TSo haben Buxtehuder Kita-Kinder um ihren Freund getrauert

Für die Beerdigung hat die Familie Johann sein Gokart ans Grab gestellt. Foto: Privat
In einer Kita tobt das Leben. Doch auch vor diesen Türen macht der Tod nicht halt. So wie beim kleinen Johann, von dem seine Bienen-Gruppe vor eineinhalb Jahren Abschied nehmen musste.
Buxtehude. Die Dietrich-Bonhoeffer-Kita der Buxtehuder St.-Petri-Kirchengemeinde war für Johann* seit dem Krippenalter ein behüteter Ort. Als sein Papa die Kita über Johanns schlimme Diagnose informierte, war das ein doppelter Schock für das Team.
Erst wenige Tage zuvor hatte es die Nachricht vom plötzlichen Tod eines jungen Kollegen bekommen, der erst seit einigen Wochen in der Kita arbeitete. In beiden Fällen holte Kita-Leiterin Maren Groß sofort Pastor Thomas Haase mit ins Boot. Als Seelsorger begleitete er später nicht nur Johanns Familie, sondern auch das Abschiednehmen in der Kita.
Gute Tage im Kreis seiner Kita-Freunde
Für Maren Groß war klar, dass die Kita versucht, alles möglich zu machen, was der todkranke Junge und seine Familie in diesem Prozess brauchen. „Wir wollten einfach, dass Johann hier noch eine richtig gute Zeit hat, am liebsten so normal und so lange wie möglich“, sagt sie.
Tatsächlich konnte Johann noch einige gute Tage im Kreis seiner Kita-Freunde spielen. Irgendwann mochte er aber nicht mehr kommen, weil sein Körper nicht mehr so mitmachte, wie er wollte.
Johanns baldiger Tod wurde in seiner Bienen-Gruppe bewusst nicht im Vorwege thematisiert. „Aber Kinder haben sehr feine Antennen und bekommen viel mit“, erklärt Maren Groß. Sie spüren, dass ihr Spielgefährte „doll krank“ ist. Auch die Frage, ob er sterben müsse, kam. Und Maren Groß findet eine Antwort, die nicht verschweigt und Kinderherzen trotzdem nicht verzagen lässt: „Wir wissen es nicht, aber es kann sein.“
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Die richtigen Worte zu finden, „kostet ohne Ende Kraft“
Die Kita-Mitarbeiter waren vorbereitet. Anders als bei dem Tod des Kollegen. Sie konnten sich im Team besprechen und gut überlegen, was es braucht, um von Johann würdig Abschied zu nehmen. Dazu gehörte zum Beispiel, den Ordner über sein Kita-Leben und seine Entwicklung mit Bildern, Gemaltem, Gebasteltem und den Texten der Kita-Kräfte noch fertigzustellen. „Den bekommt jedes Kind eigentlich erst zum Ende seiner Zeit bei uns, aber wir wollten Johann und der Familie die Chance geben, den vielleicht noch gemeinsam anschauen zu können.“
Am schwersten war es für Maren Groß bei all dem, immer die richtigen Worte zu finden - gegenüber der Familie, den Kollegen, den Kita-Kindern und -Eltern. „Da ringe ich wirklich um jedes Wort und das kostet ohne Ende Kraft“, sagt die Kita-Leiterin.
Blumen, Bilder und kleine Schätze zum Abschied
Als dann die Nachricht von Johanns Tod kam, wurden die Eltern der Kita-Kinder informiert, es gab einen Morgenkreis und es wurde - so wie sieben Monate vorher bei dem verstorbenen Kollegen - ein Trauertisch für Johann aufgestellt. Mit einem Foto und einer Kerze, die jeden Tag mindestens so lange brannte, bis das letzte Bienen-Kind nachmittags abgeholt war.

Nach Johanns Tod war in seiner Kita-Gruppe ein Trauertisch aufgebaut, den die Kinder selbst bestücken konnten. Die Karten, Spielzeuge und anderen Dinge bekam die Familie später gesammelt überreicht. Foto: Weselmann
Nach und nach füllte sich der Tisch mit Blumen, Karten, gemalten Bildern, Spielzeugen, Steinen, Federn und anderen Schätzen der Kinder, die sie ihrem kleinen Freund zum Abschied schenkten. Erst nach der Beerdigung wurde der Tisch wieder abgebaut. Eine Kiste mit diesen gesammelten Dingen hat die Familie in der Wohnzimmervitrine verwahrt.
Schöne Erinnerungen statt Tränen
Maren Groß erinnert sich noch an einen besonderen Moment. Beim Mittagessen schaute ein Mädchen versonnen auf den Trauertisch mitten im Raum und sagte schließlich: „Da ist ja ein Bild von Johann.“ Und mit einem Lächeln: „Du, Maren, Johann war mein Freund.“ Für die Kita-Leiterin zeigt das, wie anders Kinder mit dem Tod umgehen. „Da kam keine Träne und keine Trauer. Da kam eine schöne Erinnerung.“ Die Kinder hätten nicht wie Erwachsene all das im Kopf, was noch hätte sein können. Gedanken, die so schmerzvoll sind. „Sonst würde die kleine Seele das gar nicht verkraften.“
Auch an Johanns Grab ist die Bienen-Gruppe gewesen. An einem Tag, als der Blumenschmuck noch frisch in der Frühlingssonne glänzte und die Insekten summten. Dort, auf dem Waldfriedhof, wartete Pastor Haase. Er nahm sich der Fragen und Ängste der Kinder an, fand Worte für das Unfassbare und zeigte, wie friedlich und liebevoll gestaltet Johanns Platz dort ist. Die Kinder saßen beieinander, tauschten sich aus - und der Pastor kann sagen: „Da war Leben statt Schrecken.“
*Name von der Redaktion geändert