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Raubtier

TZahl der Wolfsrisse steigt in Niedersachsen um 29 Prozent

Am Bülter See in Beverstedt tappt ein Wolf in eine Fotofalle.

Am Bülter See in Beverstedt tappt ein Wolf in eine Fotofalle. Foto: Privat

Der Wolf breitet sich immer weiter aus - auch im Kreis Stade. Das Wolfsmonitoring des Landes Niedersachsen zeigt die Auswirkungen auf die Zahl der gerissenen Nutztiere im Stader Nachbarkreis.

Von Jan Iven Samstag, 10.02.2024, 11:22 Uhr

Landkreis Cuxhaven. Nur wenige Themen erhitzen die Gemüter so wie die Ausbreitung des Wolfes und die Risse von Nutztieren, die dem Raubtier zum Opfer fallen. Und wie aus dem aktuellen Wolfsmonitoring des Landes Niedersachsen hervorgeht, dürfte das auch erst mal so bleiben. „Im Landkreis Cuxhaven steigt die Zahl der Wölfe und Wolfsrudel“, teilte ein Sprecher des Umweltministeriums in Hannover auf Nachfrage der „Nordsee-Zeitung“ mit.

Mehr Wölfe, vor allem im Nordwesten

Und das gelte für das ganze Bundesland, aber insbesondere für die Region. „Die Wolfspopulation in Niedersachsen steigt weiterhin leicht und hat eine Ausbreitungstendenz nach Nordwesten“, so der Ministeriumssprecher weiter.

Die Zahl der Rudel ist in Niedersachsen im Jahr 2023 von 39 auf 50 im Vergleich zum Vorjahr gestiegen. Im Cuxland und im Nachbarkreis Osterholz leben mehrere Wolfsrudel, bei denen im Vorjahr Nachwuchs nachgewiesen werden konnte. Bekannt sind Rudel in Schiffdorf (zwei Welpen), Cuxhaven (vier Welpen), Vollersode (zwei Welpen) und Garlstedt (fünf Welpen). Des Weiteren leben Wolfspaare in Nordholz und Ohlendorf, die in den nächsten Jahren weitere Rudel gründen könnten.

Obwohl die Zahl der Rudel weiter zunimmt, bleibt die Zahl der Angriffe eher stabil. „Die Zahl der Nutztierrisse stagniert auf hohem Niveau“, so der Ministeriumssprecher. Im Cuxland ging die Zahl der Attacken sogar leicht zurück. Dabei wurden deutlich weniger Tiere getötet. Demnach wurden 2023 in der Region offiziell 39 Angriffe registriert, bei denen insgesamt 45 Tiere getötet wurden. Im Vorjahr waren es noch 45 Angriffe mit 138 getöteten Tieren. Damit ist die Anzahl der getöteten Tiere deutlich um zwei Drittel zurückgegangen. So wurden vor allem sehr viel weniger Schafe gerissen.

So viele Angriffe durch Wölfe gab es im Stader Nachbarkreis

Bei den 39 registrierten Übergriffen im Kreis Cuxhaven im Jahr 2023 wurden 45 Nutztiere (Vorjahr 138) getötet und 29 (38) verletzt. Darunter waren 30 getötete Schafe (Vorjahr 120), 13 getötete Rinder (13) und 2 getötete Pferde (2). Verletzt wurden 15 Schafe (Vorjahr 24), 9 Rinder (14) und 5 Pferde (0).

Insgesamt wurden in Niedersachsen 1412 Weidetiere Opfer von Wolfsrissen, vor allem Schafe und Ziegen, aber auch Rinder, Pferde und Gatterwild. Dies war ein Anstieg um etwa 29 Prozent gegenüber 2022. Laut Umweltministerium gab es 2023 allein 197 Übergriffe auf Schafe und Ziegen mit 1289 betroffenen Tieren. 2022 wurden sogar 204 Attacken auf Schafe und Ziegen gezählt, es wurden aber weniger Tiere getötet oder verletzt, nämlich 949.

