geeignet, um seinen Körper zu entgiften, sondern auch, um Disziplin aufzubauen. Es ist schwer, manchmal nicht doch zu einem Stück Schokolade zu greifen. Aber wo ein Wille ist, ist auch ein Weg.
Theorie bestätigt: Ablenkung ist der Schlüssel
Bestätigt hat sich auch meine Theorie, dass ich ein Hungergefühl verdrängen kann. Immer, wenn ich Hunger bekommen habe, habe ich versucht, mich abzulenken. Das hat funktioniert. Ein- bis zweimal ist es sogar passiert, dass ich vergessen habe, zu essen. Aber das habe ich dann nachgeholt - in meinem verfügbaren Zeitfenster, versteht sich.

Beim Fasten werden im Körper Prozesse angeregt, die beim Abnehmen helfen. Foto: Monique Wüstenhagen/dpa-tmn
Abnehmen mit Intervallfasten: Das raten Experten
Wer mit dem Intervallfasten anfangen möchte, sollte seinem Körper zwei bis vier Wochen Zeit geben, um sich umzugewöhnen, rät Andreas Michalsen. „In der ersten Zeit hat man Hunger, das ist ganz normal. Nach der Umgewöhnung kann man beurteilen, ob es einem guttut“, sagt der Chefarzt der Abteilung Naturheilkunde im Immanuel Krankenhaus Berlin, der dort jedes Jahr rund 1500 Fastende betreut.
Und dann, darauf hoffen wohl die meisten Fastenden, purzeln die Pfunde. Diese Rechnung geht dem Mediziner zufolge in den meisten Fällen auch auf. Ein Wundermittel in Sachen Abnehmen ist das Intervallfasten laut Ernährungsberaterin Antje Gahl von der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) aber nicht.
Es gebe eher geringe Effekte auf den Body-Mass-Index, der das Verhältnis von Gewicht zu Körpergröße beschreibt und als grober Indikator für Über- und Untergewicht gilt.
Das Fasten habe aber den Vorteil, so Gahl, dass sich das ungesunde Bauchfett reduziere. Und: „Bei strengen Diäten geht der Körper an den Abbau fettfreier Masse, also Muskeln. Das reduziert sich beim Intervallfasten.“
Bei strengen Diäten geht der Körper an den Abbau fettfreier Masse, also Muskeln. Das reduziert sich beim Intervallfasten.
Antje Gahl
Studien zeigen positive Effekte
Zur Wirksamkeit dieser Art des Fastens gebe es inzwischen einige klinische Studien an gesunden Erwachsenen, die meisten Ergebnisse stammten aber aus Tierstudien, fasst Gahl zusammen.
Darin zeichnen sich viele positive Effekte ab: Neben der Gewichtsabnahme verbesserte sich die Stoffwechsellage zum Beispiel beim Diabetes Typ 2, sagt Gahl. Das Risiko von Herz-Kreislauf-Erkrankungen und neurologischen Erkrankungen verringerte sich, die Hirnfunktion verbesserte sich, der Blutdruck, die Blutfettwerte sowie der Nüchternblutzucker ebenfalls.
Kritik an den Konzepten
Aber über die Studienlage hinaus gibt es Kritik: „Die meisten Konzepte beinhalten keine oder nur vage Empfehlungen zur Lebensmittelauswahl“, sagt Antje Gahl. „Wenn die Leute gar nicht genau wissen, wie sie sich nun qualitativ besser ernähren können oder unkontrolliert schlemmen, verpuffen die gesundheitsfördernden Effekte, und ungünstige Essgewohnheiten werden auch nicht geändert.“
Andreas Michalsen meint dagegen, dass die Leute schon besser essen, weil sich der Heißhunger lege. Doch er betont auch: „Egal, was man isst, man isst nur nach der Uhr - so sollte es natürlich nicht sein. Am besten verbindet man eine gesunde Ernährung mit dem Fasten.“
Risiken des Fastens
Intervallfasten birgt auch Risiken: Der Blutdruck und der Blutzucker können abfallen und man kann Kopfschmerzen bekommen, erklärt Gahl. Wichtig sei es vor allem, mindestens 1,5 Liter am Tag zu trinken, bevorzugt Wasser. Schwangere, Stillende, Kinder und Jugendliche sollten nicht fasten. Das gilt auch für Menschen mit Essstörungen. Wer Vorerkrankungen hat, sollte sich mit seinem Arzt absprechen.
Aber: „Grundsätzlich kann der Körper mit Essenspausen gut umgehen“, sagt Gahl. Das Intervallfasten sei für jeden gesunden Menschen prinzipiell geeignet und lasse sich gut in den Alltag integrieren. (mit dpa)