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Dorfentwicklung

TSo bewahren die Baljer ihr Dorf vor dem Ausbluten

Drei von sieben Dorfmoderatoren für Balje: Frank Haferkorn, Wiebke Junge und Burchard von der Decken (von links).

Drei von sieben Dorfmoderatoren für Balje: Frank Haferkorn, Wiebke Junge und Burchard von der Decken (von links). Foto: Helfferich

870 Menschen leben in Balje, im nordwestlichsten Zipfel des Kreises. Sie leben gerne dort, auch die jungen Leute. Da passender Wohnraum fehlt, helfen nun die Dorfmoderatoren.

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Von Susanne Helfferich
Sonntag, 19.10.2025, 15:50 Uhr

Seit 10. April gibt es sie, die Dorfmoderatoren. Ihre Aufgabe ist, die Dorfentwicklung durch Vernetzung lokaler Akteure zu unterstützen. Ziel ist, die Lebensqualität in Balje zu steigern und damit die Zukunft des Dorfes zu sichern.

Sieben Baljer aus unterschiedlichen Altersgruppen haben sich für dieses Ehrenamt an zwei Wochenenden ausbilden lassen. Das ist gemessen an der Einwohnerzahl und verglichen mit anderen Kommunen eine außergewöhnlich hohe Beteiligung.

Sie sorgen für einen besseren Informationsfluss zwischen Bevölkerung und Gemeinderat. Und erfahren großes Interesse. Aktuell geht es um Wohnformen in Balje. Denn es gibt einen deutlichen Bedarf.

Sie können bei Beantragung von Fördergeldern helfen

Die ehrenamtlichen Dorfmoderatoren sind gerade bei der Umsetzung privater Projekte wichtige Multiplikatoren. Sie können Tipps geben, wie die Baljer an Fördergelder kommen, denn auch dafür wurden die Moderatoren geschult. Ein weiterer Aspekt: Wenn im kommenden Jahr durch die Fusion aller fünf Nordkehdinger Gemeinden die Räte wegfallen, bleiben die Moderatoren als Interessenvertreter vor Ort aktiv.

So auch Wiebke Junge. Die 23-Jährige ist in der Wingst aufgewachsen, hat ihren Freund über die Landjugend Balje kennengelernt. Seit 2022 wohnen sie zusammen in Balje; zunächst in einer Wohnung auf dem Hof der Familie ihres Freundes, jetzt im Betriebsleiterhaus. Ein Baljer Urgestein ist der 72-jährige Burchard von der Decken, der sich im Ortskirchenvorstand engagiert. Und Frank Haferkorn zog es 2022 aus der Großstadt Hamburg aufs Land. Er fand in Balje ein neues Zuhause.

Die Jüngste setzte das erste Schwerpunktthema

Die Dorfmoderatoren repräsentieren bewusst unterschiedliche Altersgruppen. „So können wir ein Thema aus unterschiedlichen Perspektiven betrachten“, sagt Frank Haferkorn. Zuvor hätten sich an den 14-täglichen Dorftreffen in der ehemaligen Kreissparkasse nur Menschen über 50 beteiligt. Inzwischen sei es gelungen, auch junge Menschen einzubeziehen, denn viele von ihnen wollen in Balje bleiben.

Es war die Aussage der jüngsten Dorfmoderatorin, die das erste Schwerpunktthema setzte: Die 20-jährige Studentin Eske Meyer erzählte, dass sie zu Hause ausziehen wolle, aber in Balje bleiben möchte. Doch sie fand keine Wohnung. Diese Aussage sei die Initialzündung für eine Wohnbedarfsanalyse gewesen, so Frank Haferkorn.

Nur fünf Prozent der Immobilien sind Mietwohnungen

Das Ergebnis: Einliegerwohnungen gibt es nicht in Balje. Überhaupt: Nur fünf Prozent der Immobilien seien Mietwohnungen, sagt Frank Haferkorn, „die meisten Menschen haben hier Eigentum in Form von Haus.“ Das helfe weder jungen Menschen, die durch die Dorfjugend fest verwurzelt sind und weiter in Balje wohnen wollen, noch den Älteren, die sich verkleinern wollen und in ihrem Wohnort oder womöglich Geburtsort keine Mietwohnung finden.

In einem Workshop mit dem Verein Provinzwerkstatt Ende September wurde offensichtlich, dass die vorhandene Struktur sich nicht mit dem Bedarf deckt. Aber auch andere Sorgen kamen zur Sprache: der fehlende Arzt, die nicht vorhandene Nahversorgung und die schlechte Anbindung. Angedacht ist, mehrere Arbeitsgruppen zu den Themen einzurichten. Wenigstens beim letzten Punkt gibt es eine Zusage aus dem Stader Kreishaus, dass es ab 2027 eine Busverbindung nach Cadenberge geben soll.

Ab 2027 soll ein Bus nach Cadenberge fahren

Zurück zum fehlenden Wohnraum: Die Dorfmoderatoren fragen sich, was sie an der Wohnsituation ändern können und ob sie aus großen Immobilien Wohnraum für mehrere Menschen schaffen können. Auch über Mehrgenerationenprojekte wird nachgedacht. Im Fokus steht das alte Pfarrhaus in Balje. Burchard von der Decken berichtet, dass der Ortskirchenvorstand darüber nachdenke, wie das Gebäude von 1888 künftig genutzt werden soll. So werde geprüft, ob es zu einem Vier-Parteien-Haus umgebaut werden könne.

„Durch die Befragung zum Wohnraumbedarf können wir jetzt belegen, dass es ihn gibt. Wir wissen, wie er aussieht und welche Altersgruppen betroffen sind“, so Haferkorn. 15 Prozent der Baljer Haushalte haben sich an der Umfrage beteiligt.

Von den Rückläufern suchen 15 Prozent eine Wohnung in einem Mehrfamilienhaus. 40 Prozent wünschen sich ein Einfamilienhaus. Auch interessant: Knapp 25 Prozent der Teilnehmer waren zwischen 18 und 30 Jahre alt, weitere 25 Prozent zwischen 56 und 70 Jahre. Diese Zahlen und weitere Ergebnisse der Wohnraumbedarfsanalyse werden Ende November präsentiert. Wann und wo, das steht zeitnah in der nächsten Infopost Baljer Dorftreff und im TAGEBLATT.

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