TSo geht es weiter auf der Elbhalbinsel Krautsand

Abbruchkante auf Krautsand: Die Elbhalbinsel verliert durch die Erosion an Boden. Lange warten die Krautsander schon auf die nächste Sandvorspülung. Nächstes Jahr soll es soweit sein. Foto: Petra von Allwörden
Ob Deicherhöhung, Strandaufspülung, Brücken, WWF-Naturschutz-Großprojekt oder Deichpflege: Auf Krautsand hat sich 2024 viel getan. Wichtige Weichen für die Zukunft wurden gestellt.
Krautsand. Der Elbdeich ist Krautsands Bollwerk gegen die Mächte von Wasser und Wind, er schützt das Leben der Menschen auf der Halbinsel. Schafe gelten nach wie vor als die besten Deichpfleger, die es geben kann.
Doch für Schäfer lohnt sich der Job aufgrund gestiegener Transport- und Haltungskosten und Risiken häufig nicht mehr. 2023 hatte eine große Schäferei, die seit vielen Jahren einen Großteil der Deichpflege auf Krautsand übernahm, sich von der Elbinsel zurückgezogen.
Neuer Deichschäfer beklagt Tod von 50 Schafen
Der Deichverband Kehdingen-Oste fand einen neuen jungen Schäfer: Daniel Reuscher aus Winsen/Luhe kam im März mit rund 500 Schafen sowie Hüte- und Herdenschutzhunden nach Krautsand, wagte sich ins Wolfsgebiet.
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Im Sommer war es dann aber nicht der Wolf, der rund 50 seiner Schafe tötete - sondern die Blauzungenkrankheit. Aber Reuscher lässt sich nicht unterkriegen. Er macht weiter.
Planung für Deicherhöhung auf Krautsand steht
Wegen des Klimawandels und steigender Meeresspiegel müssen entlang der Küsten die Deiche erhöht werden, auch auf Krautsand. Wenn 2025 wie erwartet der Planfeststellungsbeschluss kommt, könnte es 2026 mit dem ersten Bauabschnitt losgehen. Die Planungen stehen und wurden dieses Jahr vorgestellt.
Fünf Kilometer lang ist der erste Bauabschnitt und liegt zwischen dem Sperrwerk Wischhafen und der Ortslage Krautsand. Der Deich wird von derzeit rund acht auf dann zehn Meter erhöht. Während die Deichkrone ihre Breite von rund drei Metern behalten soll, wird der erhöhte Deich durchschnittlich um rund 25 Meter zulegen.
Die Erhöhung verläuft vom Sperrwerk Wischhafen bis etwa Höhe Hof Kötz auf rund drei Kilometern Länge binnendeichs. Ab Hof Kötz gibt es eine Verschwenkung - ab hier ist die Erhöhung butendeichs vorgesehen. Eingeplant ist zudem ein durchgehender Treibsel-Räumweg entlang der gesamten Küstenlinie.
Der neue Deich wird mit einer stillen Reserve geplant: Das heißt, spätere Generationen können noch weiter erhöhen. Auf der Deichkrone soll später durchgehend ein eineinhalb Meter langer gepflasterter Fußweg verlaufen.
Groß-Inspektion für altes Ruthenstrom-Sperrwerk
Im Zuge des Hochwasserschutzes erlebte in diesem Spätsommer das Sperrwerk am Ruthenstrom eine seiner letzten Groß-Inspektionen, verbunden mit einer vierwöchigen Trockenlegung. Das 1978 errichtete Sperrwerk wird im Zuge der Deicherhöhung abgebaut und ein neues errichtet werden.
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Strandvorspülung statt 2024 nun 2025
Seit Jahren warten die Krautsander bereits auf die nächste Strandvorspülung, bislang vergebens. Zuletzt gab es eine solche Vorspülung 2004. In der Regel hält sie 10 bis 20 Jahre vor. Der Krautsander Strand war seit geraumer Zeit fällig, die vertiefte Elbe frisst an der Krautsander Uferkante. Und der Strand ist so verschlickt, dass Besucher teils bis zu den Knien einsinken.
Eigentlich sollte die Strandvorspülung bereits dieses Jahr erfolgen - davon gingen noch Anfang des Jahres der Deichverband und die Gemeinde Drochtersen aus. Doch das war ein Irrtum. Angeblich waren Missverständnisse zwischen dem für die Aufspülung zuständigen Wasserstraßen - und Schifffahrtsamt (WSA) Hamburg und dem Deichverband schuld.
Im Oktober kam dann die langersehnte Nachricht: Das WSA hat die Ufervorspülung für 2025 eingeplant. Voraussichtlich im Sommer soll Sand vorgespült werden, um die Uferlinie zu sichern und wieder herzustellen. Als Nebeneffekt wird durch das Aufspülen von Sand auch der Schlickboden verdichtet.
Fortschritte beim WWF-Naturschutz-Großprojekt
Fortschritte verzeichnet die Umweltschutzorganisation WWF (World Wide Fund For Nature) bei der Entwicklung des Naturschutz-Großprojekts auf Krautsand. Ziel ist vor allem, dass Ebbe und Flut wieder mehr Einfluss auf die artenreiche Flusslandschaft an der Elbmündung bekommen. Die Übergangszone von Süß- und Salzwasser hat hier für Tiere und Pflanzen eine besondere Artenwelt geprägt.
Im Zuge des Großprojekts plant der WWF unter anderem, die Wischhafener Süderelbe und den Ruthenstrom wieder zu verbinden, beide sind zurzeit durch einen Damm getrennt. Außerdem sollen zwei Steuerbauwerke mit Toren errichtet werden, welche die Tide steuern und verhindern, dass das Wasser zu still steht. Außerdem sollen Grünland-Wasserlandschaften neu geschaffen werden.
Sie sollen bei Flut volllaufen. Ein Teil des Wassers läuft bei Ebbe ab und verstärkt die Strömung in Wischhafener Süderelbe und Ruthenstrom, sodass dort die Verschlickung reduziert wird. Außerdem sollen Grabensysteme revitalisiert werden.
2023 hatte der WWF den Pflege- und Entwicklungsplan fertiggestellt und eingereicht. Im April stellte der WWF bereits den Antrag für die Umsetzungsphase des Großprojekts, im August wurde erneut eine überarbeitete Version eingereicht.
Jetzt wartet Projektleiterin Beatrice Claus auf Behörden-Bewilligungen. Die Vorplanung für die Revitalisierung der Nebenelben laufe bereits. Wenn alles klappe, könnten die ersten Bagger 2027 anrollen, sagt Beatrice Claus.
Naturrind-Würste jetzt auch in zwei Supermärkten
Im Rahmen des WWF-Großprojekts gibt es ein Pilotprojekt, das 2023 startete und bereits so erfolgreich läuft, dass es nun ausgeweitet wurde: Das Projekt „Krautsander Naturrind für Artenvielfalt“. Landwirte, die besondere Maßgaben des WWF zur extensiven Weidewirtschaft auf Krautsand erfüllen, dürfen ihre Rinder unter dem inzwischen eingetragenen Label Krautsander Naturrind verkaufen.
Dabei geht es unter anderem darum, dass Landwirte ganzjährig Mindestwasserstände in ihren Gräben halten und diese nicht, wie auf Krautsand üblich, im Winter trocken fallen lassen. Im ersten Projektjahr beteiligte sich ein Landwirt, seit diesem Sommer sind es schon zwei.
Auch die Vermarktung des Fleisches, das wegen der aufwendigeren Erzeugung teurer ist als herkömmliches, hat sich weiter entwickelt. Anfangs gab es das Fleisch ausschließlich im Elbstrand Resort, das hier Projektpartner ist, und in der Kantine der Hamburger Umweltbehörde. Außerdem nahm eine Nottensdorfer Fleischerei mitunter ganze Rinder ab.
Seit Dezember gibt es Bock- und Currywurst vom Krautsander Naturrind nun auch in den beiden Drochterser Rewe-Märkten. Viele Bürger hätten den Geschmack der Würste gelobt, berichtete Beatrice Claus nach der Markteinführung.
Ein Muss: Sanierung der Klappbrücke startet 2025
Dringliche und teure Entscheidungen fällten die Drochterser Gemeindepolitiker in Sachen Verkehrsinfrastruktur auf Krautsand. Die marode Dornbuscher Klappbrücke, Wahrzeichen für Dornbusch und Krautsand, soll in den beiden Folgejahren abgebaut und saniert werden.
Der Zustand der Brücke ist so ernst, dass eine Komplettsperrung droht. Für die Klappbrücke wird 2025 eine Million Euro bereitgestellt und im Folgejahr 800.000 Euro. Fördergelder konnte die Gemeinde für die Klappbrücke nicht anzapfen. Auch die Fußgängerbrücke am Krautsander Wanderweg Große Räthe soll 2025 für rund 29.000 Euro erneuert werden.

Im Zuge der Deicherhöhung auf Krautsand soll auch eine der Fußgängerbrücken verschoben werden - in Richtung der Pastorenweide (Höhe Kleiner Leuchtturm). Foto: Knappe

Die marode Klappbrücke Dornbusch ist nächstes Jahr dran. Voraussichtlich im Herbst oder Winter 2025 wird das Wahrzeichen von Dornbusch und Krautsand zerlegt, ausgebaut und saniert. Foto: Knappe

Der junge Schäfer Daniel Reuscher aus Winsen/Luhe kam dieses Jahr erstmals als Deichschäfer nach Krautsand. Er verlor 50 Schafe durch die Blauzungenkrankheit. Foto: Knappe