TSeuchenschutz: Wie Betriebe aus der Region mit der Vogelgrippe umgehen
Weiße Freilandhennen des Geflügelhofs Schönecke - für sie gilt wegen der Vogelgrippe ab Donnerstag die Stallpflicht. Foto: Geflügelhof Schönecke
In Niedersachsen grassiert die Vogelgrippe. Während der Landkreis Stade noch abwartet, müssen Hühner und Co. im Nachbarlandkreis in den Stall. Das sagen die Betroffenen.
Landkreis. Die Situation sei sehr dynamisch, erklärte Florian Obst, Pressesprecher des Landkreises in Stade, am Mittwoch. Noch gebe es keine landesweite Aufstellungspflicht, daher müsse der Landkreis die Situation selbst bewerten. Und danach gelte - Stand Mittwochabend - die Aufstallungsempfehlung, also keine Pflicht.
Hamburg und Harburg rufen Aufstallungspflicht aus
Hamburg und der Stader Nachbarlandkreis Harburg holen das Geflügel dagegen verpflichtend in den Stall. Der Kreis Harburg bezieht sich dabei kurioserweise auf den Kreis Stade. „Nach Nachweisen bei Wildvögeln im Nachbarlandkreis Stade und in vielen niedersächsischen Regionen sowie Ausbrüchen in Geflügelhaltungen im gesamten Bundesgebiet rückt die Geflügelpest immer näher an den Landkreis Harburg heran, das Ansteckungsrisiko für Geflügel ist sehr hoch“, heißt es auf der Internetseite des Landkreises Harburg.
Derzeit würden etwa 80 Zugvögel, die im Landkreis Harburg gefunden wurden, in den Laboren des Niedersächsischen Landesamts für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (LAVES) und des Friedrich-Löffler-Instituts (FLI) nach erfolgter Beprobung untersucht. Zwei Kraniche seien bereits durch das LAVES positiv auf Vogelgrippe getestet.
40 Tote Wildvögel und ein bestätigter Vogelgrippe-Fall
Im Kreis Stade wurden 40 tote Wildvögel gefunden, so Florian Obst auf TAGEBLATT-Nachfrage. Es gebe einen bestätigten Fall der Geflügelpest im Landkreis Stade, bislang ist kein Betrieb betroffen. Letzteres gilt auch für den Landkreis Harburg.

Gänse im Nordkehdinger Außendeich. Foto: Helfferich
„Wir haben bereits deutlich schlimmere Seuchenzüge erlebt und wir haben aus jedem gelernt“, bleibt Henner Schönecke vorsichtig optimistisch. Wachsam ist der Geschäftsführer des Geflügelhofs Schönecke aus Elstorf dennoch. Wie eigentlich immer, wenn die Zeit des Wildvogelzugs anbricht. Jetzt im Herbst bis Ende November sowie im Februar und März, wenn die Zugvögel aus dem Süden zurückkehren - die typische Grippezeit für Vögel. Aber die ist nicht immer gleich gefährlich: „Je nach Mutation dieses Influenza-Virus‘“, sagt Schönecke.

Henner Schönecke führt einen der größten Legehennen-Betriebe der Region. Für seine Freilandhühner gilt nun die Aufstallpflicht im Landkreis Harburg. Foto: Geflügelhof Schönecke
So gefährlich wie in diesem Jahr sei das Virus zuletzt 2020/21 gewesen. „Es überträgt sich scheinbar sehr schnell und hat eine hohe Mortalität“, sagt Schönecke. Besonders sei auch, dass der tödliche Erreger vermutlich zum ersten Mal Kraniche befalle. „Das macht mir ein bisschen Sorge, weil es Kranichfunde zum Beispiel in Immenbeck und damit nicht weit weg von unserem Freilandstall gab.“
Zwei Ställe mit Auslaufflächen für 36.000 Hühner
36.000 Freilandhühner hält das Unternehmen an der Kreisgrenze in Ardestorf. Mit der im Landkreis Harburg einsetzenden Aufstallungspflicht müssen sie ab Donnerstag in den zwei Ställen bleiben. „Die Hühner haben in den Ställen so viel Auslauffläche wie jedes Bodenhaltungshuhn“, sagt Schönecke. Der Aufwand, plötzlich aufzustallen hält sich deshalb für den großen Familienbetrieb mit 120 Mitarbeitenden in Grenzen. Seit Bekanntwerden der ersten Fälle werden ohnehin keine Besuchergruppen mehr durch die Ställe geführt.
Zugangsbeschränkungen für Stallbereiche, Hygieneschleusen und Schutzkleidung für Mitarbeitende, Kontrolle von Transportwegen und Lieferanten und die tägliche Gesundheitsüberwachung der Tiere sind ohnehin alltägliche Schutzmaßnahmen.
Desinfektion gehört zum Alltag
Das gilt auch für kleinere Betriebe. Desinfektionsschutzmatten, das Wechseln der Stiefel, Einmal-Schutzanzüge seien auch außerhalb der Vogelgrippe-Zeiten ein absolutes Muss, bestätigt ein weiterer landwirtschaftlicher Familienbetrieb im Stader Nordkreis, der sich auf Bodenhaltung von Legehennen (jeweils 5000 Hühner in zwei Ställen) und Direktvermarktung der Eier spezialisiert hat.
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Damit ist der Aufwand in der akuten Vogelgrippezeit für die großen landwirtschaftlichen Betriebe fast nicht größer als sonst. Wesentlich kleinere Eierproduzenten mit freilaufender Hühnerschar und Mobilställen oder mit Mastgänsen auf der Wiese müssen sich schon mehr einfallen lassen, ebenso wie Hobbyhalter und Rassegeflügelzüchter.
Landvolk: Bei Verdacht das Veterinäramt informieren
„Wir fordern auch alle Hobbygeflügelhalter auf, dieser Situation mit der nötigen Ernsthaftigkeit zu begegnen und sich ebenfalls an mögliche Aufstallungsverpflichtungen zu halten. Grundsätzlich ist ausreichende Vorsorge zu treffen und bei jedem geringsten Verdacht das Veterinäramt zu informieren“, mahnt Landvolk-Geschäftsführer Christoph Wilkens.

Gänse auf einer Wiese - noch gilt im Landkreis Stade, Stand Mittwoch, 29. Oktober, die Aufstallungsempfehlung. Foto: Carsten Rehder/dpa
Wolfgang Dipper aus Burweg hält Prachtfinken, chinesische Zwergwachteln, Hühner und Temmincktragopane, hübsche, fasanenartige Vögel. Als im Landkreis Stade zuletzt die Aufstallungspflicht angeordnet wurde, galt sie ausnahmslos für alle, erinnert sich Dipper. Seine gefiederten Tiere leben zumeist drinnen in Volieren, das Hühnergehege ist sowieso zur Hälfte überdacht und braucht nur noch eine zusätzliche Folie.
Nicht jeder hat Zugang zu den Volieren - auch das ist eine ständige Vorsichtsmaßnahme. Dipper hofft, dass die Vogelgrippezeit seine Tiere auch dieses Mal wieder verschont. Die Oste mit den Pütten, mit Wildvögeln, Gänsen und Enten ist nicht weit. „Und wir haben hier Kraniche ohne Ende“, sagt Dipper. Auch im Landkreis Cuxhaven wurden in den vergangenen Tagen drei tote Kraniche gemeldet. Die Untersuchungsergebnisse zu den Kadavern lagen am Mittwoch noch nicht vor.
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