TSlalom fahren wegen Rasern: So protestieren Oldendorfer gegen Temposünder

Anwohner der Schützenstraße in Oldendorf protestierten gegen zu schnelles Fahren. Wo Tempo 30 gilt, wird oft schneller als 50 km/h gefahren. Foto: x
Anwohner der Schützenstraße in Oldendorf sind es leid: Obwohl Tempo 30 vorgeschrieben ist, rasen die Autos durch die Straße. Jetzt sind die Bürger aktiv geworden.
Oldendorf. Seit drei Jahren lebt Eberhard Bouchain in Oldendorf. Mit Eintritt in den Ruhestand bezogen er und seine Frau deren Elternhaus in der Schützenstraße.
Der Südhesse genießt die Ruhe im Wohngebiet. „Im Rheingau hatten wir viel Fluglärm vom Frankfurter Flughafen“, erzählt er, „hier ist es deutlich ruhiger.“ Allenfalls lässt der Wind die Blätter der alten Bäume rauschen.
Zeitweise herrscht jedoch auf der Schützenstraße reger Verkehr. Da die Anwohner ihre Fahrzeuge auf dem eigenen Grundstück parken, bremst kein Hindernis die Autofahrer. Und obwohl in der Straße nur Tempo 30 erlaubt ist, wird deutlich schneller gefahren.
Messungen des Landkreises hätten ergeben, dass die meisten Fahrzeuge auf der kerzengeraden Straße deutlich über den vorgeschriebenen 30 Stundenkilometern unterwegs sind, „zum Teil jenseits der 50“, so Bouchain.
„Ich sehe die hohe Geschwindigkeit als latente Gefahr.“ Vor allem Schulkinder seien gefährdet, zumal eine Straßenseite ohne Fußweg ist und ein Teil der Kinder die Straße queren muss.
Querverbindung von einem Landkreis in den anderen
Oldendorfs Bürgermeister Johann Schlichtmann kennt das Problem. Die Schützenstraße werde gerne als Querverbindung vom Landkreis Cuxhaven zum Landkreis Rotenburg genutzt. Auch seien viele Landwirte auf der Straße unterwegs, ebenso ein Lohnunternehmen aus Estorf.
Vor anderthalb Jahren habe die Gemeinde darum alle Ortsstraßen in Tempo-30-Bereiche umgewandelt. „Viele Kraftfahrzeugfahrer beachten aber nicht, dass Tempo 30 solange gilt, bis es per Verkehrszeichen wieder aufgehoben wird“, sagt Schlichtmann.
In seiner Straße, die Blaue Straße, gebe es die gleichen Schwierigkeiten; ebenso im Schötthasen und in der Wilhelm-Schröder-Straße.

Die Schützenstraße wird gerne als Querverbindung vom Landkreis Cuxhaven zum Landkreis Rotenburg genutzt. Foto: Helfferich
Über bauliche Veränderungen, wie Straßenverengungen, werde in der Gemeinde aber nicht nachgedacht, so der Bürgermeister. „Früher hatten die Anwohner Kübel auf die Straße gestellt, aber die wurden häufig kaputt gefahren“, berichtet er. „Wir haben hier sehr viele Landwirte und wollen sie nicht allzu sehr einschränken.
Aber Tempo 30 gilt auch für sie.“ Um das noch einmal mehr zu verdeutlichen, sei geplant, im Einmündungsbereich der Straßen die Zahl 30 groß auf die Fahrbahn zu pinseln.
Tempo-30-Ignoranz kann teuer werden
„Bei Missachtung von Tempo 30 ist der Führerschein schnell weg“, betont Ex-Polizist Schlichtmann. Laut Bußgeldkatalog wird ein leichter Verstoß mit einer Überschreitung des Tempolimits von bis zu 10 km/h mit einer Geldbuße von 30 Euro verwarnt.
Ab einem Tempo von mindestens 51 km/h in der 30er-Zone kommt mindestens ein Punkt dazu. Ab 56 km/h in der 30er-Zone drohen Fahrverbote.
„Letztlich gilt nach Paragraf 1, Absatz 2 der Straßenverkehrsordnung: Wer am Verkehr teilnimmt, hat sich so zu verhalten, dass kein Anderer geschädigt, gefährdet oder mehr, als nach den Umständen unvermeidbar, behindert oder belästigt wird“, zitiert Schlichtmann das Gesetz. Und einfach weiterhin auf der Straße parken? Das sei nicht verboten, aber nachts sei die Straße nicht beleuchtet. Das stelle ein gewisses Risiko dar.

Die Schützenstraße in Oldendorf ist eine kerzengerade Strecke. Foto: Helfferich
Eberhard Bouchain und ein Großteil seiner Nachbarn haben Anfang der Woche auf das Problem mit einer besonderen Aktion aufmerksam gemacht: Sie parkten ihre Fahrzeuge wechselseitig auf der Straße und bestückten sie mit dem Hinweis „Tempo 30 Danke“.
So mussten die Autofahrer sich im Slalom üben. Die Aktion habe zumindest dazu geführt, dass kaum ein Trecker durchgefahren sei, so Bouchain.
Tempo 30 habe enorme Auswirkungen auf die Verkehrssicherheit, hat Bouchain im Netz gegoogelt. Es gebe tendenziell weniger Unfälle mit weniger schwerwiegenden Folgen, wenn denn die Geschwindigkeitsbegrenzung eingehalten werde. Je schneller ein Fahrzeug unterwegs ist, desto schwerer seien die Unfallfolgen, so Bouchain. Auch der Bremsweg vergrößere sich: Bei 30 Stundenkilometern liegt er bei etwa 13 Metern. Mit Tempo 50 verdoppelt er sich.
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