TStade sorgt sich um Chemie-Industrie und Partnerstädte

Stades Bürgermeister Sönke Hartlef mit Projektkoordinator Stephan Engel. Foto: Alexandra Bisping
Stades Neujahrsempfang war facettenreich. Wovor Projektkoordinator Stephan Engel warnt, worüber Bürgermeister Sönke Hartlef besorgt ist und was die Stader Bürgerinnen und Bürger sagen.
Stade. Was wünschen sich Stader Bürgerinnen und Bürger von ihrer Stadt? Das TAGEBLATT hat sich auf dem Neujahrsempfang im Königsmarcksaal am Sonntag umgehört - und ist auf wenig Kritik gestoßen. „Über jede Stadt lässt sich meckern“, sagt Lea Hochschulz. Zum ersten Mal besucht die zweite Vorsitzende des Vereins „Ein Haus für Kinder“, ein von Eltern gegründeter Kindergarten auf der Erleninsel, den Neujahrsempfang. „Für uns hat die Stadt immer ein offenes Ohr. Wir werden von ihr sehr unterstützt.“ Doch dann fällt ihr noch etwas ein: mehr Transparenz fürs Ehrenamt.

Mehr Transparenz des Ehrenamtes möchte Lea Hochschulz. Foto: Alexandra Bisping
Auf mehr Gemeinschaft im Land und bessere Radfahrmöglichkeiten hofft Meinolf Kleinschnittger. Aber auch er findet: Meckern sei hier doch Jammern auf hohem Niveau. „Die Leute sollten lieber mal anpacken“, sagt er.

Bessere Radwege wünscht sich Meinolf Kleinschnittger. Foto: Alexandra Bisping
Carmen Vöge ist Jugendwartin im Stader Schachverein und sagt: „Wir sind gerade in der Berufsschule untergekommen und ganz zufrieden.“ Sie wünscht sich für den Verein mehr Sponsoren. Bürgermeister Sönke Hartlef spricht dann nicht von Wünschen, aber von Rückblicken, Ausblicken - und Sorgen.

Sponsoren für den Stader Schachverein hätte Carmen Vöge gerne. Foto: Alexandra Bisping
BCR, LNG und Stadeum bewegten 2023
Gleich zu Anfang die Leuchtturmprojekte: BCR und LNG. Beim BCR - dem Bildungscampus Riensförde - seien Baukosten und Bauzeiten eingehalten worden. Nicht selbstverständlich, findet Hartlef. Innerhalb von elf Monaten sei der Anleger für flüssige Gase und Vorläufer des landseitigen Terminals entstanden. Ebenfalls außergewöhnlich, besonders für ein 300-Millionen-Euro-Projekt.
Aufregung habe es um das Stadeum gegeben. Geschäftsführerin Dr. Silvia Stolz verlängerte ihren Vertrag nicht, sondern ging nach Fürth. Das und anstehende Sanierungsmaßnahmen waren Anlass für die Stadt, um auf die Bremse zu treten. Ein Beratungsunternehmen prüfe derzeit, welche Anforderungen auf ein Haus dieser Größe und damit auf die Stadt zukommen. Kommissarisch hat die Leitung derzeit Tobias Paulsen inne.
Bewegen wird die Stadt in 2024 das vom Rat beschlossene Integrierte Stadtentwicklungskonzept (ISEK) „Stade 2040“. Mit seiner Umsetzung soll Stade im Jahr 2045 klimaneutral sein. Dabei sollen unter anderem bessere Bedingungen für Radverkehr und Fußgänger geschaffen werden. Vier Millionen Euro will die Stadt ab 2025 dafür in die Hand nehmen - plus Fördermittel.
Stade als interessanter Standort
Mit Projektkoordinator Stephan Engel „einem profunden Kenner des Standortes Stade“, so Hartlef, erörtert der Rathauschef die aktuelle Lage der Chemieindustrie. Das dreijährige Projekt befasst sich mit der Standortentwicklung der Stader Industrie. Engel war 33 Jahre lang bei der Dow beschäftigt. Die Region sei mit ihren Salzvorkommen für die Chemieindustrie ein sehr guter Standort. Nicht zu vergessen die „hervorragenden Mitarbeiter“, so Engel. Er kenne andere Städte im Vergleich. Stade sei „außergewöhnlich“.
Doch die dramatisch gestiegenen Energiepreise beeinflussen stark die Wettbewerbsfähigkeit. „Wir sehen Probleme in Deutschland, aber auch in Stade“, sagt Stephan Engel. Er will jetzt in Projektarbeit Menschen und Unternehmen zusammenbringen. Engel warnt davor, Bestandsunternehmen zu vergessen. „Ohne sie geht das ganze Konstrukt nicht.“ Wichtig sei zu klären, wie bestehende Betriebe noch besser zusammenarbeiten können.
Darum sorgt sich die Stadt
Auch in der polnischen Partnerstadt Goldap, in der im Sommer ein Trinationaler Jugendaustausch stattfand, seien „Spuren des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine“ sichtbar, so Hartlef. Doch große Sorgen mache sich die Stadt um ihre israelische Partnerstadt Givat Shmuel. Es habe viele Opfer gegeben, die Stadt laufe im Notbetrieb. Er halte losen Kontakt zu Bürgermeister Yossi Brodny, sagt Hartlef. Nachdenklich stimme ihn die Aktion Jugendlicher: Sie hatten versucht, die am Rathaus befestigte israelische Flagge herunterzureißen.
Sönke Hartlef verliest eine Erklärung von mehr als 100 Bürgermeisterinnen und Bürgermeistern. Sie bezieht sich auf die schockierenden, jüngst bekannt gewordenen Treffen von AfD-Funktionären und Mitgliedern der identitären Bewegung.Deportationspläne waren diskutiert worden. Die Menschen, die aktuell auf den Straßen demonstrieren, würden ein klares Signal der Solidarität und gegen die Spaltung der Gesellschaft senden.
Sie wurden geehrt - Trommeln fürs Ehrenamt
Seinen Dank spricht Hartlef den 381 Aktiven in der Freiwilligen Feuerwehr aus. Sie fuhren im vergangenen Jahr 918 Einsätze und sahen sich dabei nicht selten „asozialem und kriminellem Verhalten“ ausgesetzt. Auch dankte der Bürgermeister den 40 ehrenamtlichen Lokalpolitikern des Stader Rates. Sie seien „Brückenbauer zwischen Bürgern und Verwaltung“.

Ein ungewohntes Bild. „Einmal bitte alle aufstehen“, bat Philipp Tramm von der Freiwilligenagentur. Foto: Alexandra Bisping
Zusammen mit dem Ratsvorsitzenden Karsten Behr ehrte Hartlef Ehrenamtliche: Melanie Elfers für ihr Engagement in schulischen Gremien und beim Förderverein, Britta Müller-Wiefel für ihren Einsatz an Schulen für bewusste und gesunde Ernährung, Wilfried Flemke für seinen 30-jährigen Einsatz beim Spendensammeln für die Kinderkrebshilfe Oste (36.000 Euro) und Krebsnachsorge (1.200 Euro), Roland Remstädt für Einsatz und Pflege des Stader Hafenkrans und Roland Dammann für seinen Einsatz und sein Engagement beim Verein „Die Brücke“ und als sozialpsychiatrischer Beirat.

Machen sich stark fürs Ehrenamt: Britta Rust, Ehrenamtskoordinatorin der Hansestadt, und Philipp Tramm, Geschäftsführer vom Kreissportbund Stade. Foto: Alexandra Bisping
Für mehr Engagement im Ehrenamt und Netzwerken trommelte der Geschäftsführer des Kreissportbundes, Philipp Tramm. Für die musikalische Begleitung der Veranstaltung sorgte die Band „Signs of Life“.

Für beste musikalische Unterhaltung sorgten Sängerin Ilka Kuhn und die Band „Signs of Life“ aus Buxtehude. Foto: Alexandra Bisping

Stades Bürgermeister Sönke Hartlef mit Projektkoordinator Stephan Engel. Foto: Alexandra Bisping