Dabei wurden Rinder und Pferde fast immer nur einzeln verletzt oder getötet. Bei den Schafen erlegten die Wölfe häufig mehrere Tiere bei einem Angriff.

Dass die Angriffe trotz steigender Wolfszahlen nicht mehr werden, führt das Ministerium vor allem auf verschiedene Sicherheitsmaßnahmen zurück. „Herdenschutzmaßnahmen durch Zäune und Herdenschutzhunde können die Zahl der Wolfsangriffe erheblich reduzieren und Schäden vermeiden“, so der Sprecher. Die Mehrzahl der Angriffe und gerissenen Tiere seien nicht ausreichend geschützt. Hingegen hätten nur 15 Prozent der gerissenen Tiere einen angemessenen Grundschutz.

Niedersachsen gibt fast sieben Millionen Euro für Schutz vor Wolfsangriffen aus

Für den Schutz von Weidetieren vor Wolfsangriffen hat das Land Niedersachsen im vergangenen Jahr rund 6,93 Millionen Euro ausgegeben. Landwirte können Gelder zum Beispiel für wolfsabweisende Zäune beantragen. Bereits im Sommer 2023 war der ursprünglich vorgesehene Fördertopf für Herdenschutzmaßnahmen leer. Minister Christian Meyer (Grüne) habe daraufhin die Summe aufgestockt, teilte das Umweltministerium in Hannover mit. 2022 hatte das Land Weidetierhaltern Gelder für Präventionsmaßnahmen in Höhe von 4,49 Millionen Euro bewilligt.

„Wir wollen Weidetierhaltung besser schützen und fördern, aber auch den Wolf nicht wieder ausrotten“, sagte Meyer der Deutschen Presse-Agentur. In Niedersachsen sind nach Angaben der Landesjägerschaft inzwischen 56 Wolfsterritorien nachgewiesen. Ende 2023 gab es 50 Wolfsrudel, vier Wolfspaare sowie zwei ständig in Niedersachsen lebende Einzelwölfe. Vor drei Jahren waren es erst 35 Rudel.

Nach Wolfsrissen können die Halter der getöteten verletzten oder verschollenen Tiere sogenannte Billigkeitsleistungen beim Land beantragen. 2023 wurden nach Ministeriumsangaben derartige freiwillige Zahlungen in Höhe von 240.000 Euro gewährt, 30.000 mehr als im Vorjahr.

Wölfe stehen unter strengem Naturschutz und dürfen nur mit einer behördlichen Ausnahmegenehmigung unter strengen Voraussetzungen geschossen werden, etwa wenn sie wiederholt wolfsabweisende Zäune überwunden haben. Die Europäische Kommission will die strengen Schutzregeln für Wölfe lockern. Man schlage vor, den Status des Wolfs von „streng geschützt“ auf „geschützt“ herabzusenken, teilte die Brüsseler Behörde Ende Dezember mit. Dies würde es erlauben, die Jagd auf Wölfe zu genehmigen, wenn dadurch nicht der Erhalt von Populationen gefährdet wird. Der Deutsche Jagdverband begrüßt diesen Vorstoß, Naturschutzverbände sind dagegen.

„Problemwölfe schneller und einfacher entnehmen“

„Herdenschutz bleibt wichtig“, sagte Umweltminister Meyer. „Aber in besonderen Fällen müssen wir auch schneller und einfacher Problemwölfe entnehmen – zum Schutz der notwendigen Weidetierhaltung.“ Anfang Dezember hatten sich die Umweltminister von Bund und Ländern darauf verständigt, dass problematische Wölfe künftig deutlich schneller als bisher getötet werden können.

Schon seit Anfang des Jahres können in Niedersachsen solche Schnellabschüsse angeordnet werden. Dies sei bereits in mehreren Fällen geprüft, aber bisher nicht umgesetzt worden, teilte das Umweltministerium in Hannover mit. Die meisten Bundesländer rechneten mit ersten Schnellabschüssen, wenn die Weidesaison beginnt. Dazu soll es in Abstimmung mit anderen Bundesländern, in denen viele Wölfe leben, einheitliche Kriterien geben. (mit dpa)

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