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Langobarden

TSondengänger stößt in Stade auf archäologischen Schatz

Thobias Busse mit der vergoldeten Silberspange.

Thobias Busse mit der vergoldeten Silberspange. Foto: Strüning

Auf einem Feld im Süden Stades stößt ein Sondengänger auf ein hunderte Jahre altes Relikt der Langobarden. Was das für die Region bedeutet und weshalb der Fund womöglich eine Zusammenarbeit Stades mit Norditalien aktiviert.

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Von Lars Strüning
Mittwoch, 03.01.2024, 19:30 Uhr

Stade. Thobias Busse (48) ist Hobby-Archäologe und eine echte Spürnase. Vor zwei Jahren stieß er mit seinem Detektor auf einem Acker in Wiepenkathen auf eine fast 2000 Jahre alte römische Münze. Sehr zur Freude seines Auftraggebers Dr. Andreas Schäfer in dessen Funktion als Stades Stadtarchäologe. Jetzt präsentierte ihm Busse den nächsten Schatz.

Es handelt sich um zwei Fragmente einer aufwendig verzierten Bügelfibel (Gewandspangen). Diese sind aus Silber und vergoldet und stammen aus dem 6. oder 7. Jahrhundert. Busse hatte sie mit seinem Kollegen Matthias Glüsing aus dem Erdreich ans Tageslicht gebracht.

Spangen waren früher Grabbeigaben

Die Spangen wurden paarweise vergeben. Es handelt sich um Grabbeigaben. Das Grab selbst und die zweite Spange haben die findigen Detektorengänger trotz intensiver Suche noch nicht aufgespürt, aber Busse und Glüsing wollen nicht aufgeben.

Wenn die Männer im Auftrag der Stadt mit ihren Detektoren bis zu vier Stunden am Stück unterwegs sind, tragen sie Kopfhörer. Sobald es piept, sind sie womöglich auf Wertvolles gestoßen. Häufig handelt es sich um unspektakuläre Münzen oder gar Schrott. Als der Detektor am Ortsrand von Hagen auslöste, ahnte Busse sofort: Da ist was. „Das ist ein extrem außergewöhnlicher Fund“, sagt Schäfer dazu. Die Geschichte der Langobarden, denen die Spange zugeordnet wird, reicht weit in die Vergangenheit. Andreas Schäfer hat sie zusammengefasst.

Langobarden - von der Unterelbe nach Norditalien

Römische Schriftquellen des 1. Jahrhunderts. bezeugen die Langobarden als mobiles, kleines Volk, das an der unteren Elbe wohnte. Im 2. und 3. Jahrhundert wurden diese Siedlungen aufgegeben und es erfolgte eine Verlagerung über mehrere Jahrhunderte elbabwärts über Böhmen und Mähren, Österreich bis nach Norditalien. Ihre Macht sicherten sich die langobardischen Könige dabei durch geschickte Bündnis- sowie Heiratspolitik.

568 erreichten die Langobarden Italien und in Cividale (heute Cividale del Friuli) entstand ein frühes Machtzentrum. Unter ihrer Führung wurde die Expansion des Reiches bis nach Mittel- und Süditalien betrieben. 680/81 erkannte der Kaiser in Konstantinopel die Langobardenherrschaft in Italien an. Sie währte bis zur Unterwerfung durch Karl den Großen, der sich 774 zum König der Langobarden krönen ließ.

Die Geschichte der Langobarden, schreibt Schäfer, ist eine Geschichte von Migration, von Austausch und Wandlung, von Identität und Akkulturation - und nicht zuletzt Macht. Eine Geschichte, deren Erbe jedoch fortbesteht; am Anfang dessen, was heute Europa genannt wird.

Kooperation zwischen Stade und dem Friaul

Um diese Gedanken neu zu beleuchten, begann vor einigen Jahren eine Kooperation zwischen Stade und der Organisation zur europäischen Kulturroute „Longobard Ways Across Europe“, die von Deutschland über Tschechien, Österreich und Slowenien bis nach Italien führt. Die Langobarden seien in Norditalien sehr präsent und stellten dort einen wichtigen Identifikationsfaktor dar.

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Es gab sehr intensiven Austausch zwischen Stade und Cividale mit gegenseitigen Besuchen. So hielt Schäfer 2017 einen Vortrag auf einem Tourismusforum in Mailand und Dr. Sebastian Möllers, der Chef der Stader Museen, und Schäfer waren 2018 zu Gast in Cividale.

Danach änderten sich die politischen Vorzeichen in Norditalien und das Projekt konnte dort nicht weiterentwickelt werden, so Schäfer. Doch die Kontakte bestehen weiter und damit die Idee, eine gemeinsame Wanderausstellung in Stade und Cividale del Friuli anzubieten.

Fund aus Stade-Hagen lässt Forscher aufhorchen

Die spannenden neuen Funde von Thobias Busse untermauerten diese Ambitionen. Das Alter der Fundstücke passe genau zu dem Zeitpunkt, als die Langobarden in Cividale und Norditalien die Macht erlangten. Auf jeden Fall hätten die Funde aus Hagen die Langobardenforscher aufhorchen lassen und könnten den Start einer neuen Zusammenarbeit darstellen.

Erstaunlicherweise, so Schäfer, sind im Museum Cividale Parallelfunde ausgestellt. Die Fibeln des Typs Cividale träten immer als Fibelpaar auf und sind meist mit einem Raubtierkopf versehen. Diese Fibeln seien immer einander ähnlich, aber auch immer individuell gestaltet.

Wie genau diese Funde nach Stade-Hagen gekommen sind, lasse sich ohne weitere Grabungen und Untersuchungen derzeit noch nicht genau rekonstruieren. Fazit von Schäfer: Auf jeden Fall ist dies ein weiteres Beispiel des spannenden Kulturaustausches - denn die Menschen im frühen Mittelalter waren weit besser und enger vernetzt als lange angenommen. www.longobardways.org/_uk/

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