Zähl Pixel
Hunde

TSpürnasen auf vier Beinen sind die perfekten Partner für die Rettung

Mit ihrer feinen Nase helfen Hunde, wie hier nach einem Erdbeben, Menschen zu finden und zu retten.

Mit ihrer feinen Nase helfen Hunde, wie hier nach einem Erdbeben, Menschen zu finden und zu retten. Foto: Chen Zeguo

Odin springt aus dem Auto, seine Nase geht nach unten und im Trab schnürt er über das Gelände in Wilhelmsburg. Der schlanke Jagdhund gehört zur Rettungshundestaffel Hamburg und Harburg und checkt erst einmal, wer alles zum Training gekommen ist.

Von Sabine Hennings Dienstag, 05.03.2024, 10:18 Uhr

In der Woche treffen sich die Mitglieder der Rettungshundestaffel Hamburg und Harburg, um gemeinsam für Prüfungen, aber auch den Ernstfall zu trainieren. Die besondere Spürnase der Hunde nutzte der Mensch schon immer gerne und das nicht nur als Jagd- und Hütehund. Im Jahre 1954 übertrug das Bundesministerium des Inneren dem Bundesluftschutzverband die Aufgabe, Hunde für die Trümmersuche auszubilden, erzählt der Vorsitzende des Vereins, Holger Grinnus, über die Ursprünge seines Vereins.

Die Technisierung schritt voran, das Technische Hilfswerk entstand, und irgendwann glaubte der Staat, die Fähigkeiten der Hunde für Rettungsdienste nicht mehr zu brauchen.

Aber es gab die Vierbeiner, die genau für diese Aufgaben ausgebildet waren. Und um das Potenzial nicht zu verschenken, taten sich einige Hundeführer zusammen und gründeten 1976 in Baden-Würtemberg den Verband für das Rettungshundewesen. Später wurde daraus der Bundesverband für das Rettungshundewesen.

Erst der Hund und dann die Technik

Heute, fast 50 Jahre später, haben eigentlich alle großen Hilfsorganisationen eigene Hundestaffeln. „Es hat sich eben doch herausgestellt, dass Hunde für den Rettungsdienst unverzichtbar sind“, stellt Grinnus klar. Heute werden erst sie eingesetzt und dann folgt die Technik.

Zweimal in der Woche treffen sich die Hundebesitzer der Rettungshundestaffel Hamburg und Harburg, um mit ihren vierbeinigen Spezialisten zu trainieren. Auf die Frage, wer die Menschen denn sind, die mit ihren Hunden dieser anspruchsvollen Freizeitbeschäftigung nachgehen, meint der Vorsitzende, dass es, neben Menschen, die aus dem Rettungsbereich kommen, auch Hundebesitzer sind, die mit ihren Tieren einer sinnvollen Beschäftigung nachgehen wollen.

Es gibt sechs verschiedenen Aufgabenbereiche

Gibt es Hunde, die besser als andere für die Rettungsaufgabe geeignet sind? Die Rasse spielt dabei fast keine Rolle, meint Holger Grinnus. „Die Hunde dürfen nicht zu klein und auch nicht zu groß und schwerfällig sein. Das sind eigentlich die einzigen Bedingungen.“ Er und seine Frau Martina haben vier Border Collies, mit denen sie in der Rettungshundestaffel, hauptsächlich bei der Flächensuche, aber auch bei der Trümmersuche im Dienst sind.

Generell sind die Aufgabenbereiche der Hunde und ihrer Menschen in sechs Sparten eingeteilt. Es gibt Hunde, die zur Wasserrettung und -ortung eingesetzt werden, Lawinen- und Flächensuchhunde, Trümmerrettungshunde und das sogenannte Mantrailing, also die Suche nach einzelnen Personen. Es gibt in der Gruppe sogar einen Lawinensuchhund, der jedes Jahr in den Bergen seine Tauglichkeit unter Beweis stellt, erzählt der Vereinsvorsitzende.

Die Anzahl der Einsätze hat deutlich zugenommen

Gerade durch die Einsätze bei Erdbeben in der Türkei, Haiti oder Marokko sind die Rettungshundestaffeln in Deutschland auch bei der breiten Öffentlichkeit bekannt geworden. Und dass sie wichtige Arbeit leisten, ist auch an der Zahl der Einsätze abzulesen, denn die haben in den letzten Jahren deutlich zugenommen. Waren die tierischen Spürnasen im Jahr 2000 bundesweit 234 Mal im Einsatz, sind es 22 Jahre später über 1.300 Alarmierungen und mehr als 1.000 Einsätze.

Das Geschirr kennzeichnet Balu als Rettungshund im Einsatz.

Das Geschirr kennzeichnet Balu als Rettungshund im Einsatz. Foto: Hennings

Alleine in den ersten zwei Monaten des Jahres 2024 hatte die Rettungsstaffel Hamburg und Harburg schon 24 Einsätze. „Meist werden wir von der Polizei angefordert und suchen dann vermisste Kinder oder Senioren“, informiert Holger Grinnus. Und das immer ehrenamtlich.

Mit selbst finanzierten Charterflugzeugen ins Ausland

Staatliche Zuschüsse gibt es für die Arbeit der Hunde und ihrer Menschen nicht. „Wir finanzieren alle unsere Einsätze alleine durch Spenden“, so Grinnus. Und das kann, besonders wenn ein Team im Ausland zum Einsatz kommt, teuer werden, rechnet der Vorsitzende vor.

„In die Türkei sind wir zum Beispiel mit 60 Personen, darunter auch Ärzte und Sanitäter, und zehn Hunden geflogen. Das Flugzeug müssen wir selber chartern. Das schlägt dann schnell mal mit 500.000 Euro zu Buche. Dazu kommt die komplette Ausrüstung, wie technische Ortung, Betonsägen und -spalter, sowie die Verpflegung für das gesamte Team. Da kommt einiges zusammen.“ Nur den Diesel nimmt die Staffel in so einem Fall nicht mit, weil der nicht in den Flieger darf.

Die Vereinten Nationen steuern die internationalen Einsätze

Ob eine Rettungshundestaffel oder andere Hilfsorganisationen im Ausland zum Einsatz kommen, wird über die Vereinten Nationen koordiniert. Auf einer eigenen Internetplattform werden alle weltweiten Ereignisse erfasst und ausgewertet.

Border Collie Balu hat auf dem dunklen Trainingsgelände in Wilhelmsburg einen „Gesuchten“ gefunden und gibt seinem Herrchen durch Bellen das Signal.Foto: Hennings

Border Collie Balu hat auf dem dunklen Trainingsgelände in Wilhelmsburg einen „Gesuchten“ gefunden und gibt seinem Herrchen durch Bellen das Signal.Foto: Hennings Foto: Hennings

Es werden Schäden an Gebäuden, auch an Häfen und Flughäfen, und Personen berechnet, es erfolgt quasi ein Monitoring des Geschehens. Aber erst, wenn das betroffene Land selber Hilfe anfordert, werden die Hilfswerke und -organisationen dort auch aktiv. Koordiniert wird der Einsatz in Deutschland durch die zertifizierte Hilfsorganisation I·S·A·R (International Search and Rescue) Germany.

Jede Menge Wissen rund um die Rettungseinsätze

Hunde und ihre Menschen, die an diesen Einsätzen teilnehmen, wurden vorher geprüft. Dazu gehört bei den Hundeführern nicht nur ein großer Teil theoretisches Wissen, sondern sie werden auch geschult in erweiterter Erster Hilfe, im Fahren mit Blaulicht und Martinshorn und im Umgang mit dem Funk.

Außerdem wird bei der Rettungshundestaffel Hamburg und Harburg zweimal in der Woche trainiert. In der Woche auf einem großen Gelände in Hamburg-Wilhelmsburg und am Wochenende meistens im Wald. Rund 50 Menschen, einschließlich der Azubis, gehören zu der Gruppe. „Leider fehlen uns Menschen, die keine Hunde haben, aber die Hundeführer bei ihrer Arbeit unterstützen. Es braucht ja zum Beispiel auch immer Funker und eine Einsatzleitung. Das können die Hundeführer nicht nebenbei machen“, stellt der Vereinsvorsitzende klar.

Die Welpen lernen schon früh gelassen zu bleiben

Ein Hund, der für Rettungseinsätze ausgebildet wird, fängt meistens früh an. „Wenn der Welpe mit zwölf Wochen in seine neue Familie kommt, wird ihm von Anfang an spielerisch gezeigt, worauf es später ankommt. Er wird animiert über kleine Hindernisse zu springen, lernt Lärm und laute Geräusche zu akzeptieren, den Umgang mit Menschen“, erklärt Holger Grinnus die Basics. Außerdem sollte der Welpe Spaß am Spielen haben, was aber nur sehr selten nicht der Fall ist.

Mit 15 Monaten macht der junge Hund dann seine Begleithundeprüfung und mit 18 Monaten, zusammen mit seinem Menschen, die erste Prüfung als Rettungshund. Anschließend kann er dann bereits an einfachen Einsätzen teilnehmen.

Etwas spezieller ist die Ausbildung für einen Hund, der für die Wasserortung eingesetzt wird. Seine feine Nase ermöglicht es ihm, bis zu 50 Meter unter Wasser einen Geruch aufzuspüren. Diese Hunde werden bereits im Welpenalter auf den Geruch von Leichen konditioniert, denn die werden bei der Wasserortung in erster Linie gesucht. Es sind eben allesamt echte Spezialisten, die zur Rettungshundestaffel Hamburg und Harburg gehören.

Weitere Artikel