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TSingen am Lagerfeuer statt Daddeln am Handy: Sind Pfadfinder noch zeitgemäß?

Junge Pfadfinderinnen aus ganz Niedersachsen lernen in Harsefeld fürs Leben, dazu gehört auch, wie ein haltbarer Knoten gemacht wird.

Junge Pfadfinderinnen aus ganz Niedersachsen lernen in Harsefeld fürs Leben, dazu gehört auch, wie ein haltbarer Knoten gemacht wird. Foto: Susanne Laudien

Holz hacken, Essen über offenem Feuer kochen und duschen ohne fließend Wasser - ist das Pfadfinderleben heutzutage noch angesagt? Was junge Menschen beim Treffen in Harsefeld dazu meinten.

Von Susanne Laudien Samstag, 30.03.2024, 19:05 Uhr

Harsefeld. „Einmal Pfadfinder, immer Pfadfinder“, sagt Lotta Medrow vom Stamm Großer Jäger aus Bendestorf. Bei den Pfadfindern ist sie seit ihrem sechsten Lebensjahr. Beruflich macht die 20-Jährige derzeit ein duales Studium für Wirtschaftsingenieurwesen. Studien- und Arbeitskollegen seien irritiert, wenn sie erzähle, dass sie bei den Pfadfindern sei. „Sie können damit nicht viel anfangen und sich nicht vorstellen, warum ich von meinen 30 Urlaubstagen 20 mit den Pfadfindern verbringe.“

Ähnlich ist es bei Finn Patrick Krüger, Stammesführer vom Stamm Hasko in Stade. Was beide am Pfadfinderleben reizt? „Die Gemeinschaft und das Leben in der Natur, back to the roots“, sagt der angehende Tischlermeister. Das bestätigen auch die jungen Pfadfinder, die derzeit in den Osterferien beim sogenannten Vorkurs etliches für das Leben lernen wollen.

40 Kinder im Alter zwischen elf und 14 Jahren aus ganz Niedersachsen haben ihre Pfadfinderzelte auf dem Wiesengelände des Harsefelder Stamms Horse aufgeschlagen. Das Treffen wurde von den Mitgliedsstämmen Großer Jäger aus Bendestorf, Likedeeler aus Fredenbeck, Horse aus Harsefeld und Hasko aus Stade im Landesverband Niedersachsen organisiert.

Wichtige Regeln für ein harmonisches Miteinander unter Pfadfindern

Aufgeteilt in Sippen, gestalten sie mit 16 Betreuern ein Leben möglichst fernab der Zivilisation. Doch es gibt neun Pfadfinder-Regeln, die wichtigsten lernen schon die Wölflinge im Alter ab sechs Jahre: Ich will ein guter Freund sein, unsere Regeln achten, helfen, wo man kann und Rücksicht auf andere nehmen.

Morgendliche Zusammenkunft mit Schlachtruf und Ansage zu den Vorhaben der einzelnen Sippen wie Feuer, Küche, Chronik, Material und Navigation.

Morgendliche Zusammenkunft mit Schlachtruf und Ansage zu den Vorhaben der einzelnen Sippen wie Feuer, Küche, Chronik, Material und Navigation. Foto: Susanne Laudien

An diesem sonnigen Vormittag bereiten die Jungpfadfinder in Harsefeld in ihren Sippen das Essen gemeinsam vor, hacken Holz für die Feuerstelle, kochen über offenem Feuer, lernen Sägen und Erste Hilfe und wie man Knoten macht. Sie übernachten in Schlafsäcken in Zelten und gegessen wird das, was sie selber zubereiten. Heute soll es Linsencurry geben, das die 25-jährige Amelie zusammen mit einigen Kindern für alle 50 Teilnehmer zubereitet.

Bekannte Disney-Figuren als Pfadfinder-Vorbilder

Auch Geländespiele und Singen am Lagerfeuer stehen auf dem Programm. „Für die Jüngsten wird vieles spielerisch vermittelt, etwa mit der Spielgeschichte von Tick, Trick und Track, die berühmten Neffen von Donald Duck, die in Entenhausen Pfadfinder beim Fähnlein Fieselschweif waren“, sagt Stammesführerin Lotta.

Nachwuchssorgen gibt es bei den Pfadfindern nicht. Im Gegenteil. Die Wartelisten sind lang, berichtet Krüger. Insbesondere durch die Corona-Pandemie bestehe großer Bedarf an Aktivitäten für Kinder in der Natur. Konkurrenz gebe es lediglich durch Fußballvereine und Pubertät. „Pfadfinder bieten einen Ort zum Erwachsenwerden“, sagt Stammesführerin Lotta aus eigener Erfahrung. Hier darf man Fehler machen und lernt dadurch schneller, begründet sie.

Beim Zeltlager in Harsefeld: Die beiden Stammesführer Lotta Medrow vom Stamm Großer Jäger aus Bendestorf und Finn Patrick Krüger vom Stamm Hasko aus Stade.

Beim Zeltlager in Harsefeld: Die beiden Stammesführer Lotta Medrow vom Stamm Großer Jäger aus Bendestorf und Finn Patrick Krüger vom Stamm Hasko aus Stade. Foto: Susane Laudien

„Mit 20 Jahren stehen wir hier mit rund 50 Leuten auf einem Platz, das macht mich stolz“, sagt die Bendestorferin, während hinter ihr im gemeinsamen Morgenkreis lautstarke Schlachtrufe ertönen und die Sippenführer mitteilen, was an diesem Tag für Aktivitäten anstehen.

Die beiden Stammesführer Lotta und Finn wollen gleich noch eine Dusche bauen, denn morgen ist der wöchentliche Duschtag. Dafür wird das Wasser, das nicht fließend aus dem Wasserhahn kommt, sondern in Kanistern angeliefert werden muss, im Kessel über dem Feuer erhitzt. Dann stellt sich ein Kind unter die Campingdusche und ein anderes pumpt das Wasser.

Handys und Laptop sind nicht erwünscht

Zum Ausklang des Tages gehört das abendliche Singen am Lagerfeuer mit Gitarrenbegleitung. „Pfadfinder singen sehr viel, selbst beim Abwaschen. Dabei entspannt sich alles“, sagt die 20-jährige Lotta. „Raus aus der Hektik, deshalb sind wir alle hier“, erklärt auch Finn. Handys und Laptop sind daher bei den jungen Teilnehmern nicht gerne gesehen. „Wir wollen analog bleiben“, sagt der Stammesführer. Die digitalen Netzwerke seien in der Natur aber schnell vergessen - und nur ganz selten gebe es mal bei Einigen Heimweh.

Auch der Umgang mit Säge und anderem Werkzeug wird vermittelt.

Auch der Umgang mit Säge und anderem Werkzeug wird vermittelt. Foto: Susanne Laudien

Eine warme Tasse Tee und das Vorlesen einer Geschichte sind dann wirksame Mittel, weiß Lotta aus eigener Erfahrung, die bereits mit 15 Jahren Betreuerin von Pfadfinder-Gruppen in Schweden war. Ihr persönliches Highlight: die Fahrt nach Amerika zum Pfadfinder-Treffen mit 5000 Mitgliedern. Meistens sind die Ziele für Fahrten aber in Europa wie Estland, Lettland und Schweden. „Es soll für die Eltern finanziell finanzierbar bleiben, damit auch Kindern aus sozial schwächeren Familien eine Teilnahme ermöglicht wird“, so Krüger.

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