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Ehrenamt

TSo haben zwei Männer Cosmaes alte Kirchenuhr in Schwung gebracht

Frank Schwerdtner (rechts) und Elmar Schier haben das Uhrwerk in vielen Stunden renoviert - anderthalb Jahre lang.

Frank Schwerdtner (rechts) und Elmar Schier haben das Uhrwerk in vielen Stunden renoviert - anderthalb Jahre lang. Foto: Strüning

140 Stufen führen in der Stader St.-Cosmae-Kirche zu einem kleinen Schatz: zur alten Turmuhr von 1898. Dass sie jetzt im neuen Glanz erstrahlt, ist zwei Männern aus Stade zu verdanken.

Von Lars Strüning Samstag, 25.10.2025, 13:50 Uhr

Stade. Elmar Schier war spontan in das gute Stück im Turm von St. Cosmae verliebt, als er im Frühjahr 2024 an einer Führung teilnahm. Frank Schwerdtner zeigte seinem Dow-Kollegen, beide sind Chemie-Ingenieure, die Uhr. Sie stand abgeranzt, verstaubt, verrostet und zum Teil mit Grünspan versehen am Rande der sechsten Ebene nur wenige Meter von den weithin sichtbaren Zeigern draußen am Kirchturm entfernt.

Dynamisches Duo steckt viel Zeit in die alte Uhr

Schier schlug spontan vor, das mechanische Uhrwerk aus Eisen und Messing zu restaurieren und der Nachwelt zu erhalten. „Das hat mich einfach gereizt“, sagt er. In der Freizeit repariert er gerne Sachen, um sie weiter nutzen zu können. „Das ist mein Beitrag zur Nachhaltigkeit“, sagt er verschmitzt.

Schwerdtner, zwölf Jahre lang Mitglied im Cosmae-Kirchenvorstand, gefiel das - und er schlug ein. Seitdem, also seit anderthalb Jahren, haben die beiden viel Zeit für die alte Uhr aufgebracht.

Firma Weule war auf Turmuhren spezialisiert und vertrieb sie weltweit.

Firma Weule war auf Turmuhren spezialisiert und vertrieb sie weltweit. Foto: Strüning

400 Stunden ehrenamtliche Arbeit steckten sie in die historische Anlage. Sie zerlegten das Uhrwerk komplett in seine etwa 60 Einzelteile und nahmen sie mit nach Hause. „Im Sommer war es hier oben zu warm, im Winter zu kalt“, sagt Schier mit einem Lachen. Er kümmerte sich um die Eisenteile, Schwerdtner nahm sich der Messingstücke an.

Sie reinigten Walzenrad, Zahnräder, Verbindungen und Welle, Schwerdtner befreite das Messing von Grünspan und polierte es. Putzstein und Drahtbürste waren ständig im Einsatz, mitunter stundenlang. Jeder einzelne Zacken wurde aufbereitet. Schier entrostete das alte Eisen, teilweise auch galvanisch, bürstete und brünierte es. Jetzt zeigt es sich eingeölt in Mattschwarz und vor Korrosion geschützt.

Keine leichte Aufgabe: Teile sind bis zu 40 Kilo schwer

Das Duo leistete zum Teil Schwerstarbeit. Die einzelnen Stücke sind zwischen 2 und 40 Kilo schwer. Die mussten die 140 teils schmalen Stufen runter und wieder rauf geschleppt werden. Ebene 6 liegt auf einer Höhe von 28 Metern. Das Gleiche gilt für die Steine, die sie als Gewichte für die mechanische Uhr brauchten. Die Originale waren verschwunden.

Die alte Uhr stammt - wie so viele landauf landab - von der Firma Weule aus Bockenem. Sie war eine der weltweit führenden Turmuhrfabriken, lieferte nach China und Argentinien. Und eben auch nach Stade. St. Wilhadi ist mit einem Stück aus der Weule-Fabrik ausgestattet, Regierung, Post, Schlachthof, Gymnasium oder Volksschule stehen in einem Lieferverzeichnis von 1927. Dennoch ging die Firma pleite. Das war 1953. Die Uhren blieben bestehen.

Der Kirchenvorstand wollte 2002 das Uhrwerk professionell restaurieren lassen. Der Kostenvoranschlag in Höhe von 18.710 Euro ließ diese Pläne schnell wieder in der Schublade verschwinden.

Die Kirchturmuhr von 1898 tickt wieder richtig

Die Strapazen sind vergessen. Heute freuen sich die beiden, dass die Weule-Uhr nicht nur aussieht wie neu, sondern auch wieder richtig tickt. Sie tickt nicht nur, sie rattert und knallt im Betrieb. Ziel war es, so Schwerdtner, die Uhr in Funktion zu zeigen und ein wertvolles Stück Technik aus der Vergangenheit für die Nachwelt zu erhalten. Das Uhrwerk ist fester Bestandteil der regelmäßigen Kirchturmführungen.

Das Uhrwerk.

Das Uhrwerk. Foto: Strüning

„Das hat wirklich Spaß gemacht und richtig gut geklappt“, sagt Schier zum Projekt; auch mit dem Blick zum Kollegen, dessen Vorgesetzter er einst war. Frank Schwerdtner ist der Cosmae-Gemeinde stark verbunden, kümmert sich um eine Streuobstwiese und um den Horstfriedhof.

Jetzt machen sich die beiden noch Gedanken, wie die restaurierte Uhr dauerhaft geschützt werden kann. Am besten mit einem Schutz vor Verstaubung. In Freiburg hat Schwerdtner gesehen, wie eine alte mechanische Uhr mit einem Glaskasten eingehaust war. Das könnte er sich auch gut für St. Cosmae vorstellen.

Das alte, mechanische Uhrwerk und gleich darüber sein Nachfolger in Grün.

Das alte, mechanische Uhrwerk und gleich darüber sein Nachfolger in Grün. Foto: Strüning

Für das dynamische Duo ist und bleibt die Weuler-Uhr von St. Cosmae ein Meisterwerk. Nur einen Meter über der mechanischen Variante thront auf einem der alten Eichenbalken des Cosmae-Turms die Variante der Moderne: der elektronische Taktgeber für die weithin sichtbaren Zeiger von St. Cosmae und den Glockenschlag, ummantelt von einem schnöden grünen Kunststoffkasten.

